Während der bayerische Fernsehkonzern versucht, den Abbau von gut 400 Jobs, eine Restrukturierung und die Folgen der Konjunkturflaute zu managen, fordert MediaForEurope (MFE) rasches Handeln. «Es braucht konkrete und definitive Entscheidungen», sagte MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi, auf einer Pressekonferenz. ProSieben müsse auf das Kerngeschäft Unterhaltung setzen und das übrige Geschäft verkaufen oder Werte für die Aktionäre zu schaffen. Tatsächlich könnte 2024 das Jahr der Entscheidungen werden. Im Umfeld von ProSiebenSat.1 heisst es, bei einem verbesserten Marktumfeld dürfte es in diesem Jahr zu Verkäufen aus dem Beteiligungsportfolio jenseits des Fernsehens kommen.

Die Holding der Berlusconi-Familie ist seit Mai 2019 bei ProSiebenSat.1 an Bord und hat den Anteil stetig erhöht. MFE hat 26,6 Prozent der Stimmrechte, einschliesslich Optionen sind es 28,9 Prozent. Mit 30 Prozent müssten die Italiener ein Übernahmeangebot machen. Das sei derzeit nicht geplant, lautet das Mantra von MFE. Dennoch macht das Berlusconi-Lager immer wieder deutlich, was das Management um ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets schleunigst tun sollte. Es gehe darum, «wie man Wert aus nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerten wie E-Commerce und Dating schöpft», sagte der MFE-Chef, der Sohn des früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi. Nach einer Reihe von Rückschlägen sei es an der Zeit zu handeln.

Der deutsche Konzern erklärte, man lote ohnehin aus, wie es mit der Dating-Sparte und anderen Beteiligungen weitergehen solle. «Wir haben bereits angekündigt, dass wir regelmässig evaluieren werden, ob wir für die nächste Entwicklungsphase der ParshipMeet Group sowie einzelner Commerce&Ventures-Assets noch immer der beste Eigentümer sind.» Dabei prüfe man sorgfältig, ob durch einen Verkauf «im Interesse unserer Aktionäre mittel- bis langfristig Werte realisiert werden können».

Doch das Umfeld für Übernahmen und Börsengänge ist eher mau. ProSiebenSat.1 hofft auf eine Trendwende, wenn Deutschland die Rezession hinter sich lässt: «Wir sind zuversichtlich, dass sich die Bewertung unserer Portfoliounternehmen im Zuge einer konjunkturellen Erholung in Deutschland weiter verbessern und das Umfeld für M&A-Transaktionen aufhellen wird.»

Parship-Börsengang und Flaconi-Verkauf klappten nicht

ProSiebenSat.1 hatte den Börsengang der Dating-Sparte wegen des Ukraine-Kriegs 2022 auf Eis gelegt. Ein solcher IPO, der auch als Ausstiegschance für Miteigner General Atlantic gilt, wäre nicht die einzige Option, sagen Insider. ProSiebenSat.1 könne ParshipMeet auch an einen Finanzinvestor verkaufen oder mit einem anderen Unternehmen zusammenbringen.

Als Verkaufsobjekte werden in der Branche immer wieder das Vergleichsportal Verivox und Flaconi genannt. Den Online-Kosmetikhändler wurde ProSiebenSat.1 schon 2021 nicht los - jedenfalls zu den eigenen Preisvorstellungen. Zuletzt hätten Verivox und Flaconi massgeblich zur «äusserst robusten Umsatz- und Ergebnisentwicklung» der Sparte beigetragen, «die sich auch im vierten Quartal fortgesetzt hat», betont das Management nun.

Der Abbau von mehr als 400 Vollzeitstellen ist womöglich nicht das Ende der Fahnenstange. ProSiebenSat.1 will verstärkt prüfen, wo welche Talente gebraucht werden und wo Stellen wegfallen könnten. Drücken will die Senderkette um ProSieben, Sat.1 und Kabel 1 ihre hohe Verschuldung, die MFE ein Dorn im Auge ist. Firmenverkäufe könnten dabei helfen. Die Schulden sind eine Hürde für eine mögliche Übernahme durch MFE - eine Art von «Giftpille». Denn bei einer Übernahme der Mehrheit an ProSieben könnten Gläubiger Darlehen in Milliardenhöhe zurückfordern. Ein Bieter müsste also nicht nur die Aktien bezahlen, sondern auch die Schulden refinanzieren.

(Reuters)