Nach nur knapp einem Monat im Amt hat Frankreichs Ministerpräsident Sebastien Lecornu überraschend seinen Rücktritt eingereicht. Präsident Emmanuel Macron habe diesen akzeptiert, teilte das französische Präsidialamt am Montag mit. Der 39-jährige Lecornu war der fünfte Regierungschef in weniger als zwei Jahren. Macron hatte ihn erst Anfang September ernannt. Nur Stunden vor seinem Rücktritt war das neue Kabinett von Lecornu am Sonntagabend bekanntgeworden.
Analysten sagten zum Rücktritt in ersten Reaktionen:
CYRUS DE LA RUBIA, CHEFÖKONOM DER HAMBURG COMMERCIAL BANK:
«Das ging schnell, aber kam nicht komplett unerwartet. Allein die Tatsache, dass Lecornu so lange Zeit benötigte, um sein Kabinett zu benennen, war wenig ermutigend. Und dass dann schliesslich die neue Ministerriege überwiegend aus den alten Köpfen bestand, hat bei der Opposition kein Wohlwollen geschaffen. Die Lage ist vertrackt. Macron kann jetzt entweder endlich jemanden zum Premierminister ernennen, der oder die aus dem Oppositionslager kommt, ohne dass eine derartige Wahl eine stabile Regierung sicherstellt. Oder er ruft Neuwahlen aus, die gemäss Umfragen ein ähnliches Ergebnis liefern, wie es derzeit im Parlament zu beobachten ist. Macron könnte aber auch selber zurücktreten und für das Land einen politischen Reset ermöglichen, mit ebenfalls vollkommen unsicherem Ausgang, da dann der Rassemblement National an die Macht kommen könnte.
Für die Wirtschaft bedeutet diese Entwicklung noch mehr Unsicherheit, Unternehmen dürften auf Investitionen verzichten, sodass der in Europa wichtigste Handelspartner Deutschlands in konjunkturell schweres Fahrwasser gerät. Wenn die Risikoprämien sich noch weiter ausweiten, könnte es bei der EZB auch zu der Diskussion kommen, ob das TPI aktiviert werden müsste. Lagarde hat angedeutet, dass man alles tun werde, um die Stabilität des Euro zu bewahren. Auch der Euro dürfte unter Druck geraten, wenn die Situation in der zweitwichtigsten Volkswirtschaft der Eurozone kopflos ist.»
(Reuters)