Der Krieg in Israel schreckt manche Reisende aus Deutschland von Flügen in angrenzende Länder ab - im wichtigen Urlaubsland Ägypten hält sich der Effekt aber in Grenzen. Das geht aus Einschätzungen grosser deutscher Reiseveranstalter und Analysen der Branchenexperten von Forwardkeys hervor, die Reuters am Donnerstag vorlagen. «Die kurzfristigen Buchungen nach Ägypten sind stark rückläufig», teilte Alltours mit. Stornierungen bereits gebuchter Reisen seien direkt nach Beginn des Konflikts im Oktober gestiegen, jetzt aber wieder rückläufig. Weniger deutlich spürt DER Touristik Zurückhaltung von Reisenden wegen Bedenken über die Sicherheitslage. Es gebe Gäste, die ihren Ägyptenurlaub stornierten, erklärte die Rewe-Tochter. «Die Mehrheit unserer Gäste möchte ihren Badeurlaub aber antreten.» Die Reisen fänden aktuell wie geplant statt.

Forwardkeys verglich die Ticketzahlen ankommender Flüge aus Deutschland in den Ländern der Region drei Wochen vor und drei Wochen nach dem 7. Oktober. Für Ägypten ergab sich ein geringer Rückgang um zwei Prozentpunkte, auf 49 von 51 Prozent Plus im Vergleich zur selben Zeit 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Krise. Nach Israel fliegt seit Wochen keine deutsche Airline, daher ein Minus von fast 100 Prozent. Einen Einbruch bei Ankünften aus Deutschland um 60 bis 80 Prozentpunkte verzeichneten aber auch Jordanien, Libanon und Saudi-Arabien. Für den Libanon gilt eine Reisewarnung, die Bundesregierung hat Deutsche wiederholt zur Ausreise aus dem Nachbarland Israels aufgefordert.

«Diese Zahlen deuten darauf hin, dass der deutsche Markt dank langjähriger Verbindung zum Nahen Osten die besondere Lage einzelner Länder besser erfassen kann statt die Region als homogenes Gebilde zu betrachten», erklärte Forwardkeys-Manager Olivier Ponti. «Das ist gut für den Tourismus.»

Auch nach Erkenntnis der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) sanken in der Vergangenheit die Zahlen Reisender in Länder, die in der Nähe von Konfliktherden waren, nur leicht. «Die Reisenden werden vorsichtiger», erklärte Urlaubsforscherin Friedericke Kuhn. Ägypten und die Türkei gälten aber als sichere und günstige Reiseziele. Der Reisewunsch der Menschen sei gross, so dass Sicherheitsbedenken in den Hintergrund träten und es nur vereinzelt zu Stornierungen komme.

Türkei-Flüge steigen stark

Bei der FTI-Gruppe zeige der Trend der Buchungszahlen für Ägypten sogar nach oben, erklärte der drittgrösste Anbieter von Pauschalreisen nach TUI und DER. Der börsennotierte Konzern TUI wollte sich wegen Schweigepflicht vor seiner Bilanzveröffentlichung im Dezember nicht äussern.

Die Sicherheitslage in den ägyptischen Baderegionen am Roten Meer sei ruhig und stabil, so dass Urlaub ohne Einschränkung möglich sei, hoben die Reiseveranstalter hervor. Das Auswärtige Amt warne seit einigen Jahren vor Reisen in den Norden der Sinai-Halbinsel und das Grenzgebiet zu Israel. Zudem rate es von Ausflügen und Fahrten im Süden der Sinai-Halbinsel ab.

Reisen in die Türkei, nach Zypern, Marokko, Tunesien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder den Oman werden bei Alltours unverändert gebucht. Türkei-Flüge schnellten nach Daten von Forwardkeys sogar um knapp 40 Prozentpunkte in die Höhe.

Ägypten lockt Veranstalter mit Zahlungen

Die Reisebuchungen in Ägypten sind nach den Worten von Tourismusminister Ahmed Issa um weniger als zehn Prozent gesunken. Die meisten Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheitslage hätten Kunden zu Scharm el-Scheich, sagte er am Rande einer Tourismuskonferenz in London in dieser Woche. Der beliebte Badeort ist rund 220 Kilometer von Israels Südgrenze entfernt. Für jeden dort ankommenden Flug biete Ägypten einen Anreiz von 500 Dollar und arbeite eng mit Veranstaltern und Airlines zusammen, um sie bei der Stange zu halten.

Die Hotelkette Marriott International sprach von sinkender Nachfrage und ersten Stornierungen in ihren 27 Hotels in Ägypten, im Libanon und in Jordanien. Die in Kairo sitzende Middle East Travel Alliance, die mit Tourismusmanagern kooperiert, um Reisebüros und lokale Anbieter in Nahost zusammenzubringen, registriert einen starken Rückgang: Etwa 40 Prozent der Reisen in Jordanien wurden abgesagt, 20 Prozent in Ägypten, 15 Prozent in Oman und zehn Prozent in den Vereinigten Arabischen Emiraten. «Sogar im Oman gibt es Stornierungen, obwohl das Land so weit weg ist», sagte Mitgründer Khaled Ibrahim.

(Reuters)