Ob vor fünfzehn, dreizehn, neun, fünf oder drei Jahren: Die Hoffnungen der Anlegerinnen und Anleger waren immer gross, das Thuner Solarunternehmen Meyer Burger werde den Durchbruch auf dem Weltmarkt schaffen oder aus der x-ten Restrukturierung gestärkt hervorgehen. Entsprechend hielten viele Investorinnen und Investoren dem Unternehmen die Stange - selbst in schwierigen Zeiten.
Der Wechsel auf die Erfolgsspur ist Meyer Burger nicht gelungen. Ob das Unternehmen nun überlebt oder nicht, ist mittlerweile fast nebensächlich, angesichts der horrenden Kursverluste in den letzten zwei Jahren von 99 Prozent. Als Paradebeispiel taugt das Unternehmen allemal: Welche Fehler sollten Investierende um jeden Preis vermeiden?
Zu hohe Gewichtung im Depot
Ein Kardinalvergehen ist, einen zu hohen Anteil seines Vermögens in einen Einzeltitel zu investieren. Dazu ein paar Beispiele: Wer ein Vermögen von zum Beispiel 300'000 Franken hat und ein Prozent in Meyer Burger anlegte - selbst zum Höchstpreis von 1732 Franken im April 2011 gegenüber dem Kurs von 1,82 Franken am Mittwoch Nachmittag - kann den Verlust von 3'000 Franken verkraften. Dies selbst dann, wenn in der Zwischenzeit nur bescheidene Erträge auf den anderen Vermögenspositionen erwirtschaftet wurden.
Bei einer Position von 20 Prozent des Vermögens in Meyer Burger beträgt der Verlust schon 60'000 Franken. Unter der Annahme, dass dieser Anleger bei einem Portfolio aus 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Obligationen 40 Prozent in den Swiss Performance Index (SPI) investierte, konnte der Verlust des Investments in das Thuner Solarunternehmen kompensiert werden. Der Gesamtertrag beim SPI - sprich Kursgewinne und Dividendenerträge - seit April 2011 beläuft sich auf 70 Prozent oder 84'000 Franken. Netto bleiben 24'000 Franken übrig.
Wer indes 50 Prozent des Vermögens in Meyer Burger investiert hat, sitzt auf einem Buchverlust von 150'000 Franken. Dieser kann kaum durch andere, diversifizierte Anlagen egalisiert werden. Ein Grossteil des investierten Geldes kann in diesem Fall mehr oder weniger ganz abgeschrieben werden.
Gewinn ist nicht gleich Verlust
Es liegt im Naturell der Investierenden, bei Aktienanlagen Kursverluste aussitzen zu wollen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, der Kurs werde in der nahen Zukunft wieder zum Einstandspreis zurückkehren, damit die Position ohne Verlust geschlossen werden kann.
Bei dieser Herangehensweise wird vergessen, wonach Kursverluste und Kursgewinne in Franken und in Prozent nicht das Gleiche sind. Steigt eine Aktien im Wert von 100 Franken um 50 Prozent, so können Anlegerinnen und Anleger einen Gewinn von 50 Franken erzielen. Wird dieser Valor im Depot belassen und sinkt der Preis wieder von 150 auf 100 Franken, so beträgt der Kursverlust «nur» 33 Prozent.
Noch betrüblicher sieht die Rechnung aus, wenn der Aktienkurs um 50 Prozent von 100 auf 50 Franken fällt. Damit der Kurs den Einstandspreis wieder erreicht, muss der Titel um 100 Prozent von 50 auf 100 Franken zulegen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich ein Verkauf selbst bei Egalisierung des Einstandspreises nicht lohnt, weil die Opportunitätskosten und der Risikozuschlag für das Investment nicht abgegolten sind.
Stolperfalle «Stop-Loss»
Eine Massnahme, welche vor unüberschaubaren Kursverlusten schützt, ist der sogenannte «Stop-Loss». Das ist ein Börsenauftrag, die Aktienposition zu verkaufen, sobald der Kurs fällt und einen bestimmten Preis erreicht oder unterschritten hat. Dadurch kann der Anleger potenzielle Verluste begrenzen, wenn es in die falsche Richtung geht.
Viele Anleger scheuen den «Stop-Loss» wie der Teufel das Weihwasser, weil sie sich an die Hoffnung klammern, der Kurs werde sich wieder erholen. Das ist aber oftmals Gift fürs Depot und das Nervenkostüm: Kommt es zu keiner Trendwende, so fühlt sich das an wie eine neuerliche Niederlage. Wird die Position dagegen mit einem «Stop-Loss» geschlossen, kriegen Anlegerinnen und Anleger den Kopf frei, um sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Das besteht darin, primär das Vermögen vor grossen Kursverlusten an den Aktienmärkten zu schützen.
Cashflow ist der «König»
Tendenziell werden Aktien hinzugekauft, bei denen der Anleger in der Vergangenheit Kursverluste erlitten hatten. Im Englischen heisst der Fachbegriff «averaging down» - sprich den durchschnittlichen Einstandspreis senken mit dem Ziel, doch noch einen Kursgewinn zu erzielen, ohne dass der Kurs wieder auf den Einstandspreis des Erstengagements steigen muss.
Diese Strategie, kombiniert mit «buy the dip» oder Aktienkauf bei Kursrückschlägen, funktioniert am ehestens bei Blue Chips wie ABB, Novartis, Richemont, Swiss Life oder Zurich Insurance. Diesen Qualitätsunternehmen ist gemeinsam, über ein jahrzehntelanges, erfolgreiches Geschäftsmodell zu verfügen, das ein mehr oder weniger konstantes Wachstum beim Unternehmensgewinn und dem freien Cashflow verspricht.
Bei Wachstumsunternehmen, welche keinen freien Cashflow erwirtschaften und sich noch etablieren müssen, ist das Risiko dagegen gross, mit dieser Strategie Schiffbruch zu erleiden. Die Bonmots «cash flow is king» und «Wirf keinem schlechten Geld gutes hinterher» bestätigen sich hier immer wieder aufs Neue.
Es bleiben fünf Wochen Zeit
Die neueste Hiobsbotschaft vom Mittwoch, wonach Meyer Burger wegen Materialengpässe ab 1. Mai 2025 Kurzarbeit in seinem deutschen Solarzellenwerk in Thalheim einführen muss, sorgte an der Börse kaum mehr für grosse Kursabschläge bei den Valoren von Meyer Burger. Wer noch immer einen «zu hohen Anteil» hat, sollte das Exposure reduzieren.
Bis am 31. Mai 2025 hat das Unternehmen aus Thun noch Zeit. Dann muss der Geschäftsbericht erstellt sein, der hoffentlich einen Weg aufzeigt, wie die Restrukturierung abgeschlossen werden kann. Gelingt das nicht, dürfte der Schweizer Börsenbetreiber SIX den Handel im Titel einstellen.
1 Kommentar
Dieses Ramschpapier war schon seit langem ein Produkt des auch medial stark unterstützten „Erneuerbaren“-Hypes!
Meine Meinung dazu, wenn auch immer noch einer Gotteslästerung gleichgesetzt:
Mit dem Bau eines neuen modernen Atomkraftwerks, an einem der bisherigen Standorte, wäre die Diskussion um Tausende von unansehnlichen/landschaftsverschandelnden Windrädern/Gebirgssonnen-Kollektoren etc. hinfällig!