In einem Regierungsdokument, das die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag einsehen konnte, forderte Modi bereits im Oktober seine Mitarbeiter auf, bis zum Mai Pläne auszuarbeiten, um das Bruttoinlandsprodukt bis 2030 von derzeit rund 3,5 Billionen auf dann 6,7 Billionen Dollar zu steigern. Konkreten Angaben darüber, wie das Ziel erreicht werden soll, blieben aber offen.
Modi bewirbt sich derzeit für eine dritte Amtszeit. Die Wahlen dazu beginnen noch im April. Im Wahlkampf hat Modi das Wirtschaftswachstum als einen seiner grössten Erfolge bezeichnet. Er erklärte zudem, er werde Indien in der Weltwirtschaft auf Platz drei führen, falls er für eine dritte Amtszeit gewählt wird. Derzeit liegen dort noch mit grossem Abstand die USA und China vorn, gefolgt von Japan und Deutschland vor Indien. Aus dem Dokument der Regierung geht auch hervor, dass Modi das Pro-Kopf-Einkommen in Indien von derzeit rund 2500 Dollar auf rund 4400 Dollar pro Jahr steigern will. Mögliche Ausgaben dafür oder etwaige Reformen werden in dem Papier nicht genannt.
Versprechen in laufender Amtsperiode hat Modi verfehlt
In dem Dokument heisst es zudem, Modi wolle die Exporte von Waren und Dienstleistungen bis 2030 von rund 700 Milliarden auf 1,58 Billionen Dollar steigern. Dadurch könnte sich der Anteil der indischen Exporte am Welthandel auf mehr als vier Prozent verdoppeln. Modis Büro und das indische Finanzministerium reagierten zunächst nicht auf Anfragen zu einer Stellungnahme.
Beim Antritt seiner zweiten Amtszeit vor fünf Jahren hatte Modi erklärt, Indiens Wirtschaftskraft bis zum laufenden Haushaltsjahr auf fünf Billionen Dollar zu steigern. Dieses Ziel wird er aber klar verfehlen. Das liegt Beobachtern zufolge auch an den Verwerfungen der Weltwirtschaft im Zuge der Corona-Krise.
Der Ökonom Saugata Bhattacharya sagte Reuters, wenn die Wirtschaft real um 6,0 bis 6,5 Prozent wachse, die Inflation bei 4,5 Prozent verharre und die Rupie weiterhin jedes Jahr um 1,0 bis 1,5 Prozent zum Dollar abwerte, könne sich die Wirtschaft in sieben Jahren nominal in Dollar verdoppeln. Es seien aber zahlreiche Strukturreformen erforderlich, um dieses Wachstum über einen langen Zeitraum zu halten. «Das ist ein sehr schwieriges Unterfangen», sagte er.
Im abgelaufenen Steuerjahr (per Ende März) dürfte Indiens Wirtschaft um etwa acht Prozent zugelegt haben - das stärkste Plus unter den grossen Ländern der Welt. Der Zuwachs ist unter anderem auf die starke Produktion und die Bautätigkeit zurückzuführen, die durch Staatsausgaben angekurbelt wurde.
Auch Bildung Thema
In dem Papier sind auch 70 Grundsatz-Bereiche beschrieben, in denen es Verbesserungen geben soll, darunter die Qualifikation von Arbeitskräften und die Berufsausbildung. Die Arbeitslosenquote soll von acht auf weniger als fünf Prozent sinken und die Erwerbsquote von 46 auf über 50 Prozent steigen. Zudem soll die Alphabetisierungsrate bis 2030 von derzeit 78 auf dann 82 Prozent klettern.
Die grösste Oppositionspartei, die Kongresspartei, hat kritisiert, das Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre unter Modi habe wenig zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Linderung der Not der Menschen auf dem Lande beigetragen. Die Kluft zwischen Arm und Reich habe sich vergrössert.
Meinungsumfragen sagen für Modi bei den Wahlen, die am 19. April beginnen und am 1. Juni enden, einen grossen Sieg voraus. Eine Koalition unter Führung von Modis hindunationalistischer Partei BJP könnte einer Umfrage vom Mittwoch zufolge fast drei Viertel der Parlamentssitze in dem Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern gewinnen. Modi hat erklärt, er müsse an der Macht bleiben, um Indien bis 2047 auf das Niveau einer entwickelten Wirtschaft zu führen. 2047 feiert Indien das 100. Jahr seiner Unabhängigkeit.
(Reuters)