Offen ist allerdings, mit welchen Partnern sie zu ihrer dritten Amtszeit in Folge antritt. Es könnte sein, dass es für Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ohne einen neuen Partner nicht reicht und er im Sejm, dem Unterhaus, auf die Stimmen der rechtsextremen Konföderation angewiesen ist.

Die PiS unter ihrem Gründer und Parteichef Jaroslaw Kaczynski, die sich «Recht und Gerechtigkeit» nennt, tritt zusammen mit den kleinen Partnern Souveränes Polen und Republikaner an. Ihr Bündnis unter dem Namen Vereinigte Rechte kommt jüngsten Umfragen zufolge auf 34,6 Prozent der Stimmen.

Der grösste Oppositionsblock, die liberale Bürgerkoalition (KO) kommt auf 27,9 Prozent der Stimmen. Diesen Block führt die Bürgerplattform (PO) von Donald Tusk an, zu ihm gehören unter anderem die Grünen. Tusk war selbst von 2007 bis 2014 Ministerpräsident in Polen und später EU-Ratspräsident. 2021 kehrte er in die polnische Politik zurück.

Der Dritte Weg, ein Bündnis der rechten Mitte, erreicht laut Umfragen 7,6 Prozent. Damit würde der Dritte Weg es nicht ins Parlament schaffen, denn für Parteienbündnisse gilt eine Hürde von acht Prozent, für Einzelparteien von fünf Prozent. Dagegen wäre der Neuen Linken mit 11,4 Prozent und der rechtsextremen Konföderation mit 7,7 Prozent der Einzug in den Sejm sicher.

Abstimmung wird zur Schicksalwahl erklärt

Beherrschendes Thema im Wahlkampf war die Migrationspolitik. Morawiecki wirft der EU vor, Polen dazu zu zwingen, illegal Eingewanderte aufzunehmen oder Geldstrafen zu bekommen. Seine Partei PiS hat die Abstimmung zur Wahl zwischen Sicherheit und Existenzbedrohung erklärt. Dieser wäre nach Lesart der Nationalkonservativen die Bevölkerung ausgesetzt, sollte die liberale Opposition unter Tusk die Wahl gewinnen.

Tusks Partei Bürgerplattform hält der PiS dagegen vor, das ganze Land auf stramm konservativ zu trimmen. Die demokratischen Prinzipien würden aufgeweicht. Die öffentlich-rechtlichen Medien seien zum Sprachrohr der Regierung gemacht worden. Mit der EU liege Polen seit Jahren in Fragen der Rechtstaatlichkeit über Kreuz. Somit sei die Parlamentswahl auch eine Entscheidung über die Zukunft Polens in der Europäischen Union und über seine demokratische Ausrichtung.

Hunderttausende hat die liberale Opposition Anfang Oktober in Warschau auf die Strassen gebracht. Die Stadtverwaltung sprach von etwa einer Million Demonstrantinnen und Demonstranten, von der grössten Kundgebung aller Zeiten in der Hauptstadt. «Das ist ein Zeichen der Wiedergeburt Polens», rief Tusk der Menge zu.

Tusk selbst sieht sich in staatlichen Medien heftigen Angriffen ausgesetzt. Dem 66-Jährigen wird vorgeworfen, eine Marionette der deutschen Regierung zu sein und nur die Interessen einer arroganten städtischen Elite zu vertreten.

Tatsächlich findet die PiS traditionell ihre Anhänger unter gläubigen Katholiken, im eher ländlich geprägten Osten des Landes. Es gibt etliche Bevölkerungsgruppen, die von der langjährigen PiS-Regierung profitieren: Familien mit Kindern nützt das 2016 eingeführte Kindergeld von 500 Zloty im Monat. Der Mindestlohn ist drastisch gestiegen. Das schätzt nicht nur die seit jeher konservative Wählerschaft.

So kann sich der 55-jährige Morawiecki, der seit 2017 im Amt ist und darin nüchtern und technokratisch wirkt, gute Chancen auf seine Wiederwahl ausrechnen. Morawiecki mag die Regierungsgeschäfte führen. Präsident Andrej Duda mag das Staatsoberhaupt sein. Die eigentliche Macht liegt aber noch immer bei PiS-Chef Kaczynski, der zugleich Vize-Ministerpräsident ist. Nicht umsonst nennt mancher in Polen Duda, der die Gesetze unterzeichnen muss, Kaczynskis Kugelschreiber.

(Reuters)