In der entscheidenden klinischen Studie der Phase-3 erreichte das Multiple-Sklerose-Mittel Evobrutinib nicht das primäre Ziel der Untersuchung, wie der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern am Dienstagabend mitteilte. Das Medikament zählte zu den grössten Hoffnungsträgern von Merck in der Pharmapipeline. Vorstandschefin Belen Garijo traute ihm Blockbuster-Potenzial zu, also mögliche Spitzenumsätze in Milliardenhöhe.

Merck musste bereits im Frühjahr einen Dämpfer bei der Entwicklung von Evobrutinib verdauen, denn die US-Arzneimittelbehörde FDA ordnete eine teilweise Aussetzung der klinischen Prüfung an, nachdem Bedenken aufkamen, dass das Mittel Leberschäden verursachen könnte. In der Studie mit Evobrutinib wurden zwei Fälle gemeldet, in denen Laborwerte auf eine arzneimittelbedingte Leberschädigung hindeuteten. Die zwei betroffenen Patienten hätten allerdings keine Symptome gezeigt und keine Behandlung benötigt. Ihre Leberenzymwerte hätten sich nach Absetzen des Wirkstoffs vollständig normalisiert, hiess es damals von Merck.

Evobrutinib gehört zu der Klasse der sogenannten BTK-Inhibitoren, die selektiv die Zellen blockieren sollen, die die schädliche Autoimmunreaktion bei MS auslösen. Auch Konkurrenten wie Roche, Sanofi und Novartis entwickeln Medikamente dieser Klasse. Die Studie von Merck mit Evobrutinib umfasste mehr als 2000 Teilnehmer. Das Ziel einer Verringerung der sogenannten annualisierten Schubraten der Patienten konnte das Mittel im Vergleich zu der MS-Tablette Aubagio von Sanofi, die 2013 in der EU zugelassen wurde, nicht erreichen.

Für Merck ist es erneut ein Rückschlag im Pharmageschäft, nachdem das Unternehmen bereits 2021 die Arbeiten an dem Krebsmittel Bintrafusp alfa nach zwei Studienflops beenden musste, das ebenfalls als grosser Hoffnungsträger galt. Das Unternehmen hat im Pharmageschäft schon eine längere Durstrecke hinter sich und konnte 2017 mit der Krebsimmuntherapie Bavencio erstmals seit neun Jahren ein neues Medikament auf den Markt bringen.

(Reuters)