Die Verbraucherpreise erhöhten sich im Februar gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,5 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat nach einer ersten Schätzung mitteilte. Im Januar hatte die Rate noch bei 8,6 Prozent gelegen. Volkswirte hatten mit einem deutlicheren Rückgang auf im Schnitt 8,3 Prozent gerechnet.

Die von Ökonomen stark beachtete Kernjahresinflationsrate, bei der schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden, stieg aber überraschend auf 5,6 Prozent an. Das ist ein Rekordniveau. Einschätzungen von Ökonomen zu den Inflationsdaten im Überblick:

Peter Sidorov, Analyst Deutsche Bank:

"Während die Gesamtinflation von ihrem Höchststand von 10,6 Prozent im vergangenen Herbst dank niedrigerer Energiepreise zurückgegangen ist, ist die Kerninflation weiter gestiegen und könnte in diesem Sommer durchaus 6 Prozent erreichen. Das Problem der hohen Inflation in Europa zeigt noch keine Anzeichen einer Entspannung. Angesichts der anhaltend hohen zugrunde liegenden Inflation und der Nahrungsmittelinflation und keiner Anzeichen einer Arbeitsmarktschwäche ist es unwahrscheinlich, dass die EZB ihren Zinserhöhungszyklus in absehbarer Zeit beenden wird."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

"Der Dienstleistungssektor wälzt gestiegene Energie- und Personalkosten auf die Produkte über. Dies zeigen erste Details aus Frankreich und aus deutschen Bundesländern. Nach wie vor gehören aber auch Lebensmittelpreise zu den Inflationstreibern. Dass sich das Inflationsproblem immer mehr in Richtung Dienstleistungen verschiebt, zeigt die Entwicklung der Kerninflationsrate. Letztere legt im Februar kräftig zu. Das ist für die EZB ein Alarmsignal, denn damit erweist sich die Inflation als hartnäckiger."

Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa beim Vermögensverwalter DWS:

"Zwar kann die Europäische Zentralbank die Nahrungsmittelpreise nicht direkt beeinflussen, doch gerade sie führen bei den Verbrauchern zu einem Anstieg der gefühlten Inflation. Dies kann der EZB nicht gleichgültig sein. Hinzu kommt der weitere Anstieg der Kernrate, da sich vor allem die Dienstleistungspreise kräftig erhöhten. Eine wirkliche Entspannung in der Kernrate erwarten wir in diesem Jahr nicht, denn die Unternehmen werden weiterhin ihre höheren Kosten an die Verbraucher weitergehen. Mit einer von uns prognostizierten Kernrate von 4,9 Prozent im Jahresdurchschnitt bleibt für die EZB noch sehr viel zu tun. Auch nach der März-Sitzung sind weitere kräftige Zinserhöhungen zu erwarten, um das Inflationsproblem nicht ausufern zu lassen."

Christoph Weil, Analyst Commerzbank:

"Die Kernteuerungsrate dürfte erst im Juli den Hochpunkt erreichen und auch danach nur langsam zurückgehen. Inzwischen dürften die Unternehmen zwar einen Grossteil der energiepreisbedingten Verteuerung der Produktion an die Verbraucher weitergegeben haben. Aber nun steht mit den kräftig steigenden Löhnen eine neue Teuerungswelle ins Haus. Diese wird insbesondere die Preise für Dienstleistungen weiter in die Höhe treiben. Die EZB hat zuletzt wiederholt betont, dass sie aktuell vor allem auf die Kernteuerungsrate schaut. Die Inflationszahlen für Februar werden sie also in ihrem Vorhaben bestätigen, die Zinsen auf ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung im Mitte März weiter deutlich zu erhöhen. Wir rechnen mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte, der voraussichtlich weitere Schritte folgen werden."

Alexander Krüger, Analyst Hauck Aufhäuser Lampe:

"Die Inflationsrate ist im Februar 2023 nur wenig gesunken. Nach wie vor stehen die Chancen für weitere Rückgänge aber gut. Zurzeit wachsende Risiken einer Preis-Lohn-Spirale trüben dabei den mittelfristigen Blick auf die Kerninflation. Der EZB dürfte das nicht gefallen."

(AWP)