Die diesen Sonntag beginnende Parlamentswahl in Myanmar wird von Kritikern als Versuch der Militärregierung gesehen, ihre Herrschaft durch eine Scheinwahl zu festigen. Die jetzige Junta war im Februar 2021 durch einen Putsch gegen die Regierung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi an die Macht gekommen. In Myanmar hatte die Armee bereits während eines Grossteils der vergangenen sechs Jahrzehnte regiert.
Das komplexe Wahlsystem sieht eine Mischung aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht vor. Ein entscheidender Faktor ist die von der Armee selbst erlassene Verfassung aus dem Jahr 2008. Sie reserviert ein Viertel der Sitze in beiden Parlamentskammern für aktive Militärangehörige, die vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte ernannt werden. Dies sichert der Armee von vornherein erheblichen Einfluss.
Am Urnengang nehmen nur vom Militär zugelassene Parteien teil. Lediglich sechs Parteien treten landesweit an. Die wichtigste darunter ist die Union Solidarity and Development Party (USDP), die als Stellvertreterpartei des Militärs gilt und von ehemaligen Generälen geführt wird. Die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi wollte die Abstimmung boykottieren und wurde aufgelöst. Bei den Wahlen 2015 und 2020 hatte die USDP jeweils deutlich gegen die NLD verloren. Durch die Kombination der reservierten Sitze und der erwarteten Gewinne der USDP wird das Militär voraussichtlich die Bildung der Regierung und die Wahl des Präsidenten bestimmen.
Die Vereinten Nationen, viele westliche Staaten und Menschenrechtsorganisationen bezeichnen die Wahl als Farce. Die wichtigsten Verbündeten der Junta, China und Russland, unterstützen die Abstimmung hingegen.
(Reuters)
