Mit Medartis, Sensirion und A Small World (ASW) haben am Dienstag vergangener Woche gleich drei Schweizer Firmen ihre Pläne für einen Börsengang bekanntgegeben. Zudem verdichten sich die Pläne, wonach das verschuldete chinesische Konglomerat HNA die erst im letzten Jahr aufgekaufte Gategroup offenbar schon in diesem Monat und Swissport bis Ende Juni an die Schweizer Börse bringen möchte. Diese Häufung von Ankündigungen erstaunt etwas - und auch die Motivation dahinter ist nicht überall in gleichem Masse nachvollziehbar.

Ein wichtiger Grund für die Ankündigungen der drei IPO (Initial Public Offering) vom letzten Dienstag ist das intakte Börsenumfeld. Nach den turbulenten Februar-Tagen hat sich die Schweizer Börse wieder etwas beruhigt. Viele Unternehmen, die sowieso mit einem Gang an den Aktienmarkt liebäugeln, drängen nun in dieses sogenannte "Window of Opportunity" – zusätzlich optimistisch aufgrund der bevorstehenden Dividendensaison und der erhöhten Liquidität am Markt.

So zum Beispiel das soziale Netzwerk A Small World. Das Unternehmen, das auch als "Facebook für Reiche" bezeichnet wird, organisiert in erster Linie Anlässe rund um den Globus, wo sich die Mitglieder treffen und neue Kontakte knüpfen können. Ob das einträglich ist? Zweifel sind angebracht. Wie das Bankenportal "Inside Paradeplatz" vorrechnet, schreibt das Unternehmen von Patrick Liotard-Vogt laufend rote Zahlen.

Reifeprüfung nicht bestanden

In Investorenkreisen wird eine Investition in ASW denn auch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Marc Possa, der den Aktienfonds "SaraSelect" betreut, sagt es gegenüber cash.ch so: "A Small World ist nicht reif für die Börse, weil kein Geschäftsmodell erkennbar ist, das für eine breite Investorenschaft Mehrwert generiert."

Die Kotierung von ASW soll nach eigenen Angaben vor allem den Handlungsspielraum und den Bekanntheitsgrad des privaten sozialen Netzwerks steigern. Zudem werden keine neuen Aktien ausgegeben, sondern bloss ein Listing angestrebt. Possa stellt auch grundsätzlich Sinn und Zweck von solchen Listings infrage: "Wie Beispiele in der Vergangenheit gezeigt haben, führen die weniger strengen Anforderungen an die Unternehmen selten zu einem erfolgreichen Börsendebüt."

Das letzte ähnliche Listing an der Schweizer Börse ist Investoren in der Tat in schlechter Erinnerung: Das Cybersecurity-Unternehmen Wisekey fiel am ersten Handelstag von 12 auf 5,50 Franken und ist heute – rund zwei Jahre später – immer noch etwa gleich viel wert.

Noch fehlen wichtige Informationen

Demgegenüber sorgen Medartis und Sensirion schon für mehr Aufmerksamkeit. Fondsmanager Martin Lehmann vom "3V Invest Swiss Small & Mid Cap" bezeichnet sie als "spannende IPO-Kandidaten". Auch wenn derzeit noch entscheidende Informationen wie die Preisspanne oder nähere Angaben zum Geschäftsverlauf fehlen würden. Die Unternehmen befinden sich erst in der Phase, wo sie den Markt für mögliche Investorengelder sondieren.

Auch Marc Possa kann sich ein Engagement bei Medartis und Sensirion vorstellen: "Sie passen vom Unternehmenstyp her zu unserem Beuteschema. Sie sind in lukrativen Nischen tätig, sind innovativ und stellen Produkte von hoher Qualität her."

Das Medizinaltechnik-Unternehmen Medartis und der Sensorhersteller Sensirion würden mit Umsätzen von 105 respektive 148 Millionen Franken ins Segment der kleinen und mittelgrossen Schweizer Aktien gehören. Aber sie überzeugen durch hohes Wachstum. Bei Sensirion nahmen Umsatz und Bruttogewinn in den letzten drei Jahren um durchschnittlich 13 respektive 18 Prozent zu. Der bereinigte EBITDA gar um 33 Prozent, wie die Stäfner bekannt gaben.

Eine Absage ist jederzeit möglich

Wichtig ist auch hier die Frage, was die IPO-Kandidaten mit dem eingenommenen Geld machen würden. Medartis, das auf chirurgische Implantate und Instrumente zur internen Knochenfixation spezialisiert ist, will weiteres Wachstum finanzieren. Das ehemalige ETH-Spin-Off Sensirion möchte in erster Linie das Aktienpaket des derzeitigen Mehrheitsaktionärs Gottlieb Knoch – der 75-Jährige hält 55 Prozent – platzieren und somit die Aktionärsbasis erweitern.

Ob diese Börsengänge erfolgreich sein werden, hängt schlussendlich von der Risikobereitschaft der Investoren ab. "Sollte es an der Börse wieder unruhiger werden, ist eine Absage des Börsengangs bis zum letzten Tag möglich", sagt Fondsmanager Martin Lehmann.

Und auch mit enttäuschenden IPOs muss immer gerechnet werden. Die Beispiele von Landis+Gyr und Zur Rose zeigen, dass eine vorgängige Euphorie einen erfolgreichen nicht garantiert. Die Aktien sind heute deutlich weniger wert als nach dem ersten Handelstag.

Kotierungen an der Schweizer Börse 2017

AktieErster HandelstagBisherige Performance, in %
Rapid Nutrition*29.03.-90
Galenica07.04.+7
Idorsia16.06.+76
Zur Rose06.07.-29
Landis+Gyr21.07.-5
Poenina16.11.+1

Quelle: SIX (Stand 01.03.18)

*Die Gesellschaft plant für den 30.04.18 bereits wieder das Delisting von der Schweizer Börse