Die Aktien von Rieter notieren am Donnerstag gegen Mittag bei 8,08 Franken. Wegen der laufenden Kapitalerhöhung hat der Titel in den letzten sieben Tagen rund 75 Prozent an Wert eingebüsst. 

Die Rieter-Aktionäre haben vor einer Woche der Kapitalerhöhung zur Übernahme der OC-Oerlikon-Tochter Barmag zugestimmt. Finanziert wird die bis zu gut 800 Millionen Franken schwere Akquisition über einen Überbrückungskredit, eine garantierte Kapitalerhöhung von 400 Millionen sowie eine Privatplatzierung über 77 Millionen. .

Im Rahmen der Bezugsrechtsemission wurden 116,8 Millionen Namenaktien ausgegeben und im Rahmen der Privatplatzierung 14,6 Millionen Namenaktien. Die Helvetische Bank verweist in einer Analyse vom Donnerstag hierbei auf einen rekordverdächtigen Verwässerungseffekt im Gesamtvolumen von 477 Millionen Franken. Altaktionäre, die sich nicht beteiligen, würden im Verhältnis von rund 1:29 verwässert.

Trotzdem werde Rieter auch nach dieser Kapitalerhöhung noch einen Verschuldungsgrad von rund dreimal aufweisen (Nettoverschuldung im Verhältnis zum Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen). Mit dem Deal gehe der Winterthurer Industriekonzern entsprechend an seine Grenzen. Es war mit Sicht auf den langfristigen globalen Wettbewerb für Rieter vermutlich aber industriell sehr wichtig, Barmag zu übernehmen, bevor es dann jemand anders tut, so die Zürcher Privatbank. 

«Wir konnten uns in der Vergangenheit noch nie für ein langfristiges Engagement in den Aktien von Rieter erwärmen, egal wie die Bewertung zwischenzeitlich ausgesehen haben mag», betont die Helvetische Bank. «Diese Aktien muss man "Traden" können. Wenn man das Timing im Griff hat, kann man damit wohl Geld verdienen.» Auch im Rahmen der aktuellen massiven Kapitalerhöhung sei eine extrem hohe Volatilität zu sehen, was für Trader-Naturen interessant sein könnte.

Die Aktien eignen sich nach Ansicht der Helvetischen Bank aber eindeutig nicht für eine «Buy and Hold»-Strategie, denn wenn man 30 Jahre zurückgeht, lag der Rieter-Kurs damals viel höher als heute. Wenn schon, dann müsse man versuchen, die Zyklen der Textilmaschinenindustrie zu spielen. Dies sei aber keine variable Investment-Strategie, denn dazu seien die Zyklen in dieser Industrie zu unberechenbar, so die Konklusion der Helvetischen Bank.

Kein Kurspotenzial auszumachen

Selbst Analysten, die dem Unternehmen wohl gesonnen sind, sehen wenig Potenzial. Julius Bär senkte am Donnerstag das Kursziel für Rieter auf 8 von 60 Franken. Die Einstufung lautet weiterhin «Hold». Mit der Anpassung berücksichtigt die zuständige Analystin die Kapitalerhöhung im Rahmen der Akquisitionsfinanzierung von Barmag.

Der Abschluss der Transaktion wird für das vierte Quartal erwartet. Sollte die Transaktion zustande kommen, würde sich der Umsatz von Rieter fast verdoppeln und das Geschäftsprofil würde wahrscheinlich weniger volatil werden, so die Analystin von Julius Bär.

Die Bewertung von Rieter schwankt über den Zyklus hinweg stark, schrieb die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einer Einschätzung am Mittwoch. Deren Analysten erachten weder die Bewertung des angestammten Geschäfts von Rieter noch den Kaufpreis für Barmag als Schnäppchen.

Für höhere Aktienkurse wäre zyklischer Rückenwind instrumental. Derzeit sei dieser aber nur flau spürbar, wie das schwache Halbjahresergebnis aufzeigte. Der indikative faire Wert pro Aktie auf Basis unseres diskontierten Cashflow-Modells liegt gemäss ZKB bei 6,02 Franken, das Rating ist «Marktgewichten».

Mit Material der Nachrichtenagentur AWP

Thomas Daniel Marti
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