Die Saudi National Bank ist eines der grössten Opfer des Dramas um die Credit Suisse, das am Sonntag in der Zwangsübernahme der schlingernden Bank durch die UBS gipfelte. Laut den am Sonntag bekanntgegebenen Bedingungen übernimmt die UBS die Credit Suisse und zahlt dafür mit einer UBS-Aktie je 22,48 Credit-Suisse-Aktien. Zu den Schlusskursen vom Freitag entsprach dies 0,76 Franken je Credit-Suisse-Aktie beziehungsweise 3 Milliarden Franken insgesamt — ein Abschlag von 59 Prozent.

Die 9,9-Prozent-Beteiligung der Saudi National Bank an der Credit Suisse ist nach Berechnungen von Bloomberg zu diesen Bedingungen gerade noch 304 Millionen Franken wert. Das Geldhaus hatte den Anteil an der Credit Suisse Ende letzten Jahres für 1,4 Milliarden Franken gekauft.

Die Bank teilte am Montag mit, dass Änderungen in der Bewertung ihrer Beteiligung an der Credit Suisse “keine Auswirkungen” auf ihre Wachstumspläne und ihre Prognose für 2023 haben. Die Gesamtaktiva der Bank belaufen sich auf über 945 Milliarden Riyals (rund 230 Milliarden Franken). Der Präsident der Saudi National Bank, Ammar Al Khudairy, hatte letzte Woche in einem Interview mit Bloomberg TV die Frage verneint, ob seine Bank für weitere Investitionen in die Credit Suisse offen sei: “Die Antwort lautet: absolut nicht, und zwar aus vielen Gründen”, hatte er gesagt und damit einen beispiellosen Kurssturz ausgelöst. Versuche, die Bemerkung nachträglich zu relativieren, stiessen im Markt auf taube Ohren.

Das Geldhaus, das sich zu 37 Prozent im Besitz des saudischen Staatsfonds befindet, war im Rahmen der 4 Milliarden Franken schweren Kapitalerhöhung der Credit Suisse eingestiegen. Trotz des klingenden Namens ist das Institut nicht die Notenbank des Golf-Königreichs, sondern eine Geschäftsbank.

Der Verlust bei der Credit Suisse dürfte für die Saudis wohl verkraftbar sein. Zum Vergleich: Der saudische Ölkonzern Saudi Aramco, der sich zu 94 Prozent im Besitz des Staates befindet, hat derzeit einen Börsenwert von umgerechnet rund 1700 Milliarden Franken.

Staatsfonds des Emirats Katar stockte im Januar auf

Generell sind Aktionäre der Credit Suisse aus dem Nahen Osten, denen zusammen rund ein Fünftel der schlingernden Bank gehört, sind unter den grössten Verlierern des CS-Dramas. Auch der Staatsfonds des Emirats Katar hat den Wert seiner 6,8-Prozent-Beteiligung einbrechen sehen, nachdem er erst im Januar aufgestockt hatte.

Finanzkräftige Investoren aus dem Nahen Osten unterstützen europäische Banken wie die Credit Suisse schon seit vielen Jahren - mit unterschiedlichem Erfolg. Auch die amerikanische Citigroup und die britische Barclays zapften während der Finanzkrise 2008 Fonds aus Abu Dhabi an, und beide Engagements endeten schließlich vor Gericht.

“Investoren vom Golf, auch die Staatsfonds, haben bei Investitionen in ausländischen Banken eine ausgesprochen schlechte Bilanz vorzuweisen”, meint Tarek Fadlallah, Leiter des Asset Management von Nomura im Nahen Osten.

Obwohl die Investoren aus dem Nahen Osten ihre Beteiligungen in schwierigen Zeiten zurückgefahren haben, hielten sie an der Credit Suisse fest. Katar war ursprünglich während der Finanzkrise 2008 eingestiegen und hatte zuletzt im Januar zugekauft, als der Anteil von 5,6 Prozent auf 6,8 Prozent anstieg und das Emirat damit zum zweitgrössten Teilhaber wurde. Auch bei nachrangigen Anleihen (AT1) der Bank, die nun auf Null abgeschrieben wurden, hatte der Fonds zugeschlagen. Unklar ist allerdings, ob er diese Papiere noch besitzt.

Regierungen als ultimative Gegenpartei für Bankinvestoren

Auch der saudische Mischkonzern Olayan Group zählt mit einem Anteil von 3,3 Prozent zu den grössten Aktionären der Credit Suisse.

Es ist unklar, ob die Schweizer Regierung die wichtigsten Investoren konsultiert hat, bevor der UBS-Deal nach hektischen Diskussionen am Wochenende bekannt gegeben wurde. Marc Nassim, Geschäftsführer von Awad Capital aus Dubai, bezeichnete die Übernahme als einen “Friss-oder-stirb-Deal” für die Aktionäre.

“Es gibt immer irgendwo eine Regierung, die bereit ist einzuschreiten, um ihre nationalen Interessen zu schützen und die Aktionäre auszulöschen”, sagte er. “Die ultimative Gegenpartei von Bankaktionären sind die Regierungen, ob in den USA, in Europa oder anderswo.”

(Bloomberg/cash)