"Die Aufnahme in den Swiss Market Index wäre eine schöne Wertschätzung" - das sagte Markus Blanka-Graff, Finanzchef des Logistikers Kühne+Nagel, anlässlich der Vorlage der Erstquartalszahlen Ende April.

Nun ist die Konjunktiv-Aussage von damals Tatsache geworden. Die Aktie von Kühne+Nagel ersetzt ab 13. Juni die Titel der Credit Suisse im SMI. Die Firma mit Sitz in Schindellegi im steuergünstigen Kanton Schwyz zieht damit erstmals in den Schweizer Börsenolymp ein.

Die Aufnahme in den SMI ist nicht bloss Wertschätzung, sondern fast schon ein Triumph für Milliardär und Kühne-Mehrheitsaktionär Klaus-Michael Kühne, je nach Schätzungen drittreichster Einwohner der Schweiz und sechstreichster Europäer, Mehrheitsaktionär auch bei der Reederei Hapag-Lloyd, grösster Aktionär bei Lufthansa und beteiligt beim Hamburger SV. Sein Vermögen wird auf rund 35 Milliarden Franken geschätzt. Kühne ist vor vier Tagen 86 Jahre alt geworden. 

Kühnes Grossvater gründete den Logistik-Konzern ursprünglich in Deutschland. Seit den 1970er-Jahren befindet sich der Hauptsitz aber in der Schweiz. Profitiert hat Kühne+Nagel, die heute rund 80'000 Mitarbeitende weltweit zählt, vor allem in der Corona-Pandemie, die zu Turbulenzen in den weltweiten Lieferketten geführt hatte. 

Die Aktie von Kühne+Nagel stieg im September 2021 auf einen Rekordstand von 364,60 Franken. Nach dem Corona-bedingten Boom fiel die Aktie bis auf rund 200 Franken, heute steht sie bei 255 Franken.

SMI-Aufnahme bringt nicht bloss Prestige

Kühne+Nagel war zweifellos ein grosser Profiteur der Globalisierung in den letzten rund 40 Jahren und ein Gewinner des Aufstiegs von Schwellenländern, allen voran China. Ob sich diese Globalisierung im gleichem Mass entwickelt wie in den letzten Dekaden, ist angesichts des geopolitischen Kräftemessens alles andere als sicher. Zudem macht sich mehr und mehr Konkurrenz im Logistiksektor breit, Kühne+Nagel besitzt einen Marktanteil von bloss rund 4 Prozent.

Im Startquartal 2023 gingen Umsatz und Gewinn denn auch markant zurück. Die Profitabilität war aber weit besser als von Analysten befürchtet. Auch wenn die Aktie einige Zeit brauchen wird, um den Rekordstand von 2021 zu erreichen, können sich Aktionäre über hohe Ausschüttungen freuen. Der Titel rentiert derzeit über 6 Prozent.

Eine Aufnahme in den SMI bedeutet nicht bloss mehr Prestige. Investmentvehikel wie etwa Fonds, die den SMI oder grosse Schweizer Aktien zum Thema haben, müssen Anpassungen vornehmen und die neue SMI-Aktie kaufen - was theoretisch zu Kurssteigerungen und zu einem höheren Marktwert führt. Massgebend für die Kursrichtung der Aktie ist aber das operative Geschäft.

Klaus-Michael Kühnes Freude über die SMI-Aufnahme wird zu Wochenbeginn allerdings durch ein sportliches Ereignis getrübt. Der Hamburger SV verlor am Montagabend das Relegationsspiel gegen Stuttgart mit 1:3. Was heisst: Der HSV muss ein weiteres Jahr in der ungeliebten 2. Bundesliga spielen. Die Gegner dort heissen 1. FC Magdeburg, SC Paderborn oder Holstein Kiel statt Bayern München und Borussia Dortmund.