Als Favorit gilt bei der Wahl am Dienstag (4. November) in der liberalen Hochburg der 34 Jahre alte linke Demokrat Zohran Mamdani. Er wäre bei einem Wahlsieg der erste muslimische Bürgermeister der Stadt mit mehr als acht Millionen Einwohnern und einer der prominentesten Gegenspieler von US-Präsident Donald Trump.

Ebenfalls auf dem Wahlzettel stehen der frühere Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, und der Republikaner Curtis Sliwa. Der bisherige Amtsinhaber Eric Adams tritt unter anderem nach einem Korruptionsskandal nicht mehr an. Die Wahllokale der Millionenmetropole schliessen am Mittwoch um drei Uhr nachts deutscher Zeit - danach wird mit ersten Ergebnissen gerechnet. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Wahl:

Wer ist Zohran Mamdani ?

Mamdani wurde 1991 als Sohn indischstämmiger Eltern in Uganda geboren; seine Mutter ist Filmemacherin, sein Vater ein renommierter Politikprofessor. Später zog die Familie nach New York. Seit seinem Studium engagiert sich Mamdani politisch und gehört als Mitglied der «Democratic Socialists of America» zum linken Flügel der Demokraten. 2021 zog er für seinen Wahlkreis im New Yorker Stadtteil Queens ins Parlament des Bundesstaats New York ein.

Mamdanis zentrales Thema im Wahlkampf ist die Bezahlbarkeit des Lebens in einer der teuersten Städte der Welt. Er verspricht unter anderem einen Mietendeckel, kostenlose Busse und Gratis-Kinderbetreuung. Zur Finanzierung will er die Steuern für Wohlhabende und Unternehmen anheben.

Der charismatische und betont optimistische Mamdani mobilisierte für seinen nach eigenen Angaben überwiegend aus Kleinspenden finanzierten Wahlkampf Zehntausende Ehrenamtliche - vor allem junge Menschen, Wähler mit Migrationsgeschichte und Gewerkschaften. Intensiv sucht Mamdani, der Anfang des Jahres die Künstlerin Rama Duwaji heiratete, den direkten Kontakt zu Wählern und Wählerinnen - auch zu Trump-Anhängern. Zudem setzt der 34-Jährige auf eine popkulturelle Ästhetik, Humor und eine starke Präsenz in sozialen Medien.

Und wer ist Andrew Cuomo?

Der 67 Jahre alte Cuomo ist Politiker der demokratischen Partei aus Familientradition: Schon sein Vater Mario Cuomo war zwischen 1983 und 1994 Gouverneur des US-Bundesstaats New York. Sohn Cuomo, geschiedener Vater dreier erwachsener Töchter, wurde ab 2011 dreimal hintereinander für dasselbe Amt gewählt.

In der Corona-Pandemie inszenierte sich Andrew Cuomo als Gegenentwurf zu Trump und wurde zum Hoffnungsträger seiner Partei. Fast täglich informierte er live über die Entwicklung des Infektionsgeschehens. Millionen Menschen verfolgten diese Pressekonferenzen, für die Cuomo sogar mit einem Emmy ausgezeichnet wurde. Dann aber wurden Vorwürfe unter anderem der sexuellen Belästigung immer lauter. Im Sommer 2021 trat Cuomo, der von Kritikern häufig als arrogant und stur beschrieben wird, zurück.

Die Bürgermeisterwahl sieht Cuomo als Chance für ein politisches Comeback und präsentiert sich - im Gegensatz zu Mamdani - als Macher mit viel Erfahrung. Nachdem er die demokratische Vorwahl gegen Mamdani verloren hatte, entschloss sich Cuomo als parteiunabhängiger Kandidat trotzdem anzutreten. In den Umfragen lag Cuomo immer hinten, aber viele Menschen kennen und schätzen ihn noch aus seiner Zeit als Gouverneur.

Dann ist da noch Curtis Sliwa - wer ist das?

Der 71 Jahre alte Radiomoderator und Gründer einer Bürgerinitiative für mehr Sicherheit auf den Strassen tritt für die republikanische Partei an. Sliwa, der sich in der Öffentlichkeit meist mit einer roten Barett-Mütze zeigt und nach eigenen Angaben mit etlichen aus dem Tierheim adoptierten Katzen in einer Wohnung in Manhattan zusammenlebt, hatte bereits vor vier Jahren gegen den derzeitigen Bürgermeister Adams verloren. Auch bei dieser Wahl werden der Lokalberühmtheit in der liberalen Hochburg so gut wie keine Chancen eingeräumt.

Und was war da los mit Eric Adams?

Der 65-jährige Ex-Polizist war 2021 zum 110. Bürgermeister der Millionenmetropole gewählt worden, nachdem sein ebenfalls demokratischer Vorgänger Bill de Blasio nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten konnte. Adams hatte vor allem mehr Sicherheit auf den Strassen und in der U-Bahn versprochen.

Seine Amtszeit war dann aber von Skandalen geprägt. 2024 wurde er als erstes Oberhaupt der grössten US-Stadt auf Bundesebene unter anderem wegen Bestechlichkeit angeklagt. Auf Druck von Trump, dem sich Adams nach dessen erneuter Wahl zum US-Präsidenten immer mehr angenähert hatte, wurde die Klage schliesslich fallengelassen. Adams hatte daraufhin eine erneute Kandidatur angekündigt, sich letztendlich aber auch aufgrund extrem niedriger Popularitätswerte dann doch dagegen entschieden.

All diese Umstände führten dazu, dass in der demokratischen Hochburg New York ein politisches Vakuum entstand, das Mamdani mit einem höchst effektiven Wahlkampf füllen konnte und nun als Favorit dasteht.

Was hat all das für eine Bedeutung über New York hinaus?

Eine grosse. New York City ist in den Vereinigten Staaten und weltweit kulturelles sowie finanzwirtschaftliches Zentrum. In den USA hat die Metropole auch politisch eine grössere Bedeutung als andere Städte.

Diesmal aber gilt die Bürgermeisterwahl in der liberalen Millionenmetropole auch als eine Art Richtungsweiser in einem tief gespaltenen Land - vor allem für die demokratische Partei. Ein besseres Feindbild als Mamdani - jung, links, charismatisch, muslimisch und nicht in den USA geboren - könnte sich Trump kaum wünschen. Immer wieder attackierte der Republikaner Mamdani als «verrückten Kommunisten» und drohte, Bundesmittel für New York zu streichen.

Doch beide sprechen die Sprache des Populismus und haben damit Erfolg. Ein Triumph von Mamdani würde die Demokraten somit in eine Debatte über ihren politischen Kurs drängen. Zwischen Mitte und linkem Flügel verlaufen bei den Demokraten tiefe Gräben.

Ein Sieg Mamdanis würde denjenigen Aufwind geben, die fordern, dass die Partei bei den Kongresswahlen 2026 stärker dem linken Flügel folgen soll. «Ein Sieg hier in New York wird den Menschen in unserem ganzen Land und auf der ganzen Welt Hoffnung und Inspiration geben», sagte etwa der linke Senator und Politikveteran Bernie Sanders.

Zweifler halten dagegen, dass sich Mamdanis Ansatz nicht ohne Weiteres auf andere Wahlkämpfe übertragen liesse: Was im liberalen New York funktioniere, könne anderswo eher abschreckend wirken.

(AWP)