Wer beim Thema "Gamen" in erster Linie an pubertierende Teenager denkt, die vor dem Fernseher auf ihrer Sony Play Station stundenlang ein Ballergame spielen, sollte sein Vorurteil unbedingt beerdigen: Gemäss Zahlen des deutschen Branchenverbandes "Game" ist der durchschnittliche Nutzer von Computer- und Videospielen inzwischen bereits 36,1 Jahre alt.

Tendenz: Steigend. Denn sogenannte "Silver Gamers", also über 50-Jährige, sind eine immer wichtigere Gamergruppe. Es handelt sich um die erste Gaming-Generation, die noch mit Atari-Konsolen oder ersten PC-oder Videospielen gross wurde. Sie ist heute überaus kaufkräftig.

Das sind gute Aussichten für den E-Gaming-Markt, dem über die nächsten Jahre ein starkes Wachstum zugetraut wird: Wie das auf Games spezialisierte niederländische Marktforschungsunternehmen Newzoo im "2018 Global Games Market"-Report aufzeigt, ist E-Gaming 2018 ein Geschäft mit global 138 Milliarden Dollar Umsatz. Das ist ein Anstieg von 80 Prozent in den letzten fünf Jahren. Und bis 2021 soll sich der Markt auf über 180 Milliarden Dollar ausdehnen.

Entwicklung des globalen E-Gaming-Markets, von 2018 bis 2021 Schätzungen, Quelle: newzoo

Aktuell stammt rund die Hälfte des Umsatzes aus dem Mobile-Bereich, also von Spielen für Smartphones oder Tablets – Tendenz auch hier steigend. Die Videospiele für den Fernseher sowie Computerspiele sind noch für je 25 Prozent des Umsatzes in der Gaming-Industrie verantwortlich.

Für Anleger eröffnen sich Investment-Opportunitäten. Als Marktführer unter den Gameentwicklern gilt derzeit die US-Firma Activison Blizzard. Von ihr stammen sehr erfolgreiche Spiele wie "World of Warcraft", "Overwatch" oder "Call of Duty". Auffallend:  Im letzten Jahr entfielen fast 60 Prozent des Firmen-Umsatzes auf sogenannte "In-Game-Purchases".  Also Zusatzkäufe innerhalb des Spiels, um virtuelle Waren oder Waffen zu bekommen, damit die Siegeschancen erhöht werden.

Die Activision-Blizzard-Aktie hat in den letzten fünf Jahren von 16 auf 72 Dollar zugelegt. Allerdings kam es jüngst nach einem Allzeithoch bei 84 Dollar Anfang Oktober zu einer Korrektur von 15 Prozent. Der Hauptgrund: Das vor einer Woche veröffentlichte Ego-Shooter-Game "Call of Duty: Black Ops 4" wurde in den ersten drei Tagen 8,3 Millionen Mal verkauft - Gemäss einem Jefferies-Analyst ging man aber von zehn Millionen verkauften Exemplaren aus. Der Kursfall eignet sich womöglich als Einstieg. Denn: In den nächsten Jahren winken hohe Einnahmen im Trendbereich "E-Sport", also bei organisierten E-Gaming-Wettkämpfen.

An den Börsen finden sich noch zahlreiche weitere kreative Spieleschmieden, etwa Take-Two Interactive Software (Entwickler von "Grand Theft Auto"), Zynga (Entwickler von "Farm Ville") und Electronic Arts (Entwickler der FIFA-Fussball-Reihe) aus den USA, oder auch die französische Ubisoft (Entwicklerin von "Assasin’s Creed"). Bei all diesen Aktien sind die Analysten im Durchschnitt weiter positiv gestimmt, wobei mit plus 33 Prozent das grösste Aufwärtspotenzial Electronic Arts zugetraut wird (siehe auch Tabelle unten).

Auch eine Schweizer Firma mit dabei

Von den drei bekanntesten Videospielkonsolen-Herstellern Microsoft (Xbox), Sony (PlayStation) und Nintendo ist nur letztgenannter ausschliesslich im Gaming-Bereich tätig. Nintendo aus Japan, das in den 1980 und 1990 mit Spielen wie Super Mario, Donkey Kong oder Zelda eine ganze Spieler-Generation in ihren Bann riss, schien zwischenzeitlich etwas den Anschluss verloren zu haben.

Doch der Grosserfolg der Pokémon-Go-App im Jahre 2016 - in diesem Spiel müssen Figuren gefangen werden, die auf dem Smartphone-Display in der realen Umgebung eingebettet sind - brachte Nintendo wieder zurück. Ausserdem ist die 2017 lancierte Konsole "Switch" wieder deutlich erfolgreicher als ihr enttäuschender Vorgänger "Wii U". Nintendo will vermehrt auch auf Smartphone-Spiele setzen. Analysten sehen ein deutliches Kurspotenzial, im Schnitt trauen sie der Aktie ein Plus von 36 Prozent zu.

Nicht nur Spielentwickler und Konsolenproduzenten profitieren vom wachsenden Markt, sondern auch Grafikkarten- und Zubehörhersteller. Im Bereich der Grafikkarten für Videospiele liefern sich die beiden US-Firmen Nvidia und Advanced Micro Devices (AMD) einen Zweikampf um die Vorherrschaft. Analysten bevorzugen derzeit Nvidia, bei AMD könnte mit einem massiven Anstieg von 159 Prozent seit Jahresbeginn der Aktienkurs etwas zu aufgebläht sein.

Geht es um Zubehör für PC-Spiele, mischt eine Schweizer Firma vorne mit: Logitech bietet etwa Gaming-Produkte wie Headsets, Controller oder Spezialtastaturen an. Rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes der Firma aus Apples VD stammen aus dem Bereich "PC Gaming". Mit dem Kauf von Astro, einem Hersteller von Gaming-Headsets, hat sich Logitech eine gute Ausgangslage in diesem Bereich geschaffen. Zudem ist die Aktie nach einer Korrektur wieder etwas günstiger bewertet. Vom Hoch bei knapp 49 Franken ist Logitech inzwischen wieder auf 39 Franken gefallen.

Freunde passiver Fonds haben eine Option

Die Zahl der Firmen in der E-Gaming-Sparte ist sehr gross. Wer das Risiko breit streuen möchte, kann auch auf einen passiven Fonds setzen. Derzeit gibt es mit dem ETF Managers Trust Video Game Tech Fund aber nur ein entsprechendes Produkt, das rein auf Aktien im Bereich der E-Gaming-Branche setzt. Die Kosten des ETF belaufen sich auf 0,82 Prozent.

Sämtliche in diesem Artikel aufgeführten Aktien sind in diesem ETF, der insgesamt 68 Positionen umfasst, enthalten. In den Top 10-Positionen befinden sich ausserdem auch die drei Spieleentwickler Ncsoft (Südkorea),  Glu Mobile (USA) und Capcom (Japan) sowie Gamestop (USA), eine Einzelhändlerin für Computer- und Videospiele, die auch in der Schweiz mehrere Filialen führt.

Nicht sehr erfreulich ist allerdings die Kursperformance dieses passiven Fonds: In diesem Jahr sind es minus 8 Prozent, in den letzten 52 Wochen minus 4 Prozent. Das zeigt, dass auch in der E-Gaming-Branche die Kurse trotz guter Aussichten für die nächsten Jahre sehr volatil sind. Viele dieser Aktien reagieren äusserst empfindlich auf allgemeine Rückschläge am Aktienmarkt oder auch auf operative Enttäuschungen. Wer auf den Gaming-Bereich setzt, muss also mit starken Schwankungen leben können.

Auswahl von E-Gaming-Aktien

TitelAktueller AktienkursKursentwicklung seit JahresbeginnPotenzial der Aktie*
Activision Blizzard71,8 Dollar+13%+14%
AMD26,6 Dollar+159%-2%
Capcom2'632 Yen+40%+2%
Electronic Arts105,8 Dollar+1%+33%
Gamestop15,1 Dollar-16%-1%
Glu Mobile6,0 Dollar+65%+21%
Logitech38,9 Franken+18%+36%
Ncsoft416'000 Won-7%+17%
Nintendo39'640 Yen-8%+36%
Nvidia239,5 Dollar+24%+24%
Take-Two126,9 Dollar+16%+11%
Ubisoft87,5 Euro+36%+12%
Zynga4,0 Dollar+1%+21%

*Unterschied aktueller Aktienkurs zum durchschnittlichen Kursziel aller Analysten
Quellen: Yahoo Finance, cash.ch