Mehr als 10'000 Hotels beteiligen sich an einer Sammelklage gegen das Reiseportal Booking.com, um Schadenersatz für jahrelang erzwungene Preisbindungen zu fordern. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Herbst 2024. Demnach sind sogenannte Bestpreisklauseln kartellrechtswidrig. Diese Klauseln hatten verhindert, dass Hotels ihre Zimmer abseits der Plattform - etwa auf der eigenen Website - günstiger anbieten durften. Ziel war es, sogenannte Trittbrettbuchungen zu unterbinden.
Die EuGH-Richter urteilten jedoch, dass Plattformen wie Booking.com auch ohne solche Vorgaben wirtschaftlich bestehen können. Für Reisende machte es wenig Unterschied: Die Online-Plattform hatte die Klauseln im Europäischen Wirtschaftsraum wegen des EU-Digitalgesetzes Digital Markets Act (DMA) 2024 abgeschafft.
Schadenersatz für zwei Jahrzehnte Einschränkung
«Europäische Hoteliers haben lange unter unfairen Bedingungen und überhöhten Kosten gelitten», sagt der Präsident der europäischen Hotelallianz Hotrec, Alexandros Vassilikos. Die Sammelklage sende somit eine klare Botschaft: «Missbräuchliche Praktiken im digitalen Markt werden von der Hotellerie in Europa nicht hingenommen.» Ziel ist es, Schadenersatz für den Zeitraum von 2004 bis 2024 zu erhalten.
Die Klage wird vor einem niederländischen Gericht verhandelt - der Hauptsitz des Reiseportals ist in Amsterdam - und von der Hotel Claims Alliance koordiniert. Unterstützt wird sie vom Hotrec und mehr als 30 nationalen Hotelverbänden, darunter auch der Hotelverband Deutschland (IHA). «Jetzt ist es an der Zeit, gemeinsam aufzutreten und Wiedergutmachung zu fordern», sagt Alessandro Nucara, Generaldirektor des italienischen Verbands Federalberghi.
«Die Sammelklage erfährt einen überwältigenden Zuspruch», sagt IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe. Wegen der grossen Resonanz wurde die Anmeldefrist bis zum 29. August verlängert.
Hassliebe-Beziehung
Trotz Kritik bleibt Booking.com für viele Hotels unverzichtbar. Über die Plattform erreichen sie eine grosse Zahl potenzieller Gäste. Laut einer Studie von Hotrec und der Fachhochschule Westschweiz Wallis lag der Marktanteil des Mutterkonzerns Booking Holdings im Jahr 2023 europaweit bei 71 Prozent - in Deutschland sogar bei 72,3 Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil der Direktbuchungen in Deutschland zwischen 2013 und 2023 um gut acht Prozent gesunken.
(AWP)