Bereits im September hatte die Schweizerische Nationalbank eine Pause eingelegt - für einige Ökonomen damals etwas überraschend. Zwar betonten die Direktoriumsmitglieder um Thomas Jordan, dass sie bei Bedarf weiter handeln werden, nach Ansicht der von AWP befragten Ökonomen dürfte dies aber nicht mehr nötig sein.

Seit 2022 hatte die SNB fünf Mal die Zinsen erhöht - beim ersten Mal eilte sie gar der EZB voraus. Die Europäer haben seit Juli vergangenen Jahres zehn Zinsschritte unternommen und die US-Notenbank Fed gar elf.

SNB hat viel Zeit

Die grosse Frage bei allen dreien ist: Wie geht es nun weiter? Und auch hier sind sich die Ökonomen überraschend einig: Während Fed und EZB womöglich schon innerhalb des ersten Halbjahres 2024 mögliche Zinssenkungen ins Auge fassen könnten, dürfte die SNB nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2024 anfangen. Bei der St. Galler Kantonalbank glaubt der Stratege Patrick Häfeli, dass die SNB sogar erst 2025 die Zinsen erstmals senken wird.

Die Begründungen der Auguren klingen recht ähnlich. So hat sich etwa beim wichtigen Schweizer Handelspartner, der Eurozone, der konjunkturelle Abschwung zuletzt beschleunigt und die Wirtschaft verharrt zwischen Stagnation und Rezession, sagt etwa der Anlage-Stratege Elias Hafner von der ZKB. "Der Zinserhöhungszyklus der EZB ist abgeschlossen und Zinssenkungen könnten bald zum Fokus werden."

Für Fredy Hasenmaile spielen noch China mit hausgemachten Problemen und die USA mit in das Bild hinein. So glaubt der Raiffeisen-Chefökonom, dass die weltgrösste Volkswirtschaft der Welt den bis anhin robusten Konjunkturgang kaum wird aufrechterhalten können.

Starker Franken schützt

Diese getrübten Aussichten lasten - wie schon seit einer ganzen Weile - auf dem Euro. Gleichzeitig stützt die Aussicht auf ein sich abschwächendes globales Wirtschaftswachstum den Dollar und den Franken. Auch dies ist schon eine ganze Weile zu beobachten.

Es ist denn auch der starke Franken, der die SNB in ihrem Kampf gegen die hohe Inflation unterstützt hat. So wurde vermieden, dass die noch viel höhere Inflation aus der Eurozone importiert wurde. Wie die Schätzungen zeigen, gehen die meisten Ökonomen davon aus, dass sich daran so bald nichts ändert.

Wie der UBS-Ökonom Alessandro Bee erklärt, spricht die deutlich tiefere Inflation in der Schweiz für den Franken, sowohl gegenüber dem Dollar als auch dem Euro. "Gegen den Franken spricht hingegen, dass die Nominalzinsen in Euro und Dollar deutlich höher sind." Die beiden Argumente kombiniert deuten auf einen Seitwärtstrend der beiden Währungspaare hin.

Inflation scheint im Griff

Tatsächlich liegt die Inflation hierzulande mit 1,7 Prozent im Zielband der SNB, die einen Wert zwischen 0 und 2 Prozent anstrebt. Allerdings hat sich der Abwärtstrend in den letzten Monaten nicht mehr fortgesetzt und voraussichtlich wird die Teuerungsrate kurzzeitig wieder die 2-Prozent-Schwelle erreichen, wenn die höheren Mieten und die neuen Strompreise in die Berechnung einfliessen.

Darüber hinaus ist ein gewisser Anstieg der Teuerungsraten bereits in den Inflationsprojektionen der Notenbanker enthalten, ergänzt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Wenn also die Inflationsrate nicht darüber hinaus deutlich ansteigt und sich damit auch der mittelfristige Teuerungsausblick nicht ändert, hat die SNB ihr Zinshoch erreicht", fasst der Chefökonom die Konsensmeinung zusammen.

(AWP)