Im europäischen Markt für börsengehandelte Fonds, der über Dutzende Länder in der Region verstreut ist, gibt es noch immer keine einheitliche Meldequelle wie das "Consolidated Tape" in den USA. Ohne solch ein elektronisches Tracker-Programm, das Handelsvolumina und Preisdaten in Echtzeit bereitstellt, wird das von MiFID angestrebte Ziel einer verbesserten Transparenz nicht leicht zu erreichen sein.

Die überarbeitete Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente wird zwar gefeiert aufgrund der Aussicht, dass sich die ETF-Anlagen in der Region in fünf Jahren auf etwa 2 Billionen Dollar mehr als doppeln und so dem gigantischen US-Markt annähern könnten. Die weitreichenden Regelungen werden erstmals vorschreiben, dass jede ETF-Transaktion berichtet werden muss - gewaltige Veränderung für einen Markt, der derzeit vom undurchsichtigen Handel hinter den Kulissen beherrscht wird.

"Es wäre ein echter Wendepunkt für die Volumina, wenn wir ein Consolidated Tape wie auf dem US-Markt schaffen könnten, das einen echten Überblick über europäische ETFs bietet", sagt Stephen Cohen, der das ETF-Geschäft von BlackRock in Europa, dem Nahen Osten und Afrika leitet. "Es kann für die Anleger schwierig werden, sich ein vollständiges Bild von den Handelsvolumina eines Produkts zu machen, das an mehreren Börsen gelistet ist."

Es dauert wohl noch einige Zeit

Der europäische ETF-Markt ist hinter dem explosiven Wachstum in den USA zurückgeblieben, wo die Vermögenswerte mehr als 3 Billionen US-Dollar der weltweit 4,5 Billionen Dollar ausmachen. MiFID II, das darauf abzielt, Transparenz zu schaffen und Interessenkonflikte auszuräumen, gibt Hoffnung, dass Europa bald aufholen könnte.

Ein einheitliches Berichtssystem wie das in den USA könnte das Potenzial der börsennotierten Fonds in Europa weiter entfesseln.

Es könne einige Zeit dauern, bis Anleger die neu gemeldeten Informationen verarbeitet haben und bevor es dank MiFID einen Boom bei den europäischen ETF-Flüssen gibt, hatte die Vanguard Group erklärt. Umständlicher wird die Sache jedoch, weil die Handelsplätze ihre eigenen Berichte erstellen müssen, meint Adam Laird, Leiter ETF-Strategie bei Lyxor Asset Management in London.

"Das bedeutet eine grosse Anzahl von Datenquellen - es wird schwierig und zumindest zeitaufwendig sein, einen umfassenden Datenbestand über ETF-gehandelte Volumina zusammenzustellen", sagt Laird. "Die Regeln besagen, dass die Daten verfügbar sein müssen, aber das bedeutet nicht, dass sie einfach zugänglich sind. Für einen Vermögensverwalter und seine Risikomanager könnte es schwierig und mühsam sein."

ETF-Markt wird noch fragmentierter

Es gibt in der Branche gewisse Anstrengungen, um an einer Stelle einen einheitlichen Datensatz mit ETF-Geschäften zu schaffen. Die europäischen Aufseher sagen, sie werden ein Unternehmen beauftragen, ein Consolidated Tape zu erschaffen, wenn es bis 2020 in dieser Richtung kein zufriedenstellendes System gibt.

Daten über ETF-Volumina werden nicht auf einem "Silbertablett" serviert, sagt Antoine Lesne, Leiter von SPDR ETF Strategie & Research für Europa, den Nahen Osten und Afrika bei State Street Global Advisors. "Ein Consolidated Tape ist noch zwar keine unmittelbare Realität, der Teil von MiFID II zu den Meldevorschriften im Handel ermöglicht jedoch einen wichtigen Schritt zur Realisierung." 

Der europäische ETF-Markt - der zu zwei Drittel ausserbörslich gehandelt wird - wird wahrscheinlich noch fragmentierter werden. Das liegt an einem Boom an MiFID-konformen Handelsplätzen, die als systematische Internalisierer oder SIs bezeichnet werden. Diese SIs dürften einen Grossteil der ETF-Ströme anlocken und könnten somit für eine weitere Zersplitterung des Marktes sorgen.

Goldman Sachs, Bank of America und HSBC gehören zu den Finanzkonzernen, die Pläne für den Handel mit ETFs über SIs angekündigt haben. Auch Jane Street Financial teilte mit, ein SI für ETFs zu werden.

Profitieren die Privatanleger?

Trotz der Hindernisse gibt es einige Anzeichen dafür, dass ein grösserer Teil des europäischen ETF-Markts ins Licht der Öffentlichkeit rücken wird. Auf drei Unternehmen entfällt mehr als ein Drittel des europäischen ETF-Handels, und alle werden einen so genannten Request-for-Quote-Service (RFQ) nutzen, der es Instituten ermöglicht, grössere ETF-Trades zu finden.

Die grössten Market Maker für europäische ETFs haben erklärt, die meisten ihrer ausserbörslichen Geschäfte würden an nur drei RFQ-Plattformen gesendet - Flow Traders NV, Jane Street und Optiver BV werden die Einrichtungen ausgiebig nutzen. Jeder Händler, der mit diesen Plattformen verbunden ist, erhält ein klareres Bild, was auf dem Markt passiert.

Bloomberg LP, die Muttergesellschaft von Bloomberg News, betreibt eine RFQ-Plattform. Nach Einschätzung von Steve Palmer, Director of Sales and Trading bei HSBC in London, würden alle Akteure am europäischen ETF-Markt davon profitieren, wenn der Handel stärker auf öffentliche Börsen verlagert würde, wie in den USA. Europas Markt wird von Finanzkonzernen dominiert, die hinter den Kulissen handeln.

"Mehr ETF-Handel an Börsen könnte dem europäischen Retail-Segment helfen, zu wachsen und den Anschluss an die USA zu finden", sagte Palmer. "Es wäre besonders Privatanlegern gegenüber fair, da der Handel an der Börse vollständige Transparenz und die Möglichkeit zur Teilnahme ermöglicht."

(Bloomberg)