Oftmals hat es einen ganz bestimmten Grund, warum Firmen über einen sogenannten SPAC (“Special Purpose Acquisition Company”) an die Börse gehen, also in die leere Hülle einer an der Börse gelisteten Mantelgesellschaft schlüpfen. Es ist ein schneller und unkompliziert Weg, den langwierigen Prozess eines gewöhnlichen IPO (Initial Public Offering) samt all seiner Prüfungsverfahren zu umgehen. Besonders interessant ist dieser Börsengang auf Umwegen für junge Unternehmen, die noch keine Gewinne schreiben, oder gar noch nicht einmal Umsätze erwirtschaften.
So einen Börsengang im Schnelldurchlauf hat vor etwa genau einem Jahr das US-Unternehmen Nikola Motor genutzt, als es ankündigte, mit dem SPAC VectoIQ fusionieren zu wollen. Im Juni 2020 schliesslich “schlüpfte” das im Wasserstoff-Bereich tätige Unternehmen in den Börsenmantel und war ab sofort an der Börse handelbar. Die Aktie schoss innert Kürze bis auf 65 Dollar in die Höhe, um nur wenige Wochen später von der Realität eingeholt zu werden. Leerverkäufe haben sich auf Nikola eingeschossen, was die Aktie abrupt auf 30 Dollar abstürzen liess. Seitdem befinden sich die Titel im stetigen Abwärtstrend.
Kursentwicklung der Nikola-Aktie seit SPAC-IPO im Juli 2018, Quelle: cash.ch.
Am gestrigen Montag war es dann schliesslich soweit: Nach monatelanger Talfahrt erreichte die Nikola-Aktie ihren SPAC-Ausgabepreis von etwa 10,20 Dollar. Im Spiel Monopoly würde man sagen: Zurück auf Los. Nur dass es in diesem Fall noch weiter zurückgehen kann, nämlich Richtung 0 Dollar. Der Fall Nikola zeigt exemplarisch, warum SPAC für Grossinvestoren lukrativ sind, Privatanleger hingegen oft das Nachsehen haben. Letztere befinden sich am Ende der “SPAC-Nahrungskette”.
SPAC-Phasen: Investoren der ersten Stunde sind die Gewinner
Ein SPAC durchläuft mehrere Phasen, bis eine Firma schliesslich in die SPAC-Firmenhülle schlüpft. Zuallererst sammelt ein Gründer, auch “Sponsor” genannt, Geld von institutionellen Investoren ein. Diese Grossinvestoren erhalten Anteile des gegründeten Finanz-Vehikels sowie zusätzliche Optionen, die in jeweilige “Units” von meist 10 Dollar aufgeteilt werden - der spätere Preis für eine Aktie. Mit dem gesammelten Kapital geht der SPAC nun an die Börse. Bis ein Deal zustande kommt, wird das Kapital sicher auf einem Treuhandkonto verwahrt, und in Wertpapiere mit kurzer Laufzeit investiert.
Anschliessend geht die Brautschau los: Die SPAC-Verantwortlichen machen sich auf die Suche nach einem potenziellen Übernahmeziel. Wird ein Unternehmen gefunden oder kommen erste Gerüchte über einen Deal auf, befinden sich die Investoren der ersten Stunde in einer äusserst komfortablen Lage, denn: Gewinnt die Aktie aufgrund der Gerüchte oder der Ankündigungen, können sie mit Gewinn verkaufen. Fällt der Wert, haben die Investoren Anspruch auf Rückgabe der Anteile zum Ausgabewert, zuzüglich angelaufener Zinsen. Die Optionen können in jedem Fall behalten werden. Das Recht auf Rückgabe der Aktie auf Ausgabewert entfällt erst, wenn ein Deal abgeschlossen wird.
Privatanleger am Ende der SPAC-Nahrungskette
Das klingt nach einem Paradies für Grossinvestoren. Für die Bank Bantleon “vereint [ein SPAC] die Ertragsperspektive einer Aktie mit einem Risikoprofil kurzlaufender Staatsanleihen”. Mit anderen Worten: Als Investor der ersten Stunde kann man viel gewinnen, und nichts verlieren.
Das Problem: Für Privatanleger ist es praktisch unmöglich in der ersten Phase eines SPAC dabei zu sein. Er kann erst dann einsteigen, wenn die Aktie den gewöhnlichen Marktrisiken ausgesetzt ist - und befindet sich damit am allerletzten Ende der Nahrungskette. Beim Nikola-Börsengang dürfte es für die früh involvierten Investoren lukrativ gewesen sein. Schliesslich legte die Aktie bereits vor dem endgültigen Deal im Vergleich zum Ausgabepreis um mehrere hundert Prozent zu. Kleinere Anleger, die ohne Absicherung den zwischenzeitlichen Nikola-Hype mitgemacht haben, dürften zu grossen Teilen arg auf die Nase gefallen sein.