In Zukunft sucht Meyer Burger sein Glück in den USA. Konkret sank der Umsatz von Meyer Burger 2023 auf 135,0 Millionen Franken (im Vorjahr: 147,2 Millionen Franken), wie Meyer Burger am Donnerstag mitteilte.

Operativ (EBITDA) wies das Unternehmen mit einem Verlust von 163,6 Millionen Franken erneut tiefrote Zahlen aus (im Vorjahr -34,6 Millionen Franken). Unter dem Strich stand ein sehr hoher Verlust von 291,9 Millionen zu Buche (im Vorjahr -69,9 Millionen Franken). Das ist doppelt so hoch, wie Analysten im Vorfeld erwartet hatten. Knapp die Hälfte des Verlustes war auf Einmaleffekte zurückzuführen.

So mussten zum Ende des Geschäftsjahres aufgrund eines massiven Marktpreisverfalls ab der zweiten Jahreshälfte Lagerbestände wertberichtigt werden. Ohne diese Wertberichtigungen hätte das Betriebsergebnis (EBITDA) "nur" -111,9 Millionen Franken betragen.

Aktie von Meyer Burger fällt

Die Aktie von Meyer Burger fällt am Donnerstag im frühen Handel an der SIX bis 15 Prozent auf 0,0467 Franken. Zuletzt lag der Titel noch 2 Prozent im Minus. Im Juli lag der Kurs noch bei gut 0,60 Franken.

Nach einem Hin und Her um die Rettung der Produktion von Meyer Burger im ostdeutschen Freiberg steht das Werk jetzt still. Das Solarunternehmen schreitet mit der Schliessung voran. "Unser Kontinent ist leider der einzige, der die strategische Bedeutung der Solarenergie noch nicht erkannt hat", sagte CEO Gunter Erfurt am Donnerstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Das "Prinzip Hoffnung" könne er als Strategie aber nicht verwenden, sagte Erfurt zum Schliessungsentscheid. Rund 500 Mitarbeitende verlieren damit wohl definitiv ihre Stelle. Meyer Burger will aber die Solarzellenproduktion in Thalheim (ebenfalls Ostdeutschland) weiterführen.

Die Bedeutung der Solarenergie an sich sei in Europa zwar schon erkannt worden, so Erfurt weiter. Als Beispiel nannte er den "Net Zero Industry Act" der EU zur Stärkung der Solar- und Windindustrie, der in Kürze vom EU-Parlament verabschiedet werden soll.

Marktverzerrungen bestehen fort

Das alles reiche aber nicht aus, um die derzeitigen "massiven Marktverzerrungen" auszugleichen. Bekanntlich wirft das Unternehmen chinesischen Firmen vor, Module zu Dumpingpreisen anzubieten. "Eine solche Marktverzerrung hat es in diesem Ausmass noch nie gegeben, und sie hält bis heute an", sagte der Firmenchef zu AWP.

Und während in den USA, wohin sich Meyer Burger nun orientieren wird, gegengesteuert werde, sei dies in Deutschland trotz vieler Ankündigungen nicht geschehen. "Das ist natürlich enttäuschend." Deutschland habe den grössten Solarmarkt in Europa, aber auch die grösste Verwundbarkeit, wenn die Lieferketten wieder einmal ins Wanken gerieten.

In den USA hingegen trifft Meyer Burger auf eine ganz andere Situation. "Das Land hat die Bedeutung dieser Technologie für die nächsten Jahrzehnte erkannt und tut, was es tun muss", sagt der Manager. Im Rahmen des "Inflation Reduction Act" würde die heimische Industrie massiv unterstützt und neu angesiedelt.

Meyer Burger hat die Investitionen in den USA bereits vor einigen Jahren in die Wege geleitet. So soll die Produktion im neuen Werk in Goodyear im US-Bundesstaat Arizona planmässig im zweiten Quartal 2024 starten. Der Ramp-up der Zellproduktion in Colorado Springs soll gegen Ende 2024 beginnen.

Beteiligung an Kapitalerhöhung grosser Vertrauensbeweis

Mittelfristig sieht Meyer Burger in den USA das Potential für einen Betriebsgewinn (EBITDA) von knapp 250 Millionen Franken pro Jahr. Darauf wann dieses Ziel erreicht werde, wollte sich Erfurt allerdings nicht festlegen lassen. Ein positiver Cashflow aus dem Nordamerika-Geschäft sei aber nach dem nun laufenden Ramp-up bereits ab 2026 möglich.

Helfen sollen bei den Plänen die frischen Mittel, die Meyer Burger mit der derzeit laufenden Kapitalerhöhung einnehmen will. Wie am Donnerstag bekannt wurde, beteiligt sich an dieser der mit Abstand grösste US-Kunde von Meyer Burger, Desri. "Wir freuen uns sehr, mit diesem wichtigen Unternehmen zusammenzuarbeiten", so Erfurt. Die Beteiligung an der Kapitalerhöhung sei ein "grosser Vertrauensbeweis".

Bekanntlich will sich das Unternehmen über eine Kapitalerhöhung 200 bis 250 Millionen Franken an frischen Mitteln sichern. Der grösste Kunde Desri beabsichtige nun, sich neben Sentis an der anstehenden Kapitalerhöhung zu beteiligen, teilte Meyer Burger dazu mit. Geplant sei eine Investition von bis zu 20 Millionen US-Dollar, jedoch maximal 10 Prozent des Emissionsvolumens, durch die Übernahme nicht gezeichneter Aktien.

Desri und Meyer Burger arbeiten in den USA seit 2022 im Rahmen einer mehrjährigen Abnahmevereinbarung eng zusammen. Meyer Burger ist nun der Ansicht, dass die geplante Investition von Desri die Marktpositionierung von Meyer Burger in den USA deutlich stärken wird.

UBS-Analyst runzelt Stirn über VR-Rücktritt

Analysten bleiben in ihrer Beurteilung der zahlreichen Neuigkeiten zurückhaltend. Die ZKB betont, dass der Investment Case von Meyer Burger von den Rekapitalisierungsbemühungen des Unternehmens dominiert werde.

Er geht aber davon aus, dass die ausserordentliche Generalversammlung am 18. März allen Traktanden zustimmen werde, so der Analyst. Damit würden sich auch die Erfolgsaussichten der geplanten Kapitalerhöhung um bis zu 250 Millionen Franken verbessern. Im Moment, so die Schlussfolgerung, gehe es beim Unternehmen nur um das finanzielle Überleben und den Aufbau der Zukunft in den USA.

Negativ bewertet die UBS derweil den bekannt gegebenen Rücktritt von Katrin Wehr-Seiter aus dem Verwaltungsrat. Im Januar war bereits Urs Schenker aus dem Aufsichtsgremium zurückgetreten. Und wie bei Schenker hiess es nun auch bei Wehr-Seiter: "Rücktritt aus persönlichen Gründen".

Es sei auch eine Art negatives Signal, dass bereits zwei der ursprünglich fünf VR-Mitglieder im Jahr 2024 zurückgetreten

(AWP/cash)