An der Chicago Mercantile Exchange (CME) wird mit allen möglichen Rohstoffen gehandelt: mit Öl, Kupfer, Wolle, Zucker, Gold, Holz, Schweinebäuchen und so weiter. Im Dezember gab es nun eine weltweite Premiere: Seit dann sind an der CME auch Futures auf Wasser zu haben. Futures sind Terminverträge, bei denen sich Käufer und Verkäufer darauf einigen, zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis auszutauschen. Ziel des Handels mit Wasser-Futures in Chicago ist, dass die US-Bauern die Kosten für Wasser, das sie in grossen Mengen brauchen, schon einige Monate im Voraus kennen und so keine bösen Überraschungen erleben. Denn die Wasserpreise können in den USA stark variieren – je nachdem, ob es gerade viele Niederschläge gibt oder ob Dürreperioden und Waldbrände vorherrschen.

Das Beispiel der Chicagoer Börse zeigt, dass Wasser für die Finanzmärkte zu einem interessanten Handelsgut geworden ist. Doch nicht nur Wasser selber, sondern alles, was mit einer sicheren Wasserversorgung zu tun hat, rückt stärker in den Fokus von Investoren. Denn weltweit gibt es riesigen Nachholbedarf, was die Infrastruktur angeht.

Das Problem vergrössert sich

Seit den 1950er Jahren hat sich der weltweite Wasserverbrauch mehr als verdreifacht. Wasser gehört zur Grundversorgung von Menschen und lässt sich durch nichts ersetzen. Doch laut dem Kinderhilfswerk Unicef haben heute 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Etwa 800 Millionen haben gar nicht einmal genügend Wasser für Körperhygiene und Reinigung zur Verfügung. Es fehlt an einer sicheren und zuverlässigen Wasserversorgung.

Und das Problem vergrössert sich. Denn bis in einigen Jahrzehnten könnten noch einige Milliarden Menschen dazukommen, die mangelhaft oder gar nicht mit Wasser versorgt sind. ETH-Professor Max Maurer warnt davor, dass die Zahl bis 2050 gar auf fünf Milliarden steigen könnte. Damit die düsteren Szenarien nicht eintreffen, muss die Infrastruktur in vielen Weltregionen ausgebaut werden.

Vor allem Fleisch braucht viel Wasser

Quelle: DWS

Das ist kapitalintensiv, denn Schätzungen gehen von einem Investitionsbedarf von mehreren Billionen Dollar aus, um die Wasserversorgung bis 2030 zu gewährleisten. Das Thema ist auch von der Finanzindustrie entdeckt worden und gilt als Megatrend. «Wir sehen attraktive langfristige Investmentmöglichkeiten in Wasser, die wahrscheinlich für Jahrzehnte bestehen bleiben», schreibt die UBS.

Investitionen könnten entlang der gesamten Wasserwertschöpfungskette getätigt werden, sagt Jens Zimmermann, Aktienanalyst bei der Credit Suisse – «von Unternehmen, die Geräte und Ausrüstung für den Bau von Wasserreinigungsanlagen und Wasserleitungen herstellen, über Unternehmen, welche Wasserreinigungsanlagen betätigen, bis hin zu Unternehmen, welche die regulierte Wasserinfrastruktur und Wasserleitungen betreiben».

Dabei geht es nicht nur um den Bau neuer Wasserversorgungssysteme, sondern auch um die Erneuerung der bestehenden. Das gilt auch für viele Industrieländer. Oft sind Rohrleitungen in einem maroden Zustand. «Zahlen aus den USA zeigen, dass etwa 30 Prozent des Wassers auf dem Weg zum Konsumenten verloren geht», sagt Gerhard Wagner, Senior Portfoliomanager bei Swisscanto Invest. Schuld sei das hohe Alter des vorhandenen Verteilnetzes. In Entwicklungsländern beträgt der Wasserverlust wegen Lecks gar bis zu 40, in Extremfällen sogar bis zu 70 Prozent.

Die Nachfrage nach Wasser aber steigt. «Die OECD prognostiziert, dass der Wasserbedarf in den nächsten dreissig Jahren mit denselben Wachstumsraten steigen wird, wie in den letzten dreissig Jahren», so Zimmermann von der Credit Suisse. «Bis 2050 würde dies einen geschätzten Anstieg des globalen Wasserverbrauchs um circa 35 Prozent bedeuten.»

Der Mehrbedarf ist einerseits auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen. Bis 2025 soll es acht Milliarden Menschen geben, bis 2050 zehn Milliarden. Dabei ist der direkte Wasserkonsum noch das kleinere Problem. Von grösserer Bedeutung ist der Wasserbedarf in der Landwirtschaft. Ihr Bedarf beträgt heute schon 69 Prozent allen Frischwassers.

Die Menschen konsumieren anderseits auch immer mehr Wasser pro Kopf. In den Entwicklungs- und Schwellenländern nimmt die Mittelklasse zu, und diese pflegt meist einen westlichen Lebensstil. Das bedeutet: mehr Wasser für Körperhygiene und Reinigung des Haushalts. Aber vor allem auch: mehr Fleischkonsum. «Eine Ernährung mit 20 Prozent Fleisch verdreifacht fast die pro Person benötigte Menge an Wasser», schreibt die UBS. Denn für ein Kilogramm Rindfleisch werden 15 415 Liter benötigt, für ein Kilogramm Schweinefleisch immerhin noch 5988 Liter. Dagegen braucht es nur 1608 Liter für ein Kilogramm Brot und gar nur 287 Liter für ein Kilogramm Kartoffeln.

Zudem kauft der neue Mittelstand auch vermehrt Konsumgüter, deren Produktion mit einem grossen Wassereinsatz einhergeht – etwa Kleider und elektronische Geräte. Viel Wasser wird für die Energieerzeugung benötigt, vor allem für die Stromproduktion in thermischen Kraftwerken. «Obwohl derzeit die Landwirtschaft 69 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs ausmacht», sagt Jens Zimmermann von der Credit Suisse, «dürfte der Grossteil des künftigen Wasserbedarfs auf den Industriesektor und die Energieerzeugung entfallen.»

Die UNO hat sich als Ziel gesetzt, bis 2030 Wasser und Sanitärversorgung für alle zu gewährleisten – dies im Rahmen ihrer Ziele für nachhaltige Entwicklung. Die enormen Investitionen, die für die Zielerreichung nötig sind, werden wohl vor allem von privater Seite kommen. «Beschränkte öffentliche Budgets zeigen, dass der Privatsektor eine viel grössere Rolle spielen wird als in der Vergangenheit», schreibt die UBS. Die Wasserquellen selber und damit der Zugang zum lebensnotwendigen Wasser sollten zwar nicht privatisiert werden, ist Gerhard Wagner von Swisscanto Invest überzeugt. «Die Aufbereitung, der Transport und der effiziente Einsatz von Wasser dürfen aber einen Preis haben und können von privaten Akteuren betrieben werden.»

Dieser Preis ist oft höher, wenn private Unternehmen statt öffentlicher Betriebe für die Wasserversorgung zuständig sind. Laut der Organisation Food & Water Watch kostet Wasser in den USA bei privaten Versorgern 59 Prozent mehr als bei staatlichen Betrieben. Das Interesse von Investoren hänge aber stark von der Preishöhe ab, sagen die Spezialisten. «Es ist schwierig, private Investoren für den Bau von Wasserinfrastruktur zu gewinnen, da die Wasserpreise meist nicht hoch genug sind, um eine attraktive Rendite auf die getätigten Investitionen zu erzielen», betont Jens Zimmermann von der Credit Suisse. «Die Tatsache, dass die Qualität der Wasserinfrastruktur in Gebieten mit höheren Wasserpreisen häufig besser ist, scheint diese Tendenz zu unterstützen.»

Der Wassermarkt ist krisenfest

Die gesamten Umsätze im Wassermarkt betragen heute rund 655 Milliarden Dollar. Dazu zählen nicht nur die Wasseraufbereitung und die Abwasserbehandlung, sondern auch der Aufwand für Wasserentsalzung, die Bereitstellung von Röhren und Pumpen oder der Einsatz von Automation und sogenannten intelligenten Wasser-Netzwerken. Laut der UBS wächst der Wassermarkt jährlich «mit einer mittleren einstelligen Prozentzahl».

Privatanleger können sich an der Wasserwirtschaft beteiligen, indem sie direkt in spezialisierte Unternehmen investieren oder indem sie sich über einen der zahlreichen Fonds engagieren. Der Wassermarkt ist relativ krisenfest, da Wasser unabhängig von der Konjunktur immer nachgefragt ist. Für Privatanleger seien Investitionen in den Wassersektor interessant, sagt Gerhard Wagner von Swisscanto Invest, «weil sie dadurch an der Entwicklung von überdurchschnittlich wachsenden und profitablen Unternehmen teilhaben können sowie gleichzeitig einen Beitrag leisten zur Lösung eines wichtigen Problems». Ein positiver «Impact» geht also zusammen mit einer attraktiven Rendite.

Dieser Artikel erschien zuerst auf handelszeitung.ch unter dem Titel: "Natürliche Ressource: Wie Anleger in Wasser investieren können".