«Hast du den neuen Song von Ed Sheeran schon gestreamt» – «Die Serie 'Squid Game' habe ich direkt durchgebingt.» Solche Sätze sind längst Teil unseres Alltags, seit sich die ersten Streaming-Versuche Mitte der 1990er-Jahre zu einem Milliardenmarkt entwickelt und die Unterhaltungsindustrie umgekrempelt hat.

Doch der entscheidende Schub kam erst mit der Einführung von Youtube im Jahr 2005. Und als zwei Jahre später, Netflix Video-on-Demand einführte, ein Abo-Modell wo man für  eine monatliche Gebühr Zugang zu einer riesigen Bibliothek von Filmen und Serien erhält, hat sich die Art wie wir Musik, Filme oder Serien konsumieren, grundlegend verändert. Streaming ist heute so selbstverständlich, dass der englische Begriff im Duden ohne deutsche Übersetzung aufgeführt ist.

Die Kombination aus schnellem Breitband, der weit verbreiteten Nutzung von Smartphones und veränderten Verbrauchergewohnheiten haben den Streaming-Markt die letzten Jahre befeuert. Und es soll so weiter gehen. Getrieben durch die Möglichkeiten von KI erwarten Analysten in den kommenden fünf Jahren, dass der Markt auf über 400 Milliarden Dollar anwachsen wird, ein Plus von mehr als 21 Prozent pro Jahr.

Doch hinter dem scheinbar mühelosen Klick auf «Play» läuft der Wettbewerb um Marktanteile und Rendite. Dabei heben sich vier Streaming-Anbieter hervor. Für Anleger stellt sich daher die Frage: Haben sie das Zeug auch in Zukunft erfolgreich zu sein?

Netflix - die Pionierin

Netflix ist mit einer Marktkapitalisierung von rund 515 Milliarden Dollar an der Börse deutlich mehr wert als Konkurrenten wie Walt Disney (218 Milliarden Dollar), Comcast (129 Milliarden Dollar) oder Warner Brothers (31,5 Milliarden Dollar). Ende 2024 zählte der Streaming-Gigant 302 Millionen Abonnenten. Seit 2025 verzichtet Netflix jedoch auf die Veröffentlichung von Nutzerzahlen. Die Investoren sollten sich auf Gewinn- und nicht Abozahlen fokussieren, so der Konzern.

Im zweiten Quartal 2025 erzielte der Konzern 3,1 Milliarden Dollar Nettogewinn bei einem Umsatz von 11,1 Milliarden Dollar. Die Profitabilität ist dank Preiserhöhungen, werbefinanzierten Abos und erfolgreichen Produktionen wie «Squid Game» weiter gestiegen.

Und Netflix will mehr. Medienberichten zufolge prüft der Streaming-Anbieter Live-Konzerte zu übertragen und erwägt eine Bewerbung um die US-Übertragungsrechte der Formel-1.

Die Aktie fiel im Frühjahr nach den Zollankündigungen von US-Präsident Trump kurzfristig auf 800 Dollar, erreichte Anfang Juli aber ein neues Allzeithoch von 1323 Dollar. Derzeit legt der Titel eine Verschnaufspause ein bei 1213 Dollar.

Auf lange Sicht gehört Netflix ohnehin zu den erfolgreichsten Techwerten: In den vergangenen 20 Jahren stieg der Kurs um das 550-Fache, ähnlich wie bei Nvidia, das vom KI-Boom profitierte.

Trotz der jüngsten Rally empfehlen die meisten Analysten bei Bloomberg die Aktie weiterhin zum Kauf. Lediglich zwei Verkaufs-Empfehlungen liegen vor. Die Experten verweisen auf starkes Wachstum in Nordamerika, Australien und Neuseeland sowie Unterstützung durch den schwachen Dollar.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 51 ist der Titel zwar nicht günstig, gilt aber angesichts der Branchenentwicklung unter Branchenkennern als gerechtfertigt. Investoren müssen jedoch auf Dividenden verzichten.

Disney+ – die Content-Königin

Die Walt Disney Company ist vergleichsweise spät ins Streaming-Geschäft eingestiegen. Seit dem Start von Disney+ im Jahr 2019, zusammen mit den beiden weiteren Streamingangeboten Hulu und ESPN+, hat der Konzern die Zahl der Abonnenten bis Anfang 2025 auf über 180 Millionen gesteigert und sich damit binnen kurzer Zeit weltweit zum drittgrössten Streaminganbieter entwickelt. Mit dem Zugriff auf das eigene Archiv und Marken wie Marvel, Pixar oder Star Wars verfügt Disney+ über exklusive Inhalte, die eine treue Fanbasis sichern.

Nach Jahren hoher Investitionen schreibt die Streaming-Sparte dieses Jahr erstmals schwarze Zahlen: Im zweiten Quartal 2025 lag das operative Ergebnis bei 0,3 Milliarden Dollar, der Umsatz bei rund 6 Milliarden Dollar.

Trotz dieser Fortschritte bleibt die Streaming-Sparte im Vergleich zu den klassischen Geschäftsfeldern (Freizeitparks, Kino und TV) ein kleiner Teil gemessen am Gesamtumsatz.

Die Disney-Aktie notiert derzeit bei rund 117 Dollar, das sind rund 42 Prozent unter ihrem Allzeithoch von 184 Dollar, das sie im zweiten Frühjahr der Corona-Pandemie erreicht hatte.

An der Börse gilt Disney dennoch als möglicher Turnaround-Kandidat. Rund 80 Prozent der bei Bloomberg erfassten Analysten empfehlen die Aktie zum Kauf, nur eine Verkaufsempfehlung liegt vor. Zudem zahlt Disney Dividenden, die in den kommenden fünf Jahren um 2,6 Prozent wachsen sollen.

Amazon – Prime als Kundenmagnet

Mit Amazon Prime Video mischt auch der E-Commerce-Riese im Streaming-Geschäft mit. Amazon ist längst ein ernstzunehmender Konkurrent für reine Streaming-Anbieter wie Netflix geworden. Jeff Bezos’ Konzern mischt im Streamingmarkt erst richtig mit, nachdem er 2011 den den britischen Video-on-Demand-Anbieter Lovefilm übernommen hatte und drei Jahre später als Amazon Prime Video auf den Markt brachte.

Ende 2024 verzeichnete Amazon rund 230 Millionen Prime-Mitglieder, die neben dem Streaming-Angebot auch von Versandvorteilen und weiteren Services profitieren. Schätzungen zufolge nutzen mehr als 200 Millionen Kunden den Videodienst regelmässig. Damit liegt Amazon Prime Video im globalen Ranking direkt hinter Netflix und noch vor Walt Disney.

Inhaltlich setzt Amazon auf einen Mix aus Hollywood-Produktionen, Live-Sportrechten und Eigenproduktionen für die hohe Investitionen nötig sind, die im vergangenen Geschäftsjahr rund 18 Milliarden US-Dollar gekostet haben sollen.

Die Amazon-Aktie profitiert derzeit aber nicht nur vom wachsenden Streaming-Geschäft, sondern vor allem von der Stärke der Handels- und Cloud-Sparte (AWS). Streaming dient für den E-Commerce-Händler als strategisches Bindeglied, um Kunden langfristig an das Prime-Ökosystem zu binden.

Die Amazon-Aktie notiert aktuell bei 223 Dollar. Noch im Frühling erreichte sie mit 242 Dollar ihr Allzeithoch. Die bei Bloomberg erfassten Analysten sehen weiteres Aufwärspotential von fast 18 Prozent. Ensprechend vergibt eine grosse Mehrheit der Analysten (91,5 Prozent) eine Kauf-Empfehlung ab, die übrigen sieben raten zum Halten. Eine Verkaufsempfehlung liegt nicht vor. Aber auch Amazon zahlt keine Dividenden.

Spotify - der Musikgigant

Auch wenn Spotify kein Video-on-Demand-Dienst ist, gehört es im Streaming-Geschäft zu den Grossen, das in der Musikbranche seinesgleichen sucht. Mit rund 600 Millionen monatlich aktiven Nutzern, davon knapp die Hälfte zahlende Abonnenten, ist Spotify weltweit klarer Marktführer.

Doch das zweite Quartal 2025 brachte einen spürbaren Dämpfer. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich zwar um 10 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, blieb damit aber hinter den Erwartungen zurück. Zusätzlich belasten gestiegene Finanzierungskosten und höhere Steuern die Unternehmensergebnisse. Unter dem Strich schrieb der Konzern im zweiten Quartal einen Verlust von 86 Millionen Euro, nachdem im Vorjahr noch ein Gewinn von 274 Millionen Euro erzielt worden war.

Die Aktie, die seit Jahresbeginn mehr als 57 Prozent zugelegt hatte, reagierte prompt und sackte auf ein Mehrmonatstief ab. Derzeit notiert der Kurs bei rund 704 Dollar und liegt damit nahe ihrem Allzeithoch. Analysten sehen weiteres Potenzial: Im Schnitt liegt das Kursziel bei etwa 740 Dollar, was einem Anstieg von 5 Prozent entspricht.

Die Mehrheit der Experten ist positiv gestimmt – fast zwei Drittel der Analysten empfehlen den Titel zum Kauf, der Rest rät zum Halten, Verkaufsbewertungen gibt es nur zwei. Mehrere Investmenthäuser haben ihre Kursziele für Spotify zuletzt angehoben: Guggenheim etwa sieht Spotify bei 850 Dollar, während Oppenheimer ein Kursziel von 825 Dollar nennt. Damit gilt die Aktie trotz der jüngsten Rückschläge als attraktiver Wachstumswert im Streaming-Sektor.

Streaming-Aktien: Chancen ja, aber…

Auch wenn Streaming nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken ist, ist ein Investment in Streaming-Aktien kein Selbstläufer. Innerhalb des Marktes gibt es nur wenige grosse Marktteilnehmer, zwischen denen der Konkurrenzkampf gross ist.

Für gewöhnlich sind Streaming-Aktien sehr wachstumsintensiv. Folglich weisen diese Aktien hohe Bewertungen auf und schütten keine oder nur eine sehr geringe Dividende aus.

Allein die Tatsache, dass sich Tech-Aktien wie Amazon, aber auch Meta oder Apple in den letzten Jahren eigene Streaming-Dienste aufgebaut haben, zeigt, wie wichtig der Markt künftig sein wird.

Bei einem Investment in Streaming Aktien gilt es deshalb zu unterscheiden, ob man eine reine Streaming-Aktie wie Netflix oder Spotify bevorzugt oder ein breiter aufgestelltes Unternehmen wie Disney oder Amazon, bei dem das Streaming-Segment  einen kleinen Anteil am Umsatz ausmacht.

Monique Misteli
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