Sind Banken zu stark reguliert? Der deutsche Kanzler hat dazu eine klare Meinung: Ja - und das will Friedrich Merz ändern. Ansonsten würde die deutsche Wirtschaft nicht so stark wachsen, wie sie könnte. Er muss allerdings auf diesem Weg seinen Koalitionspartner SPD mitnehmen, der bisher nicht überzeugt ist. Auch in Europa ist dafür keine Mehrheit selbstverständlich. Derweil macht US-Präsident Donald Trump Druck. Er will amerikanischen Banken, die ihren europäischen Konkurrenten gemessen am Gewinn bereits weit voraus sind, Erleichterungen verschaffen, obwohl die globale Finanzkrise von 2008 einst von den USA ausging. Aus Sicht der deutschen Banken geht es jetzt ums Eingemachte - die Wettbewerbsfähigkeit. Bei der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington wird das Thema gerade heiss diskutiert. Ein Überblick:
Was will Merz?
«Banken sind zu stark reguliert», sagt der CDU-Chef. Dies habe fatale Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Je höher die Anforderungen sind, desto weniger Kredite werden in der Regel vergeben. Seit der Finanzkrise ging es vor allem darum, einen erneuten Zusammenbruch von Banken wie Lehman Brothers oder hierzulande der Hypo Real Estate zu verhindern - und zwar mit Vorschriften für das Risikomanagement und höhere Kapitalpuffer gegen Risiken.
Wie werten dies die deutschen Banken?
Sie pochen darauf, dass gleiche Regeln auf beiden Seiten des Atlantiks gelten. Aber die Erwartung ist, dass Trump im ersten Halbjahr 2026 einen Vorschlag zur Banken-Deregulierung vorlegen wird, der dann vor der nächsten Präsidentenwahl umgesetzt werden könnte. «Das wird zu gigantischen Kapitalerleichterungen für amerikanische Banken führen», sagt ein Banker, der nicht namentlich genannt werden möchte.
Was fordern die Banken?
Zumindest eine Pause, also nicht noch weitere Vorgaben von staatlicher Seite. «Niemand will ein Wildwest-Finanzsystem ohne Regulierung», sagt Sparkassen-Präsident Ulrich Reuter. «Regulierungen aber, die Investitionen erschweren oder gar erdrosseln, braucht niemand. Wir erleben das gerade bei den Eigenkapitalanforderungen für Investitionen in Stromnetze.»
Ähnlich äussert sich Heiner Herkenhoff, der Hauptgeschäftsführer des Privatbankenverbands BdB: Es dürfe in der EU nicht nur um Finanzstabilität gehen, sondern auch um Wettbewerbsfähigkeit. «Nur wettbewerbsfähige Banken können auf Dauer auch stabil sein.» In den USA gebe es jetzt einen stärkeren Fokus auf Wirtschaftswachstum, angeschoben von den dortigen Banken. «Deshalb ist es notwendig, dass wir in der EU zumindest die Pause-Taste drücken.»
Wen muss Merz überzeugen?
Zuallererst die SPD. Bundesfinanzminister und SPD-Co-Chef Lars Klingbeil will keine spürbare Deregulierung der Banken. Er spricht eher von einem Bürokratieabbau im Finanzbereich. Eine Sprecherin des Finanzministeriums teilt auf Anfrage mit, die Bundesregierung setze sich auf europäischer Ebene für eine Vereinfachung der Finanzmarktregulierung ein. «Ergebnisse liegen noch nicht vor.» Herkenhoff sagt, Merz müsse in Europa entschlossen vorangehen und die notwendigen Mehrheiten finden. Das Thema Wettbewerbsfähigkeit werde in den USA oben auf der Agenda bleiben - «auch nach der Präsidentschaft von Donald Trump».
Was denkt der IWF?
Für den IWF - quasi die Feuerwehr im internationalen Finanzsystem - würde eine Deregulierung im Bankenbereich nicht automatisch zu mehr Wachstum führen. Die europäische Finanzbranche sei durch die höheren Kapitalanforderungen an Banken besonders widerstandsfähig und damit erfreulich stabil. Die Experten des IWF verweisen auf andere Gründe, warum Deutschland und die EU langsamer wachsen. Dazu zählen die starke Alterung der Gesellschaft und fehlende Produktivitätszuwächse. Auf europäischer Ebene fehlt zudem ein einheitlicher Kapitalmarkt, so dass die Finanzierung von Unternehmen in den USA wesentlich besser funktioniert.
(Reuters/cash)