«Nein, die Pensionskassen dürfen nicht erneut Opfer negativer Zinsen werden», titelt Peter Hofmann, Präsident des Stiftungsrats der Vorsorgeeinrichtung Tellco pk, einen offenen Brief an die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die Vorsorgeeinrichtungen würden bei Negativzinsen «Kollateralopfer einer Strategie, die den Schweizer Franken schwächen will». Es sei daher notwendig, eine klare Grenze zu ziehen und die Ziele und Aufgaben der Pensionskassen klar von jenen der kommerziellen Finanzinstitute zu unterscheiden, so Hofmann weiter.
Damit geht der Präsident einer grossen Schweizer Sammelstiftungen im Vorfeld der Zinssitzung der SNB am 19. Juni in die mediale Offensive - und heizt die Diskussionen um die geldpolitische Ausrichtung der SNB an. Der Beitrag von tellco-Stiftungsratspräsident Hofmann wurde am Mittwoch auf der Homepage von Tellco veröffentlicht.
Tellco pk mit Sitz in Schwyz zählt sich zu den grössten unabhängigen Sammelstiftungen der Schweiz. Laut eigenen Angaben sind bei Tellco mehr als 10'000 Unternehmen mit rund 100'000 Mitarbeitenden bei der beruflichen Vorsorge angeschlossen.
Hofmann erklärt in durchaus deutlichen Worten, dass das Profil der Pensionskassen - langfristig, stabil, mit einer vorgeschriebenen Mindestverzinsung - sie besonders verletzlich gegenüber anhaltenden Negativzinsen mache. Denn die Pensionskassen verfolgten ein einziges Ziel: Nämlich die langfristige Sicherung der Renten der Versicherten.
Banken dagegen könnten sich dem Negativzinsumfeld anpassen und sogar davon profitieren - durch günstige Refinanzierung, hohe Kreditmargen und lukrative Arbitragegeschäfte. Anders die Pensionskassen: «Die Renditen brechen ein, die Rückstellungen schmelzen dahin, die Verpflichtungen werden immer teurer», so Hofmann. Die Vorsorgeeinrichtungen müssten die Renten langfristig auszahlen können, zugleich finanziell stabil bleiben und eine Mindestverzinsung der Altersguthaben bieten.
Institutionen, deren Aufgabe es sei, dem Gemeinwohl zu dienen und die das Rentensystem trügen, würden somit «bestraft, während andere daraus Vorteile ziehen können», kritisiert Hofmann.
Bilanz der SNB-Negativzinsen fiel unter Ökonomen gemischt aus
Hofmanns Botschaft an den SNB-Präsidenten Martin Schlegel ist klar: «Die Geldpolitik darf nicht auf Kosten eines tragenden Pfeilers unserer nationalen Kohäsion betrieben werden.» Sprich: Die Altersvorsorge dürfte nicht unter den geldpolitischen Zügeln der Nationalbank leiden. Der Schweizer Franken sei zwar stark, anerkennt Hofmann. «Aber die Pensionskassen zu schwächen, wird ihn nicht weniger stark machen.»
SNB-Präsident Schlegel betont seit seinem Amtsantritt im Herbst des letzten Jahres fast bei jedem öffentlichen Auftritt, dass die Nationalbank nötigenfalls erneut Negativzinsen einführen werde. Der SNB-Leitzins beträgt zurzeit 0,25 Prozent. Nächste geldpolitische Entscheide finden im Juni und im September statt. Experten gehen von zwei weiteren Zinsschritten um je 25 Basispunkten nach unten aus. Damit würden Minuszinsen noch vor Ende Jahr erneut Tatsache. Sie waren es schon einmal, und zwar zwischen 2015 und 2022.
Die Bilanz der Negativzinsen unter volkswirtschaftlichen Aspekten fiel unter Ökonomen gemischt aus. Die SNB habe ihr monetäres Ziel mit den Negativzinsen von damals vorübergehend erreicht, schreibt auch Hofmann in seinem offenen Brief an die Nationalbank. Doch er fragt sich: «Zu welchem Preis?» Die Folgen der Negativzinsen waren laut Hofmann massiver Druck auf Vorsorgeeinrichtungen, sinkende Renditen, gefährdete Renten - und ein Vertrauensverlust des Systems.
6 Kommentare
Das finde ich richtig wenn die Pensionskassen von negativ Zinsen ausgenommen werden. Die SNB könnte den PK ein Cash Konto zur Verfügung stellen. Eine Versicherungseinrichtung braucht immer einen Bargeldbestand für Rentenzahlungen und für Rebalencing. Diesen mit einem Strafzins zu belasten ist eine verdeckte Steuer und belaster Aktive und Rentner unnötig!
Es ist mal wieder typisch, dass die Firmen mit Export-Fokus bekannt dafür sind, dass sie auf keine Krise vorbereitet sind.
Schon bei der Aufhebung des Euro-Mindestkurs hatten wir das gleiche Gejammer.
Lieber wird gejammert bei Politik und Nationalbank, als selber mal Druck auszuüben auf die Bauernlobby, dass die Agrar Zölle in die Schweiz hinein fallen werden.
Jetzt werden wieder unrentable und hochdefizitäre Unternehmen am Leben erhalten, als sie in die Insolvenz zu schicken.
Negativzinsen sind nichts anderes als eine Enteignung und damit verfassungswidrig.
Die Schweizerische Nationalbank ist überhaupt nicht unabhängig und betreibt seit mindestens 15 Jahren Industrie Politik.
Ich sehe dies genauso. Dass der Sfr. sich aufwertet ist zu einem grossen Teil auf die spekulativen Käufe ausländischer "Investoren" zurückzuführen. Und auf Investoren, die einen sicheren Hafen für ihr Geld suchen. Diese neu zufliessenden Gelder sind mit Negativzinsen zu belegen, nicht die Schweizer Sparer, Pensionskassen etc., deren Gelder bereits in Sfr. angelegt sind, nota bene in ihrer Heimwährung! Wie in den 70er Jahren bereits gemacht, kann ein System eingeführt werden, das diesen ausländischen Geldern Negativzinsen auferlegt. Ob dies den USA und Trump passt oder nicht.
Was immer die Erträge der SNB aus den Negativzinsen sind, sollten in einen Pensionskassenfond einbezahlt werden um später diese Kassen zu kompensieren. Sie dürfen nicht wieder als Erträge an Kantone und den Bund ausgeschüttet werden.
Somit könnten beide Ziele erreicht werden. Minuszinsen falls nötig, und die Sicherheit der Altersvorsorge.