Ende letzter Woche erreichte Microsoft nach Börsenschluss einen Börsenwert von 851 Milliarden Dollar und löste damit Apple (847 Milliarden Dollar) als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen der Welt ab. Wie folgende Grafik zeigt, ist es das erste Mal seit Juni 2010, dass Microsoft gegenüber Apple die Nase vorn hat (das wertvollste Unternehmen war damals allerdings Exxon Mobil aus den USA mit einer Marktkapitalisierung von knapp 300 Milliarden Dollar):

Quellen: zacks.com, eigene Darstellung

Die Entwicklung der Börsenkapitalisierung über die letzten zehn Jahre widerspiegelt sehr gut die operativen Erfolge und Misserfolge der beiden Unternehmen: Während Apple dank erfolgreichem (und zyklischem) Geschäft mit regelmässig neuen iPhone-Modellen nach und nach an Wert dazugewann, musste Microsoft eine Phase jahrelanger Stagnation durchleben.

Vor zehn Jahren wurde Microsoft vom Umbruch im Computerbereich getroffen: Die PC-Verkäufe gingen zurück, Mobiles wurden beliebter. Damit verkaufte sich auch die bisherige "Cash Cow", das Betriebssystem Windows und das Microsoft-Office-Paket, immer schlechter. Der Tech-Markt wuchs während der 2000er Jahre stärker als Microsoft, andere Aktien wie eben Apple erfreuten sich bei Anlegern grösserer Beliebtheit.

Dank der Cloud wieder erfolgreich

Microsoft drohte zum Dinosaurier in der Tech-Branche zu werden, der gegen die agileren und jüngeren Firmen nicht mehr mithalten kann. Doch das Steuer konnte rechtzeitig herumgerissen werden, was viel mit dem seit 2014 amtierenden CEO Satya Nadella zu tun hat. Unter seiner Ägide versuchte Microsoft nicht mehr, den (aussichtslosen) Kampf gegen Google und Apple um das vorherrschende Betriebssystem bei Smartphones und Tablets zu gewinnen. Stattdessen wurden die Office-Programme auch für andere Betriebssysteme zugelassen und stark auf das Thema "Cloud Computing" gesetzt.

Unter Cloud (auf Deutsch: Datenwolke) versteht man die Bereitstellung von Speicherplatz über das Internet anstatt über einen lokalen Rechner. Heute stammt bereits fast ein Drittel des Microsoft-Umsatzes aus diesem hochprofitablen Geschäft. Im vergangenen Quartal wuchs die Cloud-Sparte um ganze 76 Prozent, inzwischen ist Microsoft hinter Amazon der zweitgrösste Cloud-Anbieter und rückt dabei dem Branchenführer immer näher. Auch die nächsten Quartale dürfte die Cloud kräftig weiterwachsen.

Doch Microsoft kann auch in anderen Sparten Erfolge ausweisen: Die Office-Palette wächst wieder ordentlich und dem Gaming-Bereich mit der Xbox als Flagschiff läuft es sowieso blendend. Dem Gaming-Sektor wird über die nächsten Jahre ein weiterhin hohes Wachstum vorausgesagt. Und das 2016 übernommene Online-Karriere-Portal LinkedIn konnte im letzten Quartal den Umsatz um einen Drittel steigern.

Per Ende Oktober hat Microsoft zudem GitHub übernommen. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Open-Source-Software, welche von rund 28 Millionen Entwicklern genutzt wird. Dadurch kann sich der Tech-Gigant enorm viel zusätzliches Wissen in der modernen Softwareentwicklung aneignen. Microsoft kündete bereits an, dass Github weiterhin unabhängig bleibe und allen Entwicklern offenstehen werde.

Microsoft dürfte weiter wachsen

Gut möglich, dass Microsoft nicht nur kurzfristig Apple den Rang abgelaufen hat, sondern auch über die nächsten Jahre die Vorherrschaft wieder an sich reissen wird. So trauen Analysten Microsoft im laufenden Geschäftsjahr (endet im Juni 2019) ein weiteres Umsatzwachstum von durchschnittlich 13 Prozent sowie einen Gewinn pro Aktie von 4,44 Dollar zu – was 15 Prozent über dem Vorjahreswert läge. Von Apple hingegen wird gerademal ein Umsatz-Wachstum von 5 Prozent erwartet.

Eher tief ist die derzeitige Dividendenrendite von 1,5 Prozent, lediglich 40 Prozent des Gewinns wird an die Aktionäre ausgeschüttet. Eine Erhöhung dieser Quote würde der Aktie zusätzliche Attraktivität verleihen. Immerhin hat Microsoft über die letzten 14 Jahre aber die Dividende stets erhöht, da auch der Gewinn angewachsen ist.

Das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis für das laufende Geschäftsjahr 2019 von 25 ist zwar nicht mehr ganz günstig, aufgrund der guten Wachstumsaussichten über die nächsten Jahre aber gerechtfertigt. Gemäss Yahoo Finance empfehlen derzeit 80 Prozent aller abdeckenden Analysten zum Kauf der Aktie, das durchschnittliche Kursziel liegt bei 125 Dollar und somit 12 Prozent über dem aktuellen Kurs bei 112 Dollar. Microsoft ist ein Titel, den man ins Depot legen und lange halten kann.