Die verschiedenen Turbulenzen an den Finanzmärkten im ablaufenden Jahr gingen auch am ausserbörslichen Aktienhandel nicht spurlos vorbei. Die Performance von nichtkotierten KMU gleicht einem Nullsummenspiel, wie ein Blick auf den entsprechenden Index zeigt. Im Vergleich zum Schweizer Leitindex SMI, der bis dato 4 Prozent verliert, ist das aber immer noch eine ansehnliche Bilanz.

Ganz besonders auffallend ist die viel geringere Schwankung der ausserbörslichen Titel im Vergleich mit dem "offiziellen" Schweizer Aktienmarkt. Ein Beispiel: Als die Schweizerische Nationalbank Mitte Januar den als sicher geltenden Franken-Mindestkurs zum Euro aufhob, rasselte der Swiss Market Index (SMI) mehr als 14 Prozent in die Tiefe. Der Index für ausserbörsliche Aktien schwächte sich hingegen nur um etwa 2 Prozent ab. Das hat vor allem damit zu tun, dass diese Titel viel eher als langfristige Investments gehalten werden und weniger von Spekulanten dominiert sind. So gibt es diesem Segment auch keine Derivate.

Zudem verhindert die vielerorts mangelnde Liquidität einen regen Handel, da sich viele Gesellschaften in Familienhand befinden. Es kann sein, dass eine Aktie tagelang nicht gehandelt wird. Die daraus entstehenden Vorteile sind nicht zu verachten, wie Andreas Langenegger, Aktienspezialist bei der Berner Kantonalbank, gegenüber cash sagt: "Aufgrund der geringeren Volatilität des Marktsegmentes können Anleger in unsicheren Zeiten mit einem Investment in ausserbörsliche Titel sicher besser schlafen. Zudem verfügen viele Gesellschaften über eine sehr hohe Substanz."

So schafft es die Aktie von Holdigaz, die in diesem Jahr auf eine Performance von 3,5 Prozent kommt, auch in den Aktienfonds AMG Substanzwerte Schweiz, notabene seit Jahren einer der erfolgreichsten aktiv betreuten Fonds des Landes.

Menzi Muck klettert kräftig

Weil die nichtkotierten Aktien nicht über die Börse, sondern über spezielle Plattformen gehandelt werden, haben sie auch den Übernamen "Over the counter"-Aktien (was so viel heisst wie "über den Tresen"). Einer der Stars des Tresen-Handels ist seit mehreren Jahren der St. Galler Baggerhersteller Menzi Muck. Die Firma gehört zur Menzi Muck Gruppe, die an weiteren Ostschweizer Unternehmen beteiligt ist. Im laufenden Jahr ist die Aktie von 130 auf 174 Franken geklettert (siehe Tabelle). Die Bagger gelten als sehr innovativ und als internationale Branchenleader. Zu Beginn des Jahres präsentierte Menzi Muck mit dem Menzi Master M515 eine Weltneuheit.

Mit einem Plus von 21 Prozent sorgte auch die Genfer Privatklinik Générale Beaulieu für Aufsehen. Der Kurssprung ist allerdings auf ein Einzelereignis zurückzuführen: Spekulationen auf eine Übernahme durch die zu Aevis Victoria gehörende Klinikgruppe Genolier Swiss Medical Network. Noch ist der Deal nicht im Trockenen, aber die Anleger hoffen offenbar, dass ein möglicher Kaufpreis über dem Börsenwert der Firma liegt.

Mit den Pilatus-Bahnen (+11 Prozent) und der Schilthornbahn (+10 Prozent) reihen sich zwei Bergbahnen weit oben ein. Ein Trend, der sich auch an der Schweizer Börse zeigt, wo BVZ Holding und Titlisbahnen zu den Top-Aktien 2015 zählen. Das gilt allerdings nicht für alle Betreiber. Denn mit dem Wegfall der Euro-Untergrenze teilt sich die Schweizer Bahnen in vermehrt in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft auf, wie die Berner Kantonalbank in einer aktuellen Studie schreibt. Auf der einen Seite stehen Betriebe mit einem starken Sommergeschäft und Fokus auf asiatische Kunden. Auf der anderen Seite Bahnen mit grossem Wintergeschäft und vielen Kunden aus der Schweiz und aus dem Euro-Raum.

Segment wird weiter wachsen

Am unteren Ende der Rangliste stehen Firmen wie die Neue Zürcher Zeitung (-14 Prozent), die stark wachsende Versandapotheke Zur Rose (-4 Prozent) oder die Schweizer Zucker AG (-43 Prozent). Letztere leidet unter dem Zusammenbruch des Zuckerpreises, was im letzten Geschäftsjahr den Umsatz um 10 Prozent nach unten drückte. Trotz der niedrigen Bewertung und einer Dividendenrendite von 2,9 Prozent findet die Zucker-Aktie kaum Käufer.

Mit Blick auf das nächste Jahr stellt sich die Frage, wie die Perspektiven für OTC-Aktien aussehen. Die Gesellschaften sind mit den gleichen strukturellen wie konjunkturellen Herausforderungen konfrontiert, wie die börsenkotierten Gesellschaften. Doch bleibt die Stimmung an den grossen Börsen verhalten, wie es viele Beobachter erwarten, sind die Aussichten für ausserbörsliche Aktien dennoch gut. Denn aufgrund des Anlagenotstands im aktuellen Negativzinsumfeld ist eine Zunahme des Anlegerinteresses am ausserbörslichen Segment zu erwarten, sagt Andreas Langenegger. Die Firmen überzeugen durch Stabilität, hohe Substanz und nachhaltige Dividenden.

Und noch etwas dürfte den OTC-Markt antreiben. Immer mehr Firmen, welche aus regulatorischen und finanziellen Gründen die SIX verlassen, bereichern das Segment für ausserbörslichen Handel. Ein Trend, der anhalten wird, wie mehrere Experten glauben.
 

Top 10 der ausserbörslich gehandelten Aktien 2015

Titel Performance seit 1.1.2015, in %
Menzi Muck +34
Générale Beaulieu Holding +21
Kongress & Kursaal Bern +21
EW Jona-Rapperswil +14
Pilatus Bahnen +11
Wasserwerke Zug +11
Bernexpo Holding +10
Casainvest +10
Schilthornbahn +10
Bad Schinznach +9

Flop 10 der ausserbörslich gehandelten Aktien 2015

Titel Performance seit 1.1.2015, in %
Schweizer Zucker -43
Cendres + Métaux -27
Zürichsee-Fähre -18
Neue Zürcher Zeitung -14
Plaston Holding -13
Soc. Suisse des Explosifs -10
Auto AG Holding -10
Sunstar Holding -10
Rapid Holding -9
Grand Resort Bad Ragaz -8

Quelle: cash.ch, Stand: 18.12.2015