Das Unternehmen könnte für Projekte wie etwa in Japan Partner ins Boot holen oder auch in Firmen aus der Lieferkette investieren, sagte die für die erneuerbaren Energien zuständige BP-Managerin Anja-Isabel Dotzenrath der Nachrichtenagentur Reuters. «Öl- und Gasunternehmen leben und atmen seit jeher Partnerschaften. Fast jedes einzelne globale Projekt ist ein Joint-Venture. Es ist tief in der DNA unseres Unternehmens verankert. Im Offshore-Wind ist das nicht anders.» Der Bereich habe allerdings ein paar Kinderkrankheiten, etwa bei den Lieferketten. Die Hersteller kämen dem Wachstum nicht hinterher.

In Japan könne man im Offshore-Windbereich ohne einen japanischen Partner nicht erfolgreich sein, erklärt Dotzenrath. Ein lokaler Energieversorger müsse dabei helfen, die Genehmigungsprozesse voranzutreiben und die Netzanbindung sicherzustellen. Je nach Geschäft und Region gebe es für BP klare Anforderungen für Partnerschaften. Diese müssten helfen, die Geschäftsziele zu erfüllen, das Risiko zu minimieren und komplementäre Fähigkeiten einzubringen.

Rund 55 bis 65 Milliarden Dollar (umgerechnet 51 bis 60 Milliarden Euro) will das Unternehmen in dieser Dekade in die neuen Energieformen - erneuerbare Energien, Wasserstoff, Bioenergie, Elektromobilität - investieren. Habe der Anteil an den gesamten Investitionen des Konzerns 2019 noch drei Prozent betragen, seien es 2022 schon 30 Prozent gewesen. Mitte des Jahrzehnts sollten es 40 Prozent sein und am Ende der Dekade die Hälfte. «Aber wir müssen eben auch das liefern, was wir versprochen haben. Und die Renditen müssen stimmen», betonte Dotzenrath.

 

«MANCHMAL GEWINNT MAN, MANCHMAL VERLIERT MAN»

Die 1966 geborene Elektroingenieurin war unter anderem beim Energiekonzern E.ON und dem Essener Stromriesen RWE tätig und ist seit März 2022 als «Executive Vice President Gas & Low Carbon Energy» bei BP engagiert. Der kapitalstarke Ölmulti hatte in diesem Jahr bei Auktionen für Offshore-Windprojekte in Deutschland Konzerne wie RWE, BASF und EnBW hinter sich gelassen. Dies hatte Stimmen hervorgerufen, die vor einer Wettbewerbsverzerrung warnten. Dotzenrath sieht das sportlich: «Dass sich andere Marktteilnehmer auch gewünscht hätten zu gewinnen, kann ich nachvollziehen. Aber das ist nun mal so im Leben, manchmal gewinnt man, manchmal verliert man.»

Ölkonzerne wie BP, TotalEnergies, Shell oder Exxon preschen mit gut gefüllten Kassen in der Ökoenergie vor. Einige Investoren von BP haben diese Strategie kritisiert, da im bisherigen Hauptgeschäft weiter Milliardengewinne zu erzielen sind. Hinzu kommen Probleme in der Windenergie durch lange Genehmigungsverfahren, Lieferketten, steigenden Rohstoffkosten und Zinsen.

 

VON DER KUNST DES INVESTIERENS

BP musste kürzlich in den USA 540 Millionen Dollar auf Windenergieprojekte vor der Küste New Yorks abschreiben. Der Partner Equinor nahm Wertberichtigungen in Höhe von 300 Millionen Dollar vor. Und der weltgrösste Offshore-Windenergiebetreiber Orsted aus Dänemark stornierte wegen aus dem Ruder laufender Kosten und Lieferkettenproblemen Offshore-Projekte in den USA. «Zunächst muss man konstatieren, dass die USA ein recht junger Offshore-Markt ist, der darunter leidet, dass der Regulierungsrahmen noch nicht die Reife hat wie in Europa heute», erklärt Dotzenrath.

Die Herstellung von Elektrolyseuren, mit denen klimafreundlicher Wasserstoff hergestellt wird, sei bisher nicht Teil des Portfolios. «Ich möchte aber auch nicht ausschliessen, dass wir in die Lieferkette investieren wollen.» Das könne beispielsweise bedeuten, dass BP Ankerinvestor bei einem führenden Technologiehersteller werde, der eine Produktionsanlage für Elektrolyseure aufbaue. Eine Frage, die ihr oft gestellt würde, laute: «Wenn Sie jetzt noch mehr Geld bekommen würden, könnten Sie es ausgeben? Da sage ich immer ‘nein, kann ich gar nicht’. Leichtsinnig investieren kann jeder, aber diszipliniert investieren, das ist die Kunst.» (Bericht von Christoph Steitz und Ron Bousso, bearbeitet von Tom Käckenhoff redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)