Die neue Konzernchefin Evelyn Palla will die Deutsche Bahn mit vielen kleinen Massnahmen wieder auf Kurs bringen. 2026 werde das Jahr des Umbaus. «Wir machen die Bahn schlanker», sagte die gebürtige Südtirolerin vergangene Woche in Berlin zu Journalisten. So sollten die Vorstände und Führungsgremien verkleinert werden. In der Holding sollen mindestens 30 Prozent der Jobs wegfallen - von aktuell rund 3500 Stellen. Palla rechnet aber nicht mit schnellen Erfolgen. Die Geschäftszahlen sollten sich langsam verbessern, ebenso wie die Pünktlichkeit der ICE-Züge.
Ab Januar greift eine neue Konzernstruktur. Entscheidungen sollen dann näher am Kunden getroffen werden. «Wir brauchen Konsequenz.» Es dürfe keine Kultur mehr geben, sich immer zu entschuldigen, stattdessen müsse Verantwortung übernommen werden. Das bisherige Sanierungsprogramm S3 werde zum Jahresende beendet. Es solle künftig keine übergelagerte Konzernsteuerung mehr geben, sondern eine Steuerung der operativen Einheiten Fernverkehr, Regionalverkehr und der Frachtsparte.
Ab Anfang 2026 starten drei Sofortprogramme. Sie sollen die Informationen für Reisende, die Sauberkeit und die Sicherheit verbessern. «Allein dafür nimmt die DB 2026 mehr als 140 Millionen Euro zusätzlich in die Hand», kündigte der Konzern an. Palla will sich persönlich in die Qualitätssteuerung einbringen. Die Fortschritte sollten alle paar Wochen überprüft und in den Zielen der Mitarbeiter der operativen Einheiten verankert werden.
Der Konzernvorstand wird von acht auf sechs Posten verkleinert. Ähnlich wird bei den Töchtern vorgegangen. Zudem wird die erste Führungsebene in etwa halbiert. In der Holdinggesellschaft sollen mindestens 30 Prozent der Stellen wegfallen. Die bisherige Vorgabe von 20 Prozent werde ausgeweitet, so Palla. Sie sprach von einer grossen Transformation, ohne ein konkretes Jahr bis zur Zielerreichung zu nennen. In der besonders angeschlagenen Cargo-Sparte werde der neue Vorstand ein eigenes Sanierungskonzept ausarbeiten, das sie noch nicht kenne und das durch Unternehmensberater überprüft werde.
EVG: Bei Kahlschlag werden wir harter Gegner sein
Palla hatte ihr Konzept am Mittwoch dem Aufsichtsrat vorgestellt. Dieser habe den Plänen voll zugestimmt, sagte die 52-Jährige. Die einflussreiche Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sprach von einem ambitionierten Konzept. Die Sofortprogramme sollten die Lage der Kunden verbessern. «Die noch zu entwickelnden Details für den anstehenden Konzernumbau werden wir uns genau ansehen», sagte EVG-Chef Martin Burkert. «Wenn Palla überflüssige Hierarchieebenen abschaffen, lange Entscheidungswege verkürzen und stattdessen die Experten vor Ort stärken will, hat sie uns dabei an ihrer Seite.» Sollte sich der Konzernumbau am Ende jedoch als Sparprogramm und Arbeitsplatzabbau herausstellen, werde Palla in der EVG einen harten Gegner finden.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) sagte nach der Eröffnung einer neuen Bahnverbindung zum Berliner Flughafen, es gebe viel nachzuholen bei der Sanierung der Infrastruktur und dafür stehe nun viel Geld zur Verfügung. «Durch diese Zeit müssen wir durch.» Es werde ein Modernisierungsjahrzehnt geben, in dem es schrittweise besser werden sollte. Er ziehe mit Palla an einem Strang.
Die Bahn-Chefin sagte, es gehe zunächst darum, die seit Jahren schlechter werdenden Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr zu stabilisieren. Nächstes Jahr sollten 60 Prozent der Züge dann pünktlich fahren, derzeit seien es deutlich unter 60 Prozent. Bis 2029 hält sie eine Quote von 70 Prozent für realistisch. Damit übernahm Palla von Schnieder genannte Ziele. Unter alter Führung hatte die Bahn bislang schon für 2027 eine Pünktlichkeit von 75 bis 80 Prozent im Fernverkehr angestrebt.
Wirtschaftsrat: Brauchen echt Trennung von Netz und Betrieb
Der Wirtschaftsrat der CDU begrüsste die Pläne. «Sie werden für sich genommen aber nicht die entscheidende Wende einleiten», sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger der Nachrichtenagentur Reuters. «Hier ist die Politik mit einer grundlegenden Strukturreform gefragt.» Es brauche eine echte Trennung von Netz und Betrieb, nur so sei fairer Wettbewerb auf der Schiene möglich. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist zwar eine stärkere Entflechtung der Bahn-Holding von der gemeinwohlorientierten Infrastrukturtochter DB InfraGO vorgesehen, aber keine richtige Trennung.
«Es wird natürlichen keinen Big Bang geben», sagte Palla. Der jahrelange Investitionsstau könne nicht sofort aufgelöst werden. Das Angebot werde die Bahn im jetzt schon überlasteten Schienennetz nicht ausweiten.
Zu den Geschäftszielen der Bahn äusserte sich Palla nicht konkret. Unter dem Strich werde es 2026 vermutlich noch keine schwarze Null geben, eher 2027. Im operativen Geschäft (Ebit) werde dieses Jahr vermutlich ein positives Ergebnis erzielt, das dann 2026 ausgebaut werden solle. Ein Insider hatte Reuters zuletzt gesagt, 2026 plane die Bahn mit einem Umsatz von gut 28 Milliarden Euro. Unter dem Strich dürfte noch ein Verlust von rund 180 Millionen Euro anfallen. Im operativen Geschäft wird aber mit einem positiven Ebit von rund 500 Millionen Euro kalkuliert.
(Reuters/cash)
