Die erste Frau, die ein Vermögen von über 100 Milliarden Dollar aufweist, heisst Françoise Bettencourt-Meyers. Laut dem «Bloomberg Billionaires Index» stieg das Vermögen der L'Oréal-Erbin Ende Dezember auf 100,1 Milliarden Dollar an. Der Anstieg ist auf das Rekordhoch der Aktien des Kosmetikriesen zurückzuführen. L'Oréal wurde 1909 von Eugène Schueller zum Vertrieb eines Haarfärbemittels gegründet – heute ist es eines der grössten Luxusimperien der Welt. Das Papier des Konzerns schreibt 2023 das beste Jahr seit 1998.

L'Oréal verzeichnete in den zehn Jahren vor der Pandemie ein schnelles Wachstum, musste aber während der Gesundheitskrise einen Rückschlag hinnehmen, als die vom Lockdown betroffene Kosmetikindustrie weniger Umsatz verzeichnete. Danach erholte sich das Unternehmen schnell wieder, da die Verbraucher mehr für Luxusgüter ausgaben.

Diese Entwicklung macht Bettencourt-Meyers zur zwölfreichsten Person der Welt, gleich hinter dem Mexikaner und Telekommunikationsunternehmer Carlos Slim. Trotz des Zuwachses ist ihr Vermögen immer noch deutlich geringer als das des LVMH-Patriarchen Bernard Arnault. Der Gründer des Luxusgüterherstellers liegt mit 179 Milliarden Dollar auf Platz zwei der Weltrangliste liegt. Den ersten Platz belegt der Tech-Milliardär Elon Musk.

Frankreichs wachsende Vorherrschaft im Luxuseinzelhandel hat neben der LVMH- und L'Oréal-Dynastien noch weitere ultrareiche Familien hervorgebracht, darunter den Clan hinter Hermes, der das grösste Familienvermögen Europas angehäuft hat, und die Gebrüder Wertheimer, denen Chanel gehört. Einer der Brüder, Gérard Wertheimer, wohnt in der Schweiz.

Bettencourt-Meyers meidet das Rampenlicht

Entgegen anderer Kids aus reichem Hause bevorzugt Bettencourt-Meyers es, ihr Leben privat zu halten und meidet das Rampenlicht. Als einziges Kind von Liliane Bettencourt, wuchs Françoise Bettencourt-Meyers streng katholisch auf. Sie hat zwei Bücher geschrieben - eine fünfbändige Studie der Bibel und eine Genealogie der griechischen Götter - und ist dafür bekannt, dass sie jeden Tag stundenlang Klavier spielt. 1984 konvertierte sie zum Judentum, als sie Jean-Pierre Meyers heiratete, den Sohn eines im KZ Auschwitz ermordeten Rabbiners. Ihre beiden Söhne erzog sie nach jüdischem Glauben.

Bettencourt-Meyers gelangte 2017 nach dem Tod ihrer Mutter zu ihrem Reichtum, das zu diesem Zeitpunkt auf 36 Milliarden Euro geschätzt wurde. Zu Liliane Bettencourt führte die heute 70-Jährige ein zeitweise kompliziertes Verhältnis. Eine Familienfehde manövrierte die eigentlich zurückgezogen lebende Bettencourt-Meyers in die Schlagzeilen. Im Kern ging es darum, dass Bettencourt-Meyers ihrer Mutter die Fähigkeit absprach, mit dem Vermögen der Familie umgehen zu können.

Eine Familienfehde wird zum Skandal

Jahrelang erhob sie den Vorwurf, Liliane Bettencourt verprasse das Geld und liesse sich dabei von Freunden und Bekannten beeinflussen. Unter anderem solle ihre Mutter Liliane Bettencourt zwischen 2001 und 2007 dem französischen Fotografen François-Marie Banier Gemälde, Immobilien und weitere Zuwendungen im Wert von einer Milliarde Euro verschenkt haben. Um Beweise hervorzubringen, liess sie von Hausangestellten heimlich Tonaufnahmen ihrer Mutter machen.

Die Familienfehde eskaliert: Die Tochter wollte ihre Mutter unter Vormundschaft stellen lassen und zeigte Banier an, die Mutter Liliane Bettencourt wiederum erstattete Anzeige gegen ihre Tochter wegen Psychoterror. Letzten Monat veröffentlichte der Streaminganbieter Netflix einen dreiteiligen Dokumentarfilm mit dem Titel «L'Affaire Bettencourt», in dem es um diesen Fall geht.

(Mit Material von Bloomberg)