Die Aktien von Netflix verloren am Mittwoch 35 Prozent, nachdem der Streaming-Anbieter einen Rückgang der Abonnenten im ersten Quartal und einen noch stärkeren Rückgang im laufenden Quartal prognostiziert hatte. Der Kursverlust seit Jahresbeginn summiert sich damit auf 62 Prozent - die schlechteste Performance im S&P 500. Gegenüber dem Allzeithoch von Anfang November hat der Titel sogar 67 Prozent verloren.

Netflix hatte im ersten Quartal unter dem Strich 200'000 Abonnenten verloren. Ursprünglich wollte der Streaming-Dienst 2,5 Millionen Abonnenten hinzugewinnen. Netflix leidet dabei nicht nur unter Ukraine-Krise - 700'000 Abos gingen in Russland durch die Einstellung des Dienstes verloren - , sondern auch unter einer Sättigung der Märkte. Zudem wird die Konkurrenz von Disney, Apple und Warner Media stärker, die Milliarden von Dollar ausgeben, um dem Streaming-Pionier Netflix die Kunden abzujagen. Auch konkurriert der Streaming-Anbieter mit Video-Websites wie YouTube und TikTok und anderen Unterhaltungsangeboten.

Kursentwicklung der Netflix-Aktien seit Januar 2021 (Quelle: cash.ch).

Zu den Investoren, die am Mittwoch die Papiere ins Schaufenster stellten, gehörte auch Bill Ackmans Hedgefonds Pershing Square Capital Management. Der aktivistische Investor nutzte Anfang Jahr eine deutliche Kurskorrektur - bereits damals gab es Bedenken hinsichtlich der Abonenntenbasis - bei Netflix für eine Milliarden-Dollar-Wette. Sein Unternehmen Pershing Square hatte Ende Januar mehr als 3,1 Millionen Netflix-Aktien erworben, was einem Anteil von rund 1,1 Milliarden Dollar entsprach. Mit einem Anteil 0,7 Prozent gehörte Ackman bis zuletzt zu den 20 grössten Aktionären des Streaming-Riesen.

Verhersarbeit bei Netflix nicht mehr gegeben

Obwohl Ackman dazumals für den Mitbegründer und Co-CEO von Netflix, Reed Hastings, nur lobende Worte übrig, das Unternehmen selbst als "bemerkenswert" bezeichnet und gegenüber Investoren von einer attraktiven Bewertung gesprochen hatte, zog dieser am Mittwoch die Reissleine. Die Konsequenz der Netflix-Wette: Ein Verlust von etwa 435 Millionen Dollar. Zum Börsenschluss am Mittwoch wäre sein Anteil an dem Unternehmen etwa 700 Millionen Dollar wert gewesen. Ein Vertreter von Pershing Square lehnte es ab, sich zur Höhe des Verlustes zu äussern.

In seinem Brief an die Aktionäre vom Mittwoch sagte Ackman, dass sein Fonds im Jahr 2022 insgesamt um 2 Prozent gefallen ist. Er habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und würde deshalb schlechte Wetten frühzeitig beenden. Er sagte zudem, er werde das Geld aus dem Verkauf der Netflix-Beteiligung in andere Gelegenheiten umschichten. Dies ist ein kleiner Trost für die Investoren, versprach er doch, sich bei Netflix auf einen "langfristigen Horizont" zu konzentrieren.

"Obwohl das Geschäft von Netflix einfach zu verstehen ist, haben wir angesichts der jüngsten Ereignisse das Vertrauen in unsere Fähigkeit verloren, die Zukunftsaussichten des Unternehmens mit ausreichender Sicherheit vorherzusagen", begründete Ackman in einem Brief an die Investoren seine Kehrtwende. Pershing Square, das derzeit mit 21,5 Milliarden Dollar investiert ist, kauft jeweils nur Aktien von etwa einem Dutzend Unternehmen und benötigt ein "hohes Mass an Vorhersehbarkeit" bei seinen Portfoliounternehmen, führte Ackman weiter aus. 

Netflix ist nicht der erste grosse Verlust von Ackman

Netflix ist nicht der erste grosse Verlust für den milliardenschweren Investor. Ackman gab sich nach einem Streit mit Carl Icahn mit einer Short-Position in Herbalife geschlagen und verbuchte einen Verlust von 4 Milliarden Dollar bei seiner fehlgeleiteten Wette auf Valeant Pharmaceuticals International. Er hatte auch Schwierigkeiten, ein Ziel für sein Blankoscheck-Unternehmen Pershing Square Tontine zu finden, das im Juli 2020 bei einem Börsengang 4 Milliarden Dollar einnahm und noch keine Fusionstransaktion abgeschlossen hat. 

Ackman hat es jedoch geschafft, sein Vermögen in den letzten Jahren zu verbessern, einschliesslich zweier Rekordjahre für die Renditen seines in New York ansässigen Hedgefonds in den Jahren 2019 und 2020. 

Netflix, das "N" in den sogenannten FAANG-Aktien, ist nun der gefallene Engel dieser Gruppe. Das Unternehmen, das die Idee des Binge-Watching mit Serien wie "Squid Game" und "Bridgerton" erfunden hat, hat sein altes Spielbuch über Bord geworfen und sucht nach neuen Wegen, um die Einnahmen zu steigern. Das Unternehmen erwägt, eine werbefinanzierte Version anzubieten und gegen Kunden vorzugehen, die ihre Passwörter an Freunde und Familie weitergeben - beides Anzeichen dafür, dass die einfachen Tage des Abonnentenwachstums vorbei sind.

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.

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