Der Ökonom Adriel Jost übt scharfe Kritik an den Vorschlägen der Expertengruppe «Bankenstabilität». Diese hatte sich im Auftrag des Bundes nach dem Untergang der Credit Suisse und der Notübernahme durch die UBS mit der «Too big to fail»-Regulierung befasst.

Nach Ansicht von Jost, der am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern forscht, würden die Expertenvorschläge das Bankensystem nicht sicherer machen: «Im Gegenteil, das System würde unsicherer.» Die Vorschläge seien kontraproduktiv, sagte Jost in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» (Montagausgabe). «Man erhöht die Subventionen der Banken und versucht Retuschen im Too-big-to-fail-Regime, obwohl sich gezeigt hat, dass dieses Regime nicht funktioniert.»

Vor seiner Zeit an der Uni Luzern war Jost unter anderem Chefökonom beim unabhängigen Wirtschaftsberatungsunternehmen Wellershoff & Partners sowie acht Jahre lang bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) tätig.

Ein Ziel ist besser als nichts zu tun

Gemäss dem Expertenbericht, der in der vergangenen Woche vorgestellt worden war, gibt es keinen Handlungsbedarf bei den Eigenmittelvorschriften. International würden hierzu bereits strengere Regeln eingeführt, hatte es von den Verfassern geheissen. Eine weitergehende Verschärfung in der Schweiz sei nicht zielführend.

Jost sieht das ganz anders: Die Stossrichtung des Expertenberichts mache ihn «fassungslos». Vielleicht liege es an der Zusammensetzung der Gruppe, in der auch Bankvertreter sitzen. «Diesen Expertenbericht hätte auch die Bankiervereinigung schreiben können.»

Gefordert werde im Bericht ein einfacherer Zugang zu Liquidität, indem die SNB dazu aufgefordert wird, bezüglich Sicherheiten weniger strenge Regeln aufzustellen, so Jost. Die Anreize zur Risikonahme auf Staatskosten würden nicht zu verringern versucht. Auch bleibe die hochriskante Verschuldung der Banken unangetastet.

Wolle man die implizite Subvention weghaben, dürfe man jedoch nicht mehr zulassen, dass sich die Banken übermässig verschulden, sagte Jost. «Deshalb müsste man in Richtung 30 Prozent Eigenkapitalquote gehen, was auch der unteren Grenze von gesunden Unternehmen in der übrigen Wirtschaft entspricht.»

Grossbank um der Grossbank willen

Das sei zwar weit entfernt von den heutigen 5 Prozent. «Doch man muss sich ein Ziel setzen und dann in diese Richtung gehen. Das ist besser als nichts zu tun und zu sagen, das Ziel sei sowieso zu weit weg.» Denkbar seien auch Zwischenziele oder die Anwendung solcher Regeln nur auf ganz grosse Banken, konkret die UBS.

Bei der Diskussion geht es Jost zufolge oft auch um immaterielle Dinge - wie etwa um den Stolz, über eine Grossbank zu verfügen. «Mit diesem Stolz spielt nicht nur die UBS», sagte er. «Auch ich bin stolz. Meine Grossmutter war die erste Lehrtochter beim damaligen Bankverein in Zürich.» Stolz sei auch nicht grundsätzlich falsch. Aber er verleite zu falschen Schlüssen. Finanzminister, Regulatoren und Notenbanker seien lieber für einen grossen Finanzplatz zuständig als für einen kleinen.

(AWP)