Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Un leitet den grössten Abbau der nordkoreanischen Botschaften ein und setzt dabei wahrscheinlich darauf, dass er durch Waffengeschäfte mit dem Kreml höhere Erträge und Geldzuflüsse erzielen kann als durch die internationalen Missionen. Bei den nordkoreanischen Botschaften besteht seit längerem der Verdacht, dass sie von der Nordkoreanischen Regierung zur mutmasslichen Geldbeschaffung genutzt werden.

Während Kims isoliertes Regime seine diplomatischen Aktivitäten mit Russland intensivierte, hiess es in offiziellen Medienberichten, dass es im Oktober seine Botschaften in Uganda und Angola geschlossen hat. Das nordkoreanische Aussenministerium sagte in einer am Freitag auf seiner Website veröffentlichten Erklärung, dass der Schritt zum Rückzug und zur Einrichtung diplomatischer Vertretungen "im Einklang mit einem sich verändernden globalen Umfeld und der nationalen diplomatischen Politik erfolgt“.

Pjöngjang plant, sein Konsulat in Hongkong und mehr als ein Dutzend diplomatischer Einrichtungen in Afrika und anderswo zu schliessen, berichtete die japanische Zeitung Yomiuri unter Berufung auf eine mit den inneren Angelegenheiten Nordkoreas vertraute Quelle, die sie jedoch nicht nannte. Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, dass die Botschaft in Spanien zu den geplanten Schliessungen zählt.

Waffenlieferungen haben wohl bereits begonnen

Das südkoreanische Wiedervereinigungsministerium geht gemäss Yonhap davon ausgeht, dass Kim wegen der weltweiten Sanktionen das Geld ausgeht, um alle seine diplomatischen Einrichtungen am Laufen zu halten. Nach Angaben des Ministeriums verfügt Pjöngjang derzeit über 47 Botschaften, drei Konsulate und drei Repräsentanzen.

Eine neue Analyse von Beyond Parallel, einem Projekt der US-Denkfabrik CSIS, legt nahe, dass Waffenlieferung nach Russland bereits in vollem Gange sind. Die Analysten haben dazu Satellitenbilder ausgewertet, die am 5. Oktober 2023 von einem Eisenbahngelände in Tumangang aufgenommen wurden.

Die nordkoreanischen Stadt liegt nahe der Grenze zu Russland und China. Mindestens 73 Waggons seien auf den Bildern zu sehen - in den vergangenen fünf Jahren hingegen seien dort nie mehr als 20 Waggons beobachtet worden, betonen die CSIS-Analysten.

Eines der ärmsten Länder der Welt

In Nordkorea leben deutlich mehr Menschen in absoluter Armut als bisher angenommen, wie eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien aus dem Jahre 2020 zeigt. Demnach lebten 2018 rund 60 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut.

Über das Einkommens- und Armutsniveau in Nordkorea liegen praktisch keine Informationen und Daten vor. Jesus Crespo Cuaresma, der Leiter des Instituts für Makroökonomie an der WU Wien und sein Team haben daher mithilfe von Satellitenbildern, die nachts aufgenommen wurden, Schätzungen erstellt.

"Die Lichtintensität, die in den verschiedensten Regionen Nordkoreas via Satelliten gemessen wird, gibt Auskunft über das Armutsniveau. Generell korreliert die Helligkeit eines Gebietes oder eines Landes oft mit dem Konsum und den dortigen Produktionsaktivitäten", erklärte der Wissenschaftler.

So wurden Schätzungen des nordkoreanischen Bruttoinlandsproduktes möglich. Dieses lässt darauf schliessen, dass die Armutsraten deutlich höher liegen als in frühere Untersuchungen, die den Anteil der unter der Armutsgrenze lebenden Menschen auf annähernd 40 Prozent der Bevölkerung geschätzt haben.

Die WU-Forscher gehen davon aus, dass etwa 60 Prozent der Nordkoreaner oder 15 Millionen Menschen in absoluter Armut leben. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen wurde in der Studie auf etwa 790 Dollar geschätzt - das wäre eines der niedrigsten der Welt.

(Bloomberg/AWP/cash)