Der Pharmazulieferer Lonza muss die Produktion des Corona-Impfstoffs für die US-Biotechfirma Moderna am Standort Visp einstellen. Moderna wird den Impfstoff künftig an den eigenen Produktionsstätten herstellen.

Am Dienstagnachmittag erreichte die schlechte Botschaft von Moderna die Schweiz: Noch im dritten Quartal 2023 werde die Produktion des mRNA-Impfstoffs im Lonza-Werk in Visp eingestellt. Moderna begründete diesen Schritt mit der weltweit sinkenden Nachfrage

Seit der Pandemiemarkt in einen endemischen Markt übergegangen sei, habe die Nachfrage deutlich nachgelassen, hiess es weiter. Das kommt nicht überraschend, denn bereits letzte Woche hatte Moderna gegenüber AWP die Reduktion der Kapazitäten in Visp in Aussicht gestellt.

Verlagerung in die USA

Lonza bestätigte gleichentags in einer Stellungnahme, dass Moderna den Vertrag zur Produktion des mRNA-Wirkstoffs in Visp gekündigt hat. Gespräche über Einzelheiten betreffend der Beendigung der Zusammenarbeit seien noch im Gange, hiess es.

Lonza hatte während der Corona-Pandemie von Moderna den Auftrag erhalten, den Impfstoff für bestimmte Märkte, unter anderem auch für die Schweiz, im Oberwallis herzustellen. Der Pharmazulieferer investierte dafür in den Standort Visp und ins Personal.

Nun verlagert Moderna die Produktion des Impfstoffes für die Jahre 2024 und 2025 an ihren eigenen Standort in Norwood im US-Bundesstaat Massachusetts. Darüber hinaus werden ab 2025 mRNA-Kapazitäten in Grossbritannien, Kanada und Australien dazukommen.

Was die Schliessung der Impfstoffproduktion für das Werk und die Angestellten in Visp bedeutet, ist noch unklar. Lonza prüfe nach Möglichkeiten, die betroffenen Mitarbeitenden in anderen Kundenprogrammen und Wachstumsprojekten unterzubringen, schreibt der Pharmazulieferer dazu. Das Geschäftsmodell sei «agil genug, um flexibel auf die sich entwickelnde Kundennachfrage reagieren» zu können.

Darbellay bleibt ruhig

Die Entscheidung, die Produktion für den Impfstoff gegen Covid-19 in Visp einzustellen, ist «eindeutig keine gute Nachricht», sagte der Walliser Staatsratspräsident Christophe Darbellay gegenüber der Tageszeitung «Le Temps». Es sei aber auch «keine Katastrophe». Der Schritt habe angesichts der geringeren Nachfrage «nicht besonders überrascht».

Um die Zukunft des Standorts Visp macht sich der Mitte-Politiker keine Sorgen: «Es ist klar, dass Lonza agil sein muss», aber alle Pharmaunternehmen müssten sich an diese Nachfragerückgänge anpassen. Das Wachstum von Lonza werde «vielleicht etwas schwächer ausfallen als erwartet», aber der Konzern bleibe «sehr solide». Seiner Meinung nach hat Lonza ein sehr gut funktionierendes Geschäftsmodell.

Der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor ist hingegen weniger optimistisch: «Manche haben sich vorgestellt, dass der Impfstoff für das Wallis ein neues Eldorado sein würde.» Doch die Logik eines multinationalen Unternehmens gewinne wieder die Oberhand. «Hoffen wir, dass das Wallis nicht zu sehr darunter leiden wird!», schrieb er auf X, vormals Twitter.

CEO-Abgang am Montag

Für Lonza ist die Schliessung der Impfstoffproduktion in Visp die nächste Hiobsbotschaft, nachdem am Montag der abrupte Abgang von Chef Pierre-Alain Ruffieux verkündet werden musste. Bis ein Nachfolger bestimmt ist, wird Verwaltungsratspräsident Albert Baehny die CEO-Aufgaben interimistisch übernehmen.

Am Montag war die Lonza-Aktie an der Schweizer Börse um 15 Prozent eingebrochen. Am Dienstag kam die Erholung davon im Zuge der Moderna-News ins Stocken. Am Ende schloss Lonza den Handel mit 1,4 Prozent im Plus ab.

(AWP)