Jeder Anleger ist wohl ständig auf der Suche nach Aktien, die den Rest des Marktes beständig und langfristig übertreffen - es ist wie die erfolglose Suche nach dem heiligen Gral. Das Anlegerherz ist aber in der aktuell unsicheren Marktsituation wohl auch schon beruhigt, wenn Aktien gefunden werden, die in einem von Rezessionsängsten geprägten Markt Stabilität bieten. 

Mike Wilson, Anlagechef bei der US-Grossbank Morgan Stanley, hat zum Thema eine neue Studie veröffentlicht. Aus dieser geht hervor, dass eine bestimmte Art von Aktien den Anlegern sowohl Stabilität als auch hohe Renditen im Laufe der Zeit bieten: dividendenstarke Aktien. In einer Mitteilung an die Kunden erklärte Wilson, dass "dividendenzahlende Aktien seit dem Jahr 2000 in allen Large-Cap-Sektoren, mit Ausnahme von zyklischen Konsumgütern, besser abgeschnitten haben als nicht-dividendenzahlende Aktien". Dies berichtet die Finanznachrichtenplattform Markets Insider.

Die einzigen beiden Marktbereiche, in denen Dividendentitel ihre nicht ausschüttenden Konkurrenten nicht übertrafen, waren der zyklische Konsumgütersektor und die Small Caps. Wilson ist der Ansicht, dass dies auf das hohe Wachstum in beiden Bereichen zurückzuführen ist, obwohl er darauf hinwies, dass selbst im wachstumsorientierten Technologiesektor die Dividendentitel ihre Konkurrenten ohne Dividendenausschüttung übertreffen. 

Dividendenaktien schneiden nicht nur durchweg besser ab als nicht-dividendenzahlende Aktien, sondern auch bei Marktabschwüngen. Wilson wies auf die marktübertreffenden Ergebnisse von Dividendentiteln während der Rückschläge in den Jahren 2000, 2008, 2015 und 2020 hin, die auf ihre stabilen Renditen dank ihrer Dividendenzahlungen sowie auf die hohe Qualität der Unternehmen, die in der Regel Dividenden zahlen, zurückzuführen sind.

Dividendenwachstum ausschlaggebend

Die grosse Frage ist aber, in welche Dividendenaktien man investieren sollte. Natürlich werden viele Anleger ihr Geld einfach in die Dividendenaktien mit den höchsten Renditen investieren, um ihre Rendite zu maximieren. Aber Wilson sagt, dass nicht hohe Dividendenrenditen die besten Ergebnisse liefern, sondern das Dividendenwachstum.

"Langsam und stetig gewinnt das Rennen, und so sehen wir auch das Dividendenwachstum im Vergleich zu hohen Dividendenrenditen", schrieb Wilson. "Hohe Dividendenrenditen tendieren dazu, bei Markterholungen nach einem Abschwung besser abzuschneiden, aber in den meisten anderen Zeiträumen schneiden sie im Vergleich zu Aktien mit kontinuierlichem Dividendenwachstum schlechter ab." Während ein Abschwung im September durchaus in eine Markterholung münden könnte - wie einige an der Wall Street vorhersagen - und dividendenstarke Aktien begünstigen könnte, sagt Wilson, dass Anleger, die auf langfristige Renditen setzen, den Köder nicht schlucken sollten. 

"Hohe Dividendenrenditen neigen dazu, sich im Laufe der Zeit umzukehren, was bedeutet, dass der Griff nach den Aktien mit den höchsten Renditen nur ein taktischer Handel und kein langfristiges Engagement sein sollte", schreibt Wilson. Stattdessen sollten sich die Anleger auf defensivere, spätzyklische Dividendenwachstumsaktien konzentrieren. Aktien mit stabilem Dividendenwachstum schneiden in späten Konjunkturzyklen wie 2018 bis 2020 am besten ab, so Wilson, und haben sich 2023 gut entwickelt, als die große Tech-Rallye an Fahrt verloren hat und die Anleger nach Sicherheit gesucht haben.

Um diese Aktien zu finden, sollten Anleger laut Wilson eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, die über Dividenden hinausgehen. "Wir empfehlen, bei der Auswahl von Dividendenzahlern einen ganzheitlichen, fundamentalen Ansatz zu verfolgen. Neben spezifischen Branchenfaktoren sollten auch Bewertung, Leverage und Volatilität berücksichtigt werden." Morgan Stanley sieht die 23 unten aufgeführten Aktien, die laut Wilson "Rendite, Wachstum und Stabilität vereinen und auf 3-5-Jahres-Basis aus Sicht der Dividendenrendite attraktiv sind", im Vorteil. Die untenstehende Liste ist gemäss der von Morgan Stanley für 2024 geschätzten Dividendenrendite geordnet.

Titel Sektor Geschätzte Dividendenrendite 2024 Durchschnittliches jährliches Dividendenwachstum (5 Jahre)
MPLX Energieinfrastruktur 9,9 Prozent +4,9 Prozent
Energy Transfer Energieinfrastruktur 9,6 Prozent -0,4 Prozent
Verizon Communication Telekommunikation 8,0 Prozent +2,0 Prozent
Enterprise Products Energieinfrastruktur 7,8 Prozent +2,8 Prozent
Simon Property Immobilien 6,7 Prozent -1,1 Prozent
Gaming and Leisure Properties Unterhaltung 6,0 Prozent +4,4 Prozent
Realty Income Immobilien 5,8 Prozent +3,8 Prozent
Regions Financial Finanz 5,6 Prozent +15,4 Prozent
Philip Morris International Konsumgüter 5,5 Prozent +2,9 Prozent
Agree Realty Immobilien 4,6 Prozent +6,4 Prozent
UDR Immobilien 4,4 Prozent +4,8 Prozent
M&T Bank Finanz 4,3 Prozent +9,1 Prozent
DTE Energy Versorger 3,8 Prozent +1,5 Prozent
Exelon Versorger 3,7 Prozent +0,8 Prozent
Invitation Homes Immobilien 3,5 Prozent +19,5 Prozent
Exxon Mobil Energie 3,2 Prozent +2,7 Prozent
NextEra Energy Versorger 3,0 Prozent +11,1 Prozent
Colgate-Palmolive Konsumgüter 2,7 Prozent +3,0 Prozent
Procter & Gamble Konsumgüter 2,5 Prozent +5,7 Prozent
Mondelez International Konsumgüter 2,4 Prozent +11,4 Prozent
Hess Energie 1,2 Prozent +11,0 Prozent
Church & Dwight Konsumgüter 1,2 Prozent +5,1 Prozent
Cheniere Energy Energie 1,1 Prozent KA

 

Dividendenaristokraten im Fokus

Unter den besten fünf Dividendenzahlern befinden sich mit MPLX, Energy Transfer, Enterprise Products gleich drei Energieinfrastrukturdienstleister. Diese bieten Anlegern meist stabile Renditen, auch in Rezessionsphasen. Dies zeigt sich auch darin, dass alle drei Titel dieses Jahr trotz Konjunkturabschwächung eine Kursrendite von mindestens 6 Prozent aufweisen und die Bewertung gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) zwischen 9 und 11 liegt.

Bei den Titeln mit dem höchsten Dividendenwachstum sticht Mondelez International mit plus 11,4 Prozent heraus. Der Toblerone-Produzent gilt dank seiner starken Marken, zu denen auch der Frischkäse Philadelphia gehören, als krisenresistent. Analysten erwarten dank der Preissetzungsmacht eine weitergehende Margenerholung. Bezüglich der Preissetzungsmacht auch in einer vorteilhaften Position ist der Konsumgüterhersteller Procter & Gamble, der als Dividendenaristokrat gilt.

Um in die Liga der Dividenden-Aristokraten aufzusteigen, muss eine Aktie drei Kriterien erfüllen: Das Unternehmen muss seit mindestens 25 Jahren eine Dividende zahlen, die Ausschüttung jedes Jahr erhöhen und ein Teil des S&P 500 Index sein - und dabei eine Marktkapitalisation von mindestens 3 Milliarden Dollar aufweisen. Diese Dividendenfähigkeit macht die Unternehmen zu so etwas wie dem Nonplusultra unter den Qualitätsaktien.

Neben Procter & Gamble gehören in der obenstehenden Liste auch Exxon Mobil, NextEra Energy, Colgate-Palmolive und Church & Dwight der illustren Gruppe an. Insbesondere der Versorger NextEra Energy könnte nach dem diesjährigen Kurssturz (-37 Prozent) interessant sein. Der weltgrösste Stromerzeuger aus Solar- und Windenergie hat durch die schnelle Expansion einen Schuldenberg angehäuft, der sich wegen der gestiegenen Zinsen negativ auf den Aktienkurs ausgewirkt hat. Trotz diesem Gegenwind und dem tieferen Wachstumsausblick, sollen die Ausschüttungen weiter um 5 bis 8 Prozent pro Jahr wachsen. Sinken auch die Zinsen wider, steigt auch der Kurs.

Für Anlegerinnen und Anleger, die das Risiko von Einzelaktien nicht eingehen wollen, bietet sich der Kauf eines ETF (Exchange Traded Fund) wie dem "ProShares S&P 500 Dividend Aristocrats ETF" an. Auf globaler Ebene empfiehlt sich der "SPDR S&P Global Dividend Aristocrats UCITS ETF", wobei dort die Aufnahmekriterien weniger restriktiv sind: Ein Unternehmen muss die Dividenden für mindestens zehn aufeinanderfolgende Jahre erhöhen oder beibehalten, aber gleichzeitig eine positive Eigenkapitalrendite und einen positiven Cashflow aus der Geschäftstätigkeit aufweisen.

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