"Ich will die lückenlose und saubere Aufklärung der Ereignisse der Ära Vincenz", sagte der interimistische Präsident der Raiffeisen-Gruppe, Pascal Gantenbein, an einer kurzfristig angesetzten Medienkonferenz am Freitag in Zürich. Gantenbein hatte am Donnerstagabend das Präsidium der drittgrössten Schweizer Bank übernommen, da der bisherige Präsident Johannes Rüegg-Stürm per sofort zurückgetreten war. 

Gantenbein sieht seine vordringlichste Aufgabe ebenfalls darin, die Corporate Governance der Bank zu stärken. "Innere Mechanismen und Kontrollen müssen funktionieren". Damit solle auch das Vertrauen in Raiffeisen wiederhergestellt werden.

Gantenbein sprach CEO Patrik Gisel, der ebenfalls an der Medienorientierung anwesend war, sein "vollstes Vertrauen" aus, es liege keine belastende Anhaltspunkte gegen Gisel vor. Dieser steht wegen den Anschuldigungen gegen seinen Vorgänger Pierin Vincenz stark unter Druck, bestreitet jedoch Mitwissen: "Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf ein illegales Verhalten."

Vincenz sitzt seit letzter Woche in Untersuchungshaft in Zürich. Die Oberstaatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung. Vincenz soll bei Firmenübernahmen der Kreditkartengesellschaft Aduno und der Investmentgesellschaft Investnet ein Doppelspiel gespielt und persönlich Kasse gemacht haben. Aduno reichte im letzten Dezember Anzeige ein, Raiffeisen letzte Woche.

Keine Finma-Intervention

Wiederholte Anfragen zum Stand der Untersuchung der Staatanwaltschaft oder zu Details eines Untersuchungsberichtes von Deloitte, den die Finanzmarktaufsicht letztes Jahr bestellt hatte, blockte Gantenbein ab. "Ich will hier keine Schnellschüsse formulieren", sagte er.

Gantenbein will auch den "Erneuerungs- und Verjüngungsprozess" im Verwaltungsrat weiterführen. Gantenbein, der 2017 als unabhängiges Mitglied in das Aufsichtsgremium von Raiffeisen Schweiz gewählt worden war, ist Professor für Finanzmanagement an der Universität Basel. Er bestätigte, dass der Abtritt von Rüegg-Stürm nicht auf Interventioin der Finanzmarktaufsicht zustande kam.

HSG-Professor Rüegg-Stürm hatte den Verwaltungsrat im 50-Prozent-Pensum seit 2011 geführt. Ins Gremium berufen wurde er 2008. Rüegg-Stürm, der die Medienorientierung in Zürich eröffnete, sagte zu seinem Rücktritt: "Ich beweise damit meine Bereitschaft, meinen Teil an der Mitverantwortung zu tragen". Sagte es - und verliess danach den Raum.