In der Schweiz dürfte die Anzahl leerer Wohnungen weiter gesunken sein, stellt die Credit Suisse am Montag in einer Immobilienstudie fest. Verantwortlich für den Rückgang der Leerwohnungsziffer sei einerseits, dass weniger Wohnungen gebaut würden. Andererseits sei die Nachfrage infolge von Wirtschaftswachstum und Zuwanderung stark, schreibt die Credit Suisse.

Die Leerwohnungsziffer dürfte auf rund 1,35 Prozent gefallen sein von 1,54 Prozent im Vorjahr. Das sei der tiefste Wert seit sechs Jahren, hiess es.

Erstmals seit 2013 ist auch die Leerwohnungsziffer der Schweizer Grosszentren gesunken. Nachdem diese in der Summe 2021 entgegen dem gesamtschweizerischen Trend noch deutlich gestiegen waren (+17,3 Prozent), hat nun die Trendwende auch in den Grosszentren eingesetzt (–16,2 Prozent).

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Zentren sind jedoch gross. Besonders kräftig ist das Minus bei den Leerwohnungen in der Stadt Zürich ausgefallen (–57,7 Prozent), wo die Leerwohnungsziffer mit 0,07 Prozent ein neues Zehnjahrestief erreicht. Rückgänge um jeweils über 30 Prozent verzeichneten auch die beiden grossen Zentren Genf und Lausanne.

Höhere Zuwanderung

Das schrumpfende Angebot treffe auf eine wachsende Nachfrage: Gleich mehrere Faktoren, welche die Nachfrage befeuern, kommen aktuell zusammen. "Die kräftige wirtschaftliche Erholung mit fortschreitender Pandemiebewältigung führt zu zusätzlichen Haushaltsgründungen. Besonders die Mietwohnungsnachfrage profitiert ausserdem von einer Zuwanderung, die sich im laufenden Jahr nochmals markant erhöht hat", schrieb die CS.

Alleine in den ersten sechs Monaten seien per Saldo 12'000 Menschen mehr aus dem Ausland gekommen als im gleichen Vorjahressemester. Darin noch nicht eingerechnet seien die über 60'000 Flüchtlinge aus der Ukraine. Diese hätten bisher zwar bei der Nachfrage noch eine untergeordnete Rolle gespielt, weil sie bisher in Unterkünften von Bund und Kantonen sowie bei Privathaushalten untergebracht seien.

"Je länger die Aufenthaltsdauer, desto höher dürfte jedoch die Nachfrage sein, welche die Geflüchteten auf dem Mietwohnungsmarkt zusätzlich generieren", schrieb die CS. Der Bund rechnet damit, dass Ende Jahr zwischen 85'000 und 120'000 Schutzsuchende aus der Ukraine in der Schweiz leben werden.

Wohnungsbau nimmt ab

Der Wohnungsbau habe 2019 zudem den Zenit überschritten und nehme seither weiter ab. "Insgesamt wurden in den vergangenen zwei Jahren 4800 weniger Wohnungen baubewilligt als in den zwei Jahren zuvor", schrieb die Credit Suisse. Aktuell könnten Bauverzögerungen durch Lieferengpässe und die kräftigen Anstiege der Baupreise den Rückgang temporär noch verstärken.

Bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen dürfte die Leerwohnungsziffer der per 1. Juni 2022 auf 0,4 Prozent gefallen sein. Und von den Mietwohnungen stünden noch rund 2,2 Prozent leer (Vorjahr: 2,5 Prozent), schätzt die Studie.

"In einigen zuvor von Überangeboten geprägten Regionen ausserhalb der Grossagglomerationen darf dieser Rückgang begrüsst werden, während sich in anderen Regionen zunehmend eine Wohnungsknappheit einstellen dürfte", schrieb die Grossbank. Dies zeige sich bereits an steigenden Mietpreisen.

"Der Trend in Richtung Wohnungsknappheit dürfte sich überdies auch über das aktuelle Jahr hinweg fortsetzen, denn noch ist keine Reaktion der Bautätigkeit auszumachen", schreibt die Credit Suisse. Einerseits reagiere das Angebot auf Immobilienmärkten verzögert auf die Nachfrage. Andererseits werde Bauland immer knapper.

(cash/AWP)