Online eine Hypothek abschliessen oder einen Privatkredit beantragen, gleichzeitig das eigene Vermögen überwachen und neu positionieren – der Vormarsch des Internet ist auch in der Bankenwelt längst Tatsache. Doch während eBanking im Bereich Kontoführung mittlerweile zum Schweizer Standard gehört, fehlt bei anderen digitalen Bankprodukten noch der Durchbruch. In Grossbritannien, USA oder Deutschland hingegen ist die Palette diesbezüglich schon viel breiter. So hat die Deutsche Bank erst kürzlich beschlossen, eine Milliarde Euro in die Digitalisierung des Geschäfts zu investieren.

Doch lohnen sich die Investitionen in diesen Geschäftsbereich überhaupt? Sind die digitalen Geschäfte auch im Vergleich zum Gesamtkonzern von Belang? Die Antwort lautet: Jein. Denn die Situation unterscheidet sich von Bank zu Bank stark.

Digitales Banking in der Schweiz sei bestimmt ein Branchenthema, doch noch nicht der grosse Triumphzug, so Andreas Brun, der für die Zürcher Kantonalbank börsenkotierte Banken analysiert. "Das liegt vermutlich auch daran, dass die Schweiz im internationalen Vergleich 'overbanked' ist", sagt Brun zu cash. In der Schweiz ist es dank des nach wie vor dichten Netzes an Bankfilialen viel eher möglich, ein persönliches Beratungsgespräch  vereinbaren zu können.

Aus einem kleinen Markt ausbrechen

Genau dieses persönliche Vertrauensverhältnis gelte es aber für die Banken ins Internet zu transferieren, wenn sie dort Erfolg haben wollen, sagt Brun weiter. Verschiedene Banken versuchen das zum Beispiel mit dem Einsatz von Video- oder Chat-Beratungen. Die ZKB schreibt auf Anfrage, seit der Einführung vor rund zwei Jahren hätten 1'500 Videoberatungen stattgefunden. Angesichts der Grösse der Bank nicht gerade eine überwältigende Zahl. Die Videoberatung "bewährt sich bei anspruchsvollen Beratungsgesprächen etwa zu Anlage- und Finanzierungsthemen", so die ZKB.

Anders sieht es bei kleineren Banken aus. Die Glarner Kantonalbank (GLKB) wird immer wieder als Vorbild in Sachen Digitalisierung genannt. Im Bereich Online-Hypotheken konnte die GLKB im ersten Quartal 2015 erneut zulegen. "50 Prozent des Hypothekenwachstum der Glarner Kantonalbank stammt derzeit vom Hypomat", sagt Sprecher Patrik Gallati gegenüber cash. Der Hypomat ist ein Online-Tool für Hypothekenabschlsse.

Es handle sich bei den Hypomat-Geschäften vor allem um Verlängerungen und nicht um Neuabschlüsse von Hypothekarkrediten, so Gallati. Die gesamten Hypothekarforderungen erhöhten sich zwischen Januar und März um 3,1 Prozent auf 4 Milliarden Franken. Und noch etwas dürfte die Glarner freuen: Ein Grossteil der Hypomat-User wechselt von anderen Anbietern zur GLKB.

Für Banken-Kenner Brun macht die Förderung des Online-Geschäfts in solchen Fällen durchaus Sinn: "Es ist ihre einzige Chance, überhaupt aus einem relativ kleinen Markt auszubrechen." Im Gegenzug erhalten Online-Kunden einen attraktiven Zins. Die vier günstigsten fünfjährigen Festhypotheken stammen denn auch allesamt von Online-Anbietern.

UBS will sich nicht kannibalisieren

Andere, insbesondere grössere Banken, forcieren diese Art von Geschäftsabschluss nicht. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, aber allgemein lässt sich festhalten: Es muss Sinn machen für die Bank. So wäre beispielsweise die UBS durchaus in der Lage, innert kurzer Zeit Online-Angebote im Bereich Hypothekenvergabe auf die Beine zu stellen. "Aber derzeit will sie sich diesbezüglich nicht kannibalisieren", sagt Brun.

Ähnlich steht es bei der Migros Bank. Im Unterschied zur UBS bietet sie zwar Online-Hypotheken an und entschädigt die entsprechenden Kunden mit 300 Franken, weil "der Kunde einen Prozessschritt der Bank übernimmt", wie Migros-Bank-Sprecher Urs Aeberli sagt. Doch auch bei der Genossenschaftsbank werden die Online-Geschäfte nicht zusätzlich angekurbelt. Stattdessen soll jeder Hypotheken-Kunde weiterhin einen persönlichen Berater erhalten.

Die Privatkredite der Migros Bank laufen hingegen praktisch nur noch über das Internet. Deutlich über 90 Prozent dieser Finanzierungsformen werden online abgeschlossen, wie Sprecher Aeberli sagt. Kunden profitieren dabei von einem um 2 Prozent tieferen Zins.

Den Anschluss nicht verpassen

Während für kleinere Retail-Banken digitale Angebote durchaus einen bedeutenden Teil zum Umsatz beitragen können, sind sie für globale Universalbanken wie die UBS noch nicht matchentscheidend. Diese mischen viel eher im digitalen Markt mit, um den Anschluss nicht zu verpassen, falls die Nachfrage rasant zunehmen sollte.

Die UBS tut das vor allem im Bereich digitale Vermögensverwaltung mit ihrer Anwendung "UBS Advice". Im Unterschied zum Hypothekengeschäft ist das ein Produkt, das im digitalen Wealth Management global anwendbar ist und deshalb für die Bank Sinn macht.

Auch bei der Glarner Kantonalbank können Privatpersonen ihr Geld online anlegen, die Bank kommuniziert dazu aber keine Zahlen. Daneben tummeln sich mehrere kleine Fintech-Startups in diesem Bereich. Auch wenn sich der Schweizer Markt für digitales Anlegen noch in einem Anfangsstadium befindet, soll er in Zukunft stark wachsen. Bis im Jahr 2020 soll das digital angelegte Vermögen in der Schweiz auf 54 Milliarden Franken, in einem progressiven Szenario gar auf 89 Milliarden ansteigen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Zuger Instituts für Finanzdienstleistungen (IFZ) und der Swisscom.

Zwar würden weitere etablierte Finanzdienstleister und Startups in den Markt für digitales Anlegen drängen. Doch die angelegten Vermögen dürften auch in Zukunft auf einem vergleichsweise tiefen Niveau bleiben, so die Prognose der Studienverfasser. Denn die Schweizer Kunden gelten im internationalen Vergleich als eher konservativ in Bezug auf alles, was mit Geld zu tun hat.