Eine Bloomberg-Umfrage ergab die Median-Erwartung von nur noch sechs Senkungen des Einlagensatzes um einen Viertel- Prozentpunkt. Vor der letzten Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank im April waren noch sieben Schritte abwärts erwartet worden.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihre Kollegen haben wiederholt eine Zinssenkung im Juni signalisiert. Damit würden die Währungshüter des Euroraums mit der Lockerung ihrer Geldpolitik der Federal Reserve und der Bank of England zuvorkommen.
Indessen heizen eine überraschend robuste Erholung der europäischen Wirtschaft, anhaltender Lohndruck und Aufwärtsrisiken zum Inflationsausblick die Debatte über die weiteren geldpolitischen Schritte an.
Falken wollen zuwarten
Falken wie EZB-Direktorin Isabel Schnabel und Bundesbankchef Joachim Nagel wollen bis September warten, bevor sie einen zweiten Zinsschritt nach unten in Betracht ziehen. Ökonomen gehen davon aus, dass die zögerliche Haltung der Fed den Handlungsspielraum der EZB einschränken wird. Die EZB-Absichten zu kommunizieren, ohne sich auf ein bestimmtes Szenario festzulegen, könnte – einmal mehr – die grösste Herausforderung für Lagarde sein.
„Es wird schwer sein, zu argumentieren, warum sie so zuversichtlich sind, dass dies der richtige Zeitpunkt für einen Zinsschnitt ist, ohne eine Orientierung für weitere Senkungen zu geben”, sagte Hugo Le Damany von AXA Investment Managers. Der Volkswirt rechnet damit, dass die EZB ihre geldpolitische Lockerung im Juni nächsten Jahres beenden wird - nach fünf Senkungen des Einlagenzinssatzes auf letztlich 2,75 Prozent.
Als grösste Risiken für die Euroraum-Wirtschafts sehen die von Bloomberg befragten Ökonomen nach wie vor die Inflation, gefolgt von den Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahlen und geopolitischen Spannungen.
(Bloomberg)