Der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wird das zweite Mal in Folge bei 0,00 Prozent belassen, wie die Zentralbank am Donnerstag mitteilte. Der Entscheid war so an den Märkten erwartet worden. Hier die Reaktion von Experten:
Karsten Junius, Chefökonom J. Safra Sarasin:
«Am wichtigsten ist, dass die SNB das Inflationsziel bei 0,8 Prozent beliess. Dies deutet darauf hin, dass sie das aktuelle Leitzinsniveau für ausreichend niedrig hält, um die Wirtschaft anzukurbeln und ihr Inflationsziel zu erreichen. Die SNB senkte ihre Inflationsprognose für 2026 auf lediglich 0,3 Prozent und signalisiert damit, dass sie auf eine längere Phase niedriger Inflation in den kommenden Quartalen vorbereitet ist. Das Belassen des Leitzinses bei 0 Prozent impliziert zudem, dass diese niedrigen Inflationsraten nicht ausreichen werden, um eine weitere Zinssenkung auszulösen.
Wir erwarten keine Leitzinsänderungen im Jahr 2026 und prognostizieren die erste Zinserhöhung im zweiten Halbjahr 2027. Unsere Prognose basiert auf der Annahme einer allmählichen Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro auf 0,91 bis Ende 2026.»
Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank:
«Die SNB macht das einzig richtige und belässt ihre Leitzinsen bei 0 Prozent. Zwar fiel die Inflationsrate im November wieder auf 0 Prozent, doch wie auch die bedingte Inflationsprognose der SNB zeigt: Die Teuerungsentwicklung zeigt zumindest in moderatem Umfang nach oben und nicht weiter nach unten. (...) Die SNB wird aus unserer Sicht über einen längeren Zeitraum ihren Leitzins bei 0 Prozent belassen. Nur wenn die SNB mit dem Rücken zur Wand stehen würde, weil sich etwa nachhaltig negative Inflationsraten abzeichnen, käme eine Reduktion des Schlüsselzinses in den negativen Bereich in Betracht. Bleibt dies aus, geht der nächste Zinsschritt nach oben und nicht nach unten.»
Thomas Rühl, Anlagechef Schwyzer Kantonalbank:
«Die SNB verlängert ihre Pause und belässt den Leitzins im Dezember bei 0 Prozent. Aus unserer Sicht ist die Deflationsgefahr aber noch nicht vom Tisch. Die Konsumentenpreise sind im November entgegen der Erwartungen der SNB zum zweiten Mal in Folge im Vormonatsvergleich gefallen. Die bedingte Inflationsprognose fällt demnach kurzfristig etwas tiefer aus, bleibt aber mittelfristig unverändert. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass Negativzinsen damit aufgeschoben, aber nicht aufgehoben sind. In unserer aktualisierten Zinsprognose erwarten wir, dass der SNB-Leitzins im ersten Halbjahr 2026 auf -0.25 Prozent sinkt. Damit dürfte auch der SARON und die Swap-Zinsen leicht sinken.
Daniel Hartmann, Chefökonom Bantleon:
«Insgesamt sind die Äusserungen der SNB eher falkenhaft ausgefallen. Leitzinssenkungen stehen vorerst offenbar nicht auf der Tagesordnung. (...) Wir halten daran fest, dass der SNB-Leitzins in den nächsten Monaten bei 0,00 Prozent bleibt. Ab dem Frühjahr sollte mit der anziehenden Konjunktur der Druck deutlich abnehmen, die Leitzinsen nochmals zu senken.»
Stefan Gerlach, Chefökonom EFG International:
«Die Inflation ist niedrig, aber nicht besorgniserregend, die Wirtschaft zeigt Anzeichen einer Erholung und der Wechselkurs erfordert keine sofortigen Massnahmen. Der Leitzins der SNB von null Prozent wird bereits als expansiv eingeschätzt. Die SNB kann bei Bedarf auf Devisenmarktinterventionen zurückgreifen, sollte der Franken stärker werden. Zweitens hat Präsident Schlegel wiederholt betont, dass eine vorübergehende Phase leicht negativer Inflation kein Grund zur Sorge sei und dass die Hürden für die Wiedereinführung negativer Zinsen hoch liegen. Die Bank dürfte daher vorerst an ihrer Politik festhalten, sich aber die Möglichkeit offenhalten, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren. Die gestrige Zinssenkung der Fed dürfte diese Einschätzung in Zukunft kaum ändern. Der US-Dollar ist für die Schweiz weit weniger wichtig als der Euro, und die grossen Renditedifferenzen gegenüber Deutschland begrenzen den Aufwärtsdruck auf den Franken. Eine Zinssenkung durch die EZB hätte zwar grössere Auswirkungen auf den Wechselkurs, ist aber nach wie vor sehr unwahrscheinlich.
Philipp Burckhardt, Fixed Income Stratege und Portfolio Manager bei Lombard Odier IM:
Die SNB bleibt ihrer Linie treu und erachtet die Geldpolitik weiterhin als angemessen expansiv. Konsequenterweise bleibt der Leitzins im Dezember unverändert. Die Inflation hat noch im November leicht die SNB-Erwartungen enttäuscht und ist auf Monatsbasis wiederum um 0.2 Prozent gesunken, was zu einer Jahresteuerung von 0 Prozent führt. Die SNB hat dementsprechend auch die Inflationsprognose leicht nach unten korrigiert. Zusammen mit einer tiefen BIP-Wachstumsrate von 0.5 Prozent reicht dies aber noch nicht aus, um in negative Zins-Sphären vorzudringen. Der Schweizer Franken hat im Gegenzug über die letzten Wochen abgewertet, was wiederum vorwärtsblickend den Deflationsdruck auf den Importen abschwächt. Ebenso hilft der SNB, dass Europa ein hohes Zinsdifferential zur Schweiz hat, die Zinsen also weit auseinanderliegen, und noch vor ein paar Tagen eine Leitzinserhöhung als nächsten Zinsschritt diskutiert hat. Wir erwarten weiterhin keine Zinsschritte in den negativen Bereich.
Philipp Merkt, Anlagechef Postfinance:
«Der Handlungsdruck ist aktuell zu gering für eine Rückkehr zu Negativzinsen. Die Inflation liegt im Ziel- band der SNB, der Schweizer Franken ist fair bewertet und die Geldpolitik wirkt bereits heute expansiv. (...) Der Druck auf die SNB dürfte mittelfristig zunehmen. Die Wirtschaftsentwicklung bleibt fragil und auch die Inflation droht sich noch weiter abzuschwächen.»
Julien Savioz, Devisenexperte bei Alpinex:
«Der heutige Zinsentscheid kommt nicht überraschend. Die SNB bestätigt damit, was sie in den letzten Monaten klargemacht hat: Dass sie Negativzinsen vermeiden will. (...) Unterstützt wird die Zinspause von der Währungsseite: Der Euro/Franken-Kurs hat sich in den letzten Wochen wieder erholt und handelte zeitweise bei knapp 0.94. Wir erwarten, dass Negativzinsen für den Moment vom Tisch sind, haben aber Zweifel daran, dass die Inflation tatsächlich im positiven Bereich bleibt. Interventionen dürften vorerst das Mittel der Wahl bleiben, falls sich der Schweizer Franken kurzfristig wieder stark aufwerten sollte.»

