Russlands Bahntochter Transmashholding International (TMHI) mit Sitz in Zug wehrt sich gegen den Vorwurf der Industriespionage seitens Stadler Rail.
Stadler meint, dass mit der Übergabe von technischen Dokumenten an den russischen Konzern zur Wartung von 22 Stadler-Rail-Zügen in Bayern die Muttergesellschaft TMH Einblick und Kenntnis in sämtliche technische Fahrzeugunterlagen erhalten würde. Was ein TMHI-Sprecher bestreitet: "Die Vorwürfe zum möglichen Know-how-Abfluss sind für uns nicht nachvollziehbar, denn Wartung durch Dritte ist weltweit gängige Praxis. Auch Stadler Rail wartet Züge anderer Hersteller."
Von dem Konter unbeeindruckt sieht man bei Stadler Rail aber nicht nur Firmengeheimnisse gefährdet. Sondern auch eine Vertragsverletzung seitens des Bahnbetreibers und Stadler-Vertragspartners Go-Ahead.
"Der aktuelle Fall ist eine unübliche und durch unseren Liefervertrag mit Go-Ahead ausgeschlossene Konstellation", sagt ein Sprecher. Go-Ahead hat insgesamt 78 Züge für den Betrieb in Bayern bestellt, davon 22 bei Stadler Rail und 56 bei Siemens. Den Wartungsauftrag für die Stadler-Züge hat TMHI gewonnen.
Und nur mit Stadler Rail gibt es Zoff. Die Begründung: "Unser Vertrag mit Go-Ahead schliesst die Instandhaltung durch Wettbewerber oder mit einem Wettbewerber verbundene Unternehmen aus dem Bereich Schienenfahrzeuge klar aus." Und in TMH sieht Stadler Rail einen solchen Wettbewerber. Was TMH ebenfalls bestreitet: "Wir haben weltweit wenige Berührungspunkte." Und: "In Europa und Deutschland liegt unser Fokus eindeutig auf Wartung und Instandhaltung."
Was TMH und Go-Ahead besonders verwundert, ist der Zeitpunkt von Stadlers Veto: ein halbes Jahr nach dem rechtmässigen und öffentlich kommunizierten Vertragsschluss über den Wartungsauftrag für TMHI.
Für den Fall, dass es zu keiner gütlichen Einigung kommt, hat Go-Ahead bereits einen Notfallplan in der Schublade. "Eine Variante wäre, die Züge auf dem Leihfahrzeugmarkt zu beschaffen." Schliesslich habe man auch einen Vertrag mit der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, den man erfüllen müsse.
Dieser Artikel erschien zuerst auf handelszeitung.ch unter dem Titel "Spionagevorwürfe: Konter gegen Stadler Rail" |