cash.ch: Mobilezone ist in der Schweizer Bevölkerung vor allem wegen des Verkaufs von Handys in Läden bekannt. Wie erklären Sie das Geschäftsmodell in einfachen Worten?

Markus Bernhard: Mobilezone ist eine Gesellschaft mit Schweizer Mentalität, die hierzulande und in Deutschland einen Umsatz von einer Milliarde Franken erzielt. Mit der in der breiten Bevölkerung bekannten Retail-Kette tragen wir 20 bis 25 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Den Rest des Geschäfts machen wir mit anderen Telekommunikations-Geschäftsbereichen in Deutschland und der Schweiz.

Sie sind also kein Handyverkäufer, wie Mobilezone oftmals bezeichnet wird?

Mit dem Handyverkauf allein könnten wir unseren 1100 Mitarbeitern am Ende des Monats nicht pünktlich das Gehalt überweisen. In der Schweiz ist der Anteil der Postpaid-Aboabschlüsse ohne Handy klar über 50 Prozent. Wir machen sehr hohe Volumen mit Verträgen für Mobiltelefone, Internet und TV aller relevanter Anbieter in der Schweiz und Deutschland. Mit Services und Zubehör verdienen wir unser Geld. In Deutschland werden wir dieses Jahr mehr als eine Million Handyverträge abschliessen.

Die Aktie von Mobilezone ist dieses Jahr um 18 Prozent angestiegen, dies in einem deutlich fallenden Gesamtmarkt. Warum ist der Titel Ihrer Meinung nach so beliebt?

Seit Sommer 2021 ist unsere Aktie sogar um mehr als 50 Prozent gestiegen. Unsere Anleger haben verstanden, dass unser Geschäftsmodell krisenresistent und resilient ist. Zudem ist ihnen bewusst, dass wir ein extrem stabiler Dividendentitel sind. Dies haben die letzten 10 bis 15 Jahre bewiesen. Über die letzten zehn Jahre sind wir diesbezüglich in der Top Drei in der Schweiz. Zurich Insurance und Mobilezone teilen sich den Spitzenrang mit einer Dividendenrendite zwischen 5 und 7 Prozent.

Die Entwicklung der Aktie ist seit 2020 beständig. Wie erklären Sie sich das?

Wir haben uns im Januar 2021 in Deutschland von unserem Grosshandelsgeschäft getrennt. Dieses ist sehr volatil gewesen. Die Schwankungen der Margen und die Nachvollziehbarkeit für den Investor sind in der Vergangenheit nicht einfach gewesen. Wir sind heute viel stabiler und stetiger unterwegs. Das Vertrauen in unsere Aktie ist auch gestärkt worden, indem heute mehr Analysten diese abdecken und mit einem 'Buy'-Rating zum Kauf empfehlen.

Ein Mitglied der Geschäftsleitung verkaufte im September Aktien im Gesamtwert von 6,8 Millionen Franken. Ist dies ein Zeichen, dass die Aktie als zu hoch bewertet angesehen wird?

Wir haben im Sommer 2019 in Deutschland mit der Firma Sparhandy eine grosse Akquisition gemacht. Der Gründer dieser Gesellschaft, Wilke Stroman, hat die Hälfte des Kaufpreises in Aktien erhalten. Bereits im Juni 2021 hat er Aktien verkauft und jetzt noch einmal. Das ist eine geplante Aktion gewesen, die eigentlich nicht unerwartet kam und jetzt abgeschlossen ist. Er hält immer noch 700’000 Aktien, was einem Wert von mehr als 10 Millionen Franken entspricht.

Halten Sie trotz der angezogenen Inflation und der eingetrübten Konjunktur an der kommunizierten Guidance für 2022 und der Ziele für 2023 fest?

Ja, das machen wir. Es wäre aber falsch zu sagen, dass uns diese Entwicklung gar nicht betrifft. Vor allem, wenn man Deutschland betrachtet. Aber in der Schweiz spüren wir keine eingetrübte Konsumentenstimmung und auch die Inflation ist kein Thema.  

Mobilezone erzielt 72 Prozent des Umsatzes in Deutschland. Inwiefern macht sich dort die eingetrübte Konsumentenstimmung bemerkbar?

Die Konsumentenstimmung in Deutschland ist nicht gut. Unsere Konsumenten in Deutschland kaufen aktuell vor allem ein iPhone 13, das paar hundert Euro günstiger ist als ein iPhone 14. Wir haben das Glück, dass wir es beim Verkaufsvolumen nicht spüren. Bei der Marge hingegen sahen wir in den letzten Wochen leichte Einbussen. 

Inwiefern hinterlässt der schwache Euro Bremsspuren?

Die Euro-Entwicklung hat bezüglich der Guidance einen Einfluss. Gegenüber unseren Budget-Kursen, wo wir die Ebit-Guidance von 70-80 Millionen Franken kommuniziert haben, wird der schwächere Euro einen negativen Einfluss von 3 bis 3,5 Millionen Franken haben. Wir sagen heute nicht mehr, dass wir am oberen Ende der Guidance landen werden.

Sie streben in den nächsten Jahren eine weitere stetige Steigerung der EBIT-Marge an. Mit welchen Massnahmen wollen Sie dies angesichts des intensiven Wettbewerbs erreichen?

Der Wettbewerb ist in der Tat intensiv. Wir sind nicht in einem Wachstumsmarkt, sondern eher einem gesättigten Verdrängungsmarkt tätig. Unsere Strategie ist aber, dass wir insbesondere im Servicegeschäft wachsen. Das dortige Wachstum sieht man bei einer Milliarde Franken Umsatz nicht auf den ersten Blick, aber es treibt gesamthaft die Marge nach oben.

Was ist denn der lukrativste Geschäftsbereich von Mobilezone?

Wir wachsen in Deutschland und in der Schweiz als Mobilfunkanbieter (MVNO oder Mobile Virtual Network Operator). In der Schweiz ist dies TalkTalk und in Deutschland High. Das ist das margenattraktivste Geschäft, das wir haben.

Doch gerade dort müssen Sie sich einem intensiven Wettbewerb stellen…

Ja, aber wir werden Ende Jahr knapp 70’000 Postpaid-Abokunden in der Schweiz haben, in Deutschland einiges mehr. Seit Ende 2020 haben wir die Kundenbasis in diesem Bereich mehr als verdoppelt. Uns gelingt es, jeden Monat ein paar Tausend Neukunden zu gewinnen. Das ist Wettbewerb und harte Arbeit. 

Das Wachstum findet hauptsächlich ausserhalb der Schweiz statt. Ist der Markt hierzulande gesättigt?

In den letzten zwei Jahren fand das Wachstum vor allem in Deutschland statt, wo der Umsatz zum grössten Teil von Online herkommt. In der Schweiz wachsen wir sehr stark mit TalkTalk. Wenn wir dort aber von 20 Millionen Franken auf 28 Millionen Franken Umsatz wachsen, fallen die 8 Millionen Franken bezüglich des Gesamtumsatzes von 1 Milliarde Franken aber nicht so stark ins Gewicht.

Wie ist die Situation im Schweizer Retailgeschäft?

Ich glaube auch, dass wir 2022 im Schweizer Retailgeschäft wachsen werden. Wir schliessen auf allen Ebenen - von Zubehör bis Verträge - mehr ab als im Vorjahr. Ich bin sehr stolz auf die Verkaufsperformance, die wir im Schweizer Retail hinlegen. Dies ist nicht selbstverständlich und nur dank einer sehr guten Verkaufs-Crew möglich. 

Der Online-Umsatz soll sich bis 2025 auf 700 Millionen fast verdoppeln. Gilt zukünftig Online first?

Aus Gruppensicht nein, aber in Deutschland ja. Denn in der Schweiz steht mit Omnichannel-First ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis im Vordergrund. Hierzulande wird Mobilezone Online nie die Verkaufsmaschine sein wie in Deutschland. 

Was zeichnet das Online-Geschäft in Deutschland aus?

Mit den Consumer Brands Sparhandy.de und Deinhandy.de dominieren wir das Online-Geschäft in Deutschland. In Deutschland haben wir keinen physischen Verkaufsort, der uns gehört. Wir haben ein Lager in Bochum und je Büros in Köln und Münster. Auch in Berlin sind wir vertreten. Doch wir haben Partner, die in Deutschland physisch oder auch online Retail betreiben. Diese haben aber keinen Anschluss zu Vodafone oder Telekom. Die ganzen Verträge, die unsere Partner abwickeln laufen über uns. Wir sind in Deutschland die Nummer 1 als Schnittstelle zwischen Fachhändlern und der Telekomindustrie. Allein hier werden wir dieses Jahr 450’000 bis 500’000 Abschlüsse machen. Der Rest kommt aus unserem Onlinegeschäft, womit wir auf über 1 Million Abschlüsse in Deutschland kommen.

Die Ausrichtung zwischen Deutschland und der Schweiz unterscheidet sich deutlich. Was ist der gemeinsame Nenner? 

Aus Gruppensicht besteht die grösste Schnittstelle zwischen der Schweiz und Deutschland mit dem MVNO-Geschäftsbereich. Es ist unser Ziel, überall Subscription-Modelle einzuführen. 

Wird mit dem Subscription-Modell die Planbarkeit des Geschäftsverlaufs besser?

Absolut. Wenn unser Team TalkTalk oder das Schweizer Business-to-Business-Geschäft für nächstes Jahr planen, gibt es grosse Unterschiede zum täglichen Handelsgeschäft. 

Seit 2020 verkaufen sie mit Jusit in der Schweiz auch gebrauchte Handys. Wie hat sich das Geschäft entwickelt?

Der Verkauf von gebrauchten Handys ist ein Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Wir sind überzeugt, dass es das richtige ist, um Ressourcen gut wieder zu verwerten. Ich bin total beeindruckt, wie gross die Nachfrage danach ist. Die Herausforderung besteht darin, dass wir mit Jusit nur in der Schweiz zurückgekauft Handys zum Verkauf anbieten. Ein Grossteil unserer Mitbewerber kauft diese hingegen im Ausland ein. Es ist ein gutes und sinnvolles Geschäft, dass unser Kerngeschäft gut ergänzt.

Aber ist dies nicht vor allem ein Nachhaltigkeits-Feature von Mobilezone?

Es muss auch kommerziell Sinn machen. 

Die Expansion nach Deutschland hat sich für Mobilezone ausgezahlt. Gibt es auch andere Zielmärkte, die Sie als interessant betrachten?

Wir machen Geschäfte in Deutschland und in der Schweiz. Das sind Kulturen, die wir verstehen. Wir sind der Meinung, dass hier in den nächsten Jahren noch Raum für Wachstum besteht. 

Es sind also keine weitergehende Schritte geplant…

Wir wollen schon akquirieren und organisch wachsen, doch aktuell sind wir auf den deutschsprachigen Raum in Europa konzentriert. Von Österreich haben wir uns vor zwei Jahren verabschiedet, und das ist gut so.

Für das Jahr 2021 wurde eine Dividende von 0,84 Franken bezahlt. Für das laufende Jahr erwarten Analysten im Schnitt eine Dividende von 0,98 Franken, was gegenwärtig einer Dividendenrendite von gut 6 Prozent entsprechen würde. Sind diese Annahmen realistisch?

Unsere Dividendenpolitik beinhaltet, dass wir von unserem Konzerngewinn 60 bis 75 Prozent an die Aktionäre ausschütten. Über die letzten Jahre lag der Prozentsatz zwischen 70 und 75 Prozent. Zudem haben wir im Herbst im letzten Jahr erstmals einen Aktienrückkauf aufgegleist, den wir im Februar 2022 beendet haben. Und von August bis im Oktober haben wir mit dem zweiten Aktienrückkaufprogramm 12 Millionen Franken in die Gewinnverdichtung investiert.

Aktionäre können also weiter mit hohen Dividenden rechnen?

Ich kann Ihnen heute nicht auf die Million sagen, wo unser Konzerngewinn für das Gesamtjahr zu liegen kommen wird. Wir haben letztes Jahr 84 Rappen pro Aktie ausgeschüttet und kommuniziert, dass wir die Dividende stetig erhöhen wollen. Ob im März 90 Rappen oder 1 Franken Dividende beantragt wird, kann ich aber nicht sagen. Die 98 Rappen sind daher nicht abwegig, ich kann diesen Betrag aber nicht bestätigen. Das Ganze kann sich immer ändern, falls eine kleinere oder grössere Akquisition kommt.

Markus Bernhard (geb. 1964, Schweizer) leitet als CEO seit 2014 die Mobilezone Gruppe. In der Zeit von 2007 bis 2013 war er als CFO für die Mobilezone tätig. Nach seinem Wirtschaftsstudium an der HSG erlangte er das Wirtschaftsprüfer-Diplom und arbeitete von 1991 bis 1997 als Wirtschaftsprüfer bei der Revisuisse Price Waterhouse AG in Zürich. Als CFO war er bis 2000 bei Cope Inc. in Rotkreuz und anschliessend als CFO bei der Mount10 Holding AG, ebenfalls in Rotkreuz, tätig. Von 2020 bis Oktober 2022 war er zudem Verwaltungsrat und Chairman des Audit Committees von Valora.