Der anhaltend hohe Bedarf an Spezialprozessoren für Künstliche Intelligenz (KI) hat Nvidia erneut ein überraschend starkes Wachstum beschert. Das Chinageschäft kollabierte dagegen wegen der US-Beschränkungen für Exporte von Hochtechnologie in die Volksrepublik. Im zweiten Quartal seien dorthin keinerlei KI-Chips geliefert worden, teilte der Konzern am Mittwoch mit. Für das laufende Vierteljahr rechnet Nvidia ebenfalls mit einem Komplettausfall, obwohl die US-Regierung die Lieferung leistungsreduzierter Prozessoren wieder erlaubt hat. Die Aktien des wertvollsten Börsenwerts der Welt fielen daraufhin im nachbörslichen Geschäft der Wall Street um 2,5 Prozent.
Nvidia ist einer der Leidtragenden der Spannungen zwischen den USA und China. Um den militärischen und technologischen Aufstieg der Volksrepublik zu bremsen, hat die Regierung in Washington ihr Technologie-Embargo in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschärft. Aus diesem Grund durfte ab dem Frühjahr der speziell für China entwickelte, abgespeckte KI-Chip vom Typ H20 nicht mehr dorthin verkauft werden. Im Gegenzug für die Erlaubnis zur Wiederaufnahme der Lieferungen muss Nvidia 15 Prozent dieser Einnahmen an die Staatskasse abführen. Den Analysten des Vermögensverwalters Bernstein zufolge könnte dies die Gewinnmarge des Konzerns um einen Prozentpunkt schmälern.
US-Präsident Donald Trump hatte unlängst signalisiert, künftig auch Exporte für leistungsreduzierte Prozessoren der neuesten Blackwell-Generation zu genehmigen. Kritiker warnen, dass die Volksrepublik dadurch die USA bei der Entwicklung von KI überholen könnte. Insidern zufolge arbeitet Nvidia bereits an einem H20-Nachfolger auf Blackwell-Basis. Dazu sagte Nvidia-Chef Jensen Huang bei seinem jüngsten Besuch des taiwanischen Auftragsfertigers TSMC, er verhandele mit der US-Regierung darüber. Die Entscheidung liege aber in Washington.
Kaufzurückhaltung chinesischer Kunden?
Gleichzeitig macht eine Warnung der Regierung in Peking dem US-Konzern zu schaffen. Die Behörden raten chinesischen Firmen vom Einsatz von Nvidia-Produkten ab. Sie befürchten, dass die Firma sogenannte Hintertüren einbaut, mit denen die Prozessoren überwacht oder aus der Ferne kontrolliert werden können. Nvidia hat dies stets zurückgewiesen.
Insidern zufolge hat der Konzern seinen Zulieferer Foxconn angewiesen, die Arbeit mit dem Prozessor H20 einzustellen. Einem Medienbericht zufolge sollen die Auftragsfertiger Amkor und Samsung die Produktion ebenfalls stoppen. Kurz nach der US-Genehmigung einer Wiederaufnahme der Verkäufe nach China hatte Nvidia 300.000 dieser Chips bei TSMC bestellt. Auf die Frage nach dem Produktionsstopp sagte Huang bei seinem Besuch in Taiwan, sein Unternehmen habe zahlreiche H20-Prozessoren auf Lager und warte auf chinesische Bestellungen.
Umsatztreiber Blackwell
Ausserhalb Chinas rissen sich Cloud-Anbieter um die neueste Generation von KI-Chips. «Blackwell ist die KI-Plattform, auf die die Welt gewartet hat», sagte Konzernchef Huang am Mittwoch. «Die Produktion des Blackwell Ultra läuft auf Hochtouren, und die Nachfrage ist enorm.»
Der Konzernumsatz stieg den Angaben zufolge um 56 Prozent auf 46,74 Milliarden Dollar. Im Vergleich zum vorangegangenen Quartal belaufe sich das Plus auf sechs Prozent. Die Blackwell-Umsätze hätten in diesem Zeitraum etwa dreimal so stark zugelegt. Der Gewinn des zweiten Quartals übertraf mit 1,08 Dollar je Aktie die Markterwartungen ebenfalls. Für das laufende Vierteljahr stellte Nvidia Erlöse von 54 Milliarden Dollar, plus/minus zwei Prozent, in Aussicht.
Chuck Carlson, Chef des Vermögensverwalters Horizon, bezeichnete die Nvidia-Zahlen als solide. «Sie waren nicht umwerfend, aber auch nicht schlecht.» Aus seiner Sicht seien die aktuellen Kursverluste lediglich Gewinnmitnahmen. Die Aktie hat seit Jahresbeginn mehr als ein Drittel zugelegt.
Die Aktie von Nvidia notiert im ausserbörslichen Handel über 3 Prozent im Minus.
(Reuters/cash)