Je nach Land reagieren die Banken unterschiedlich auf die Zinsen und die Veränderungen beim Zinsniveau. Die Ratingagentur Moody's hat unter anderem die Bankensektoren und die Zinssensitivität der Schweiz, Deutschlands, Frankreichs und der USA verglichen. Die Unterschiede sind beträchtlich, was die Gewinnaussichten der Banken betrifft.
Wegen der hohen Abhängigkeit von der Nettozinsmarge werde sich der Druck auf die Gewinnsituation der Schweizer Banken weiter erhöhen, sagte Michael Rohr, Senior Credit Officer bei Moody's, während der Moody's Banking Conference in Zürich. Die Schweizer Banken halten hohe Anteile zinssensitiver Assets, wozu beispielsweise die Hypothekarbestände gehören.
Hypothekarforderungen allein machen bei den Schweizer Banken im Schnitt rund ein Drittel der Bilanz aus, wobei gerade bei mittelgrossen und regional tätigen Instituten dieser Wert noch einiges höher liegen kann. Der Anteil des Zinsgeschäfts macht bei gewissen Banken rund zwei Drittel des Bruttoertrags aus.
Der Handlungsspielraum im Umgang mit diesen Problemem ist nach Ansicht von Moody's beschränkt. "Die Schweizer Banken werden die Finanzierungskosten für diese Assets nur beschränkt senken können", sagte Rohr. Durch Absicherungsmassnahmen sowie mit der Diversifikation über die Vermögensverwaltung und das Asset Management lasse sich dem Druck durch die Zinssituation nur teilweise entgegnen. Für Bankkunden heisst das allerdings auch: Profitabilitätsdruck bei den Schweizer Banken bringt immer das Risiko mit sich, dass Kosten abgewälzt werden.
Deutsche Banken ebenfalls unter Druck
Die Zinsen blieben in der Schweiz auf absehbare Zeit tief oder gar negativ. Im Januar 2015 verhängte die Nationalbank den Negativzins von -0,75 Prozent. Möglicherweise könnte die Stabilisierung der Eurozone und der EU dazu beitragen, dass sich auch der Handlungsspielraum der Schweizer Notenbank mit der Zeit erhöhe, sagte Rohr. Einen Ausblick zur Leitzinsentwicklung in der Schweiz nimmt Moody's allerdings nicht vor.
Quasi einig sind sich dafür Beobachter, dass die Schweiz nicht vor der Eurozone Zinsschritte einleiten wird. Moody's geht davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nicht vor Ende 2018 eine "sanfte" Anhebung ins Visier nimmt und wohl erst 2019 einen Zinsschritt wagt. Der EZB-Zins ist derzeit bei null, wobei der Einlagensatz mit -0,4 Prozent negativ ist.
Der Druck, genug profitabel zu sein, wird sich laut der Ratingagentur auch bei den europäischen Banken verstärken. Eine Zinserhöhung durch die EZB würde die Profitabilität europäischer Banken schwächen und in einigen Bereichen zu kurzfristigen Schocks führen.
Zinsänderungsrisiken belasten bei Banken beispielsweise Geschäfte, denen zu bestimmte, fixierte Zinsen zugrundeliegen. Durch die Änderung der Leit- und Marktzinsen kann die Profitabilität solcher Geschäfte beeinträchtigt werden. Erhöht die EZB also möglicherweise 2019 die Zinsen, hätte dies für einen Teil der Banken folgen für den Gewinn. Jedoch ist längst nicht jeder Bankenmarkt gleich anfällig auf Zinsänderungen.
Gute Ausgangslage in den USA
Am stärksten von Zinsänderungsrisiken betroffen sind laut Moody's die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Generell seien, was das Zins-Exposure betrifft, die deutschen Banken in einer ähnlichen Lage wie die Schweizer Institute. Französische Banken verfügten dank des verbreiteten Bancassurance-Modells, also der Bündelung von Bank-, Vorsorge- und Versicherungsdienstleistungen in einer Hand, hingegen über eine gute Diversifikation. Dies federe externe Stösse wie Zinsschritte besser ab.
Am gelassensten können allerdings die US-Banken auf die Situation schauen. In den USA hat die Notenbank Federal Reserve kommuniziert, dass sie 2017 und 2018 und darüber hinaus den vor zwei Jahren begonnenen Weg der Zinserhöhungen weiter beschreiten will. US-Banken dürften von den Zinsschritten klar profitieren.
Zunächst würden die Zinsmargen steigen, was bei den US-Banken einen wichtigen Teil der Einnahmen ausmachen würden, sagte Moody's-Analyst Rohr. Der Anteil an bilanzierten Vermögenswerten, die an einen fixen Zins gebunden sind, sind bei den US-Banken relativ tief. Bei einer gekonnten Bewirtschaftung jener Assets, die mit variablen Zinsen verbunden sind, können die US-Banken laut Moody's die Gewinne weiter ausbauen.