Die chinesische CRCC Gruppe buhlt um das Geschäft des deutschen Industriekonzerns Vossloh mit Diesellokomotiven. Dies berichtet die Berliner Tageszeitung "Die Welt". Die Rede ist von einem Kaufpreis im niedrigen einstelligen Millionenbereich.
Auf den ersten Blick ist das eine Meldung, wie sie fast täglich zu lesen ist. Ein Unternehmen trennt sich von einem nicht rentablen Geschäftsbereich und verkauft diesen an einen finanzkräftigen chinesischen Interessenten.
Doch auf den zweiten Blick birgt die Meldung ziemlichen Zündstoff. Denn sie zeigt, dass CRCC nach Europa drängt. Das Unternehmen ist nicht einfach irgendjemand: Mit knapp 190'000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von umgerechnet 38 Milliarden Franken gilt CRCC als weltgrösster Hersteller von Schienenfahrzeugen. Der Kauf des Diesellok-Geschäfts von Vossloh wäre die erste Übernahme von CRCC auf dem alten Kontinent.
Selbst wenn der im niedrigen einstelligen Millionenbereich liegende Kaufpreis äusserst bescheiden anmutet, darf die Bedeutung der Übernahme nicht unterschätzt werden. Denn über sie erhält der weltgrösste Hersteller von Schienenfahrzeugen Zugang zum europäischen Markt mit seinen komplexen Zulassungsverfahren.
Noch reagiert die Börse überraschend entspannt
Der Markteintritt von CRCC könnte deshalb auch Folgen für hiesige Anbieter wie etwa die erst vor gut vier Monaten an die Börse gebracht Stadler Rail von Peter Spuhler haben.Die europäischen Wettbewerbshüter vereitelten diese Pläne damals allerdings. Mit 8'500 Mitarbeitern und einem geschätzten Umsatz von 3,4 Milliarden Franken für das laufende Jahr ist der Schweizer Anbieter im Vergleich zum übermächtigen chinesischen Rivalen ein "Leichtgewicht".
Kursentwicklung der Stadler-Rail-Aktie seit der Publikumsöffnung vom April (Quelle: www.cash.ch)
Noch reagiert die Börse ziemlich entspannt, was den Vorstoss von CRCC nach Europa anbetrifft. Seit Mitte August hat sich der Kurs der Stadler-Rail-Aktie von 42 auf gut 44 Franken erholt. Damit notiert sie zwar unter dem Rekordhoch vom Juni bei knapp 47,50 Franken, gleichzeitig aber noch immer deutlich über dem ursprünglichen Ausgabepreis von 38 Franken.
Zuletzt verliehen der Aktie Hoffnungen Auftrieb, wonach die Regierung in Deutschland ein milliardenschweres Konjunkturpaket schnüren könnte (cash berichtete). Das letzte solche Paket geht in die Jahre 2008/09 zurück, als insgesamt 62 Milliarden Euro unter anderem in öffentliche Investitionen flossen. Für die UBS zählt Stadler Rail aus Schweizer Sicht denn auch zu den grössten Profiteuren einer Neuauflage des Konjunkturpakets im nördlichen Nachbarland. Die Grossbank zählt jedoch zu den Hauptverantwortlichen des Börsengangs von Stadler Rail.