"Ich bin so aufgewachsen, dass man sparen soll", sagt Wildi im Gespräch mit dem "Tages-Anzeiger". "Ich habe nur einige ausgewählte Aktien. Im Geschäftsbericht der Hypi kann man nachlesen, dass ich über Wertschriften der eigenen Bank verfüge."

Bargeld und Kontoguthaben passten für sie, sagt Wildi. Sie verfolge die Börse nicht aktiv und wolle daher kein zusätzliches Risiko eingehen. "Auch will ich keine Immobilien kaufen, nur mit dem Zweck, sie zu besitzen", sagt die Bankchefin, die Tochter eines Schreiners ist und ursprünglich aus der Informatik kommt. 

Keine Negativzinsen für Kleinsparer

Wildi ist überdies dagegen, dass die Hypothekarbank Lenzburg von Retailkunden einen Negativzins verlangt. So etwas wäre für sie "schlimm". Eine Ausnahme würde es höchstens geben, wenn Kunden bei ihrer Bank bewusst Millionenbeträge parken würden, um den Negativzins-Belastungen der anderen Banken zu entgehen. 

Die Negativzinsen bezeichnet Wildi als ein ernstes Thema mit gefährlichen Auswirkungen. "Investoren gehen Risiken ein, die sie nicht schultern sollten." Es würden so viele Häuser gebaut, dass eine Immobilienblase drohe. "Gleichzeitig steigt das Risiko, dass unsere Vorsorgewerke nicht mehr funktionieren." Die Unabhängigkeit der SNB stellt Wildi aber nicht infrage. 

«... wenn alle mit Revolut bezahlen»

Wildi äussert sich auch zur Digitalbanking-Plattform Finstar, mit der die "Hypi" Lenzburg schweizweit bekannt geworden ist. Diese Plattform bietet offene Schnittstellen und Fintechs wie Sonect, Neon oder Savedo nutzen diese.

Wildi erklärt dieses Engagement so: "Wir werden irgendwann nicht mehr von den Bankgebühren leben können, wenn alle mit der Bezahl-App Revolut bezahlen. Also brauchen wir Kunden, die an einer langfristigen Beziehung zur Bank interessiert sind."

Die Geschäftsbeziehungen zu Start-ups sieht die Bankchefin pragmatisch. "Viele glauben einfach, dass sich das Risiko einer Schreinerei besser einschätzen lässt als dasjenige einer Kryptofirma. Das ist nicht per Definition so." Wichtig sei, dass man seine Kunden kenne und verstehe, dass man nahe bei ihnen sei. Im Grunde genommen sei dies ganz normales Bankgeschäft.

Kunden finden Weg zu Neo-Banken

Wildi plädiert dafür, dass die Schweizer Banken die neuen Anbieter wie Revolut oder Neon erstnehmen. Das Segment der Neobanken wird zum Teil kritisch gesehen, weil es sich um finanziell nicht profitable Firmen handelt.

Allerdings verzeichnen diese rasch wachsende Kundenzahlen, was laut Wildi der Branche zu Denken geben sollte: "Der Kunde findet den Weg zu den neuen Anbietern problemlos. Es kann sein, dass ein Kunde deswegen künftig ein einfaches Produkt nicht mehr von uns will."

Die Banken sollten den Kunden trotzdem zu den neuen Anbietern Auskunft geben können. Die Banken müssten ihm sagen können, wann sich Revolut lohne oder nicht, wo allenfalls die Gefahren seien. "Denn sobald er wieder ein komplexeres Produkt braucht, sind wir interessant für ihn – und ich will, dass der Kunde bei uns bleibt."