Wenn mehr als 2 Millionen der schwächsten Haushalte in Grossbritannien in diesem Winter in kalten Wohnungen ohne Strom sitzen, könnte es auch zu einer Welle von Erkältungskrankheiten und Todesfällen kommen, warnte Bill Bullen, Gründer des Versorgers Utilita Energy. Er hat der britischen Regierung einen Bericht vorgelegt, in dem er die Branche unter anderem auffordert, alte Guthaben-Stromzähler gegen moderne Smart Meter auszutauschen. Nur so könne erkannt werden, wenn jemand ein akutes Energieproblem hat.
"Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass es heute noch alte Zähler gibt, es sei denn, der Kunde hat einen intelligenten Stromzähler abgelehnt", erklärte Bullen, dessen Unternehmen 750 Haushalte befragt hat, die Energie auf Vorauszahlungsbasis beziehen. "Keine andere Wahl zu haben, als ohne Heizung oder Licht zu Hause zu sitzen, ist inakzeptabel. Unsere Regierung und die Regulierungsbehörde müssen sofort eingreifen, um die Selbstabschaltung zu stoppen."
Das Vereinigte Königreich befindet sich in der schlimmsten Energiekrise seit Jahrzehnten, nachdem Russland als Vergeltung für die kriegsbedingten Sanktionen die Erdgaslieferungen nach Europa gedrosselt und die Grosshandelspreise für Energie auf Rekordniveau getrieben hat. Die britische Regierung gibt etwa 16 Milliarden Pfund (19 Milliarden Euro) aus, um die Rechnungen der Haushalte zu subventionieren - einschliesslich derjenigen von Kunden mit Vorauszahlung. Indessen sinken die Temperaturen.
"Wir helfen Menschen, die bereits verzweifelte Entscheidungen treffen, um ihre Rechnungen niedrig zu halten, die zum Beispiel trotz einer gesundheitlichen Beeinträchtigung die Heizung ausschalten", erklärte Gillian Cooper, Leiterin der Abteilung Energiepolitik bei der Verbraucherorganisation Citizens Advice.
Rückgang des Energieverbrauchs um etwa 10 Prozent
Nach Angaben von Utilita verwenden landesweit etwa 4,5 Millionen Haushalte Vorkassezähler. Sie wurden entwickelt, damit Verbraucher nicht mit zu hohen Summen in Rückstand geraten, die die Versorger dann nicht mehr eintreiben können. Guthaben kann zum Beispiel bei der Post oder in Kiosken erworben werden. Etwa die Hälfte dieser Kunden hat bereits intelligente Zähler.
Sobald das Guthaben aufgebraucht ist, gehen bei Haushalten mit Vorkassezählern die Lichter aus und die Heizungen werden abgeschaltet. Bei der Hälfte der Kunden ohne intelligente Zähler erfahren das die Versorger überhaupt nicht, es sei denn, die Kunden teilen es mit.
Bisher waren die überdurchschnittlich milden Temperaturen eine Erleichterung für Regierung und Verbraucher auf der Insel. Der deutsche Versorger Eon, der auch in Grossbritannien mehr als 5 Millionen Privatkunden beliefert, verzeichnete in den letzten Wochen einen Rückgang des Energieverbrauchs um etwa 10 Prozent im Vergleich zu den saisonalen Durchschnittswerten.
Im Dezember rechnen die Meteorologen des britischen Met Office allerdings mit kaltem Wetter. Mit Temperaturen 1 bis 3 Grad unter den saisonalen Durchschnitten könnte es auch Schnee geben.
(Bloomberg)