Es ist schon ziemlich gruselig: Im weltweiten Bankenindex von Bloomberg belegt die Credit Suisse mit einer Jahresperformance von minus 12 Prozent Platz 143 von insgesamt 155 Mitgliedern. Die Credit Suisse liegt in der Rangliste unmittelbar hinter der Huaxia Bank aus Peking und gerade noch vor der Shanghai Pudong Development Bank. Der Gesamtindex weist eine Jahresperformance von plus 23 Prozent auf. 

Während die Banken in China die Aufräumaktionen der Regierung in Wirtschaft und Politik zu spüren bekommen, hat die Credit Suisse ihre lamentable Leistung selber zu verantworten. Greensill, Archegos, Mosambik - man mag es kaum wieder aufzählen. Umso mehr hatten sich die arg gebeutelten Investoren und Investorinnen gewünscht, dass der nicht mehr so neue Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório nun eine überzeugende Strategie auf den Tisch legt. Das ist am Donnerstag ausgeblieben.

"Stärkung, Vereinfachung und Wachstumsinvestitionen". Das sind die Schlagworte zur neue "Strategie". Dazu fromme Worte zur Risikokultur. Solche Key Words hätten auch irgendwann vor ein paar Jahren in einer Medienmitteilung stehen können. Die deutlichsten Veränderungen will der Verwaltungsrat im Bereich Vermögensverwaltung vornehmen, der ja keineswegs als Problembereich bekannt ist. Das Kerngeschäft mit reichen Privatkunden soll zusammengefasst werden. Damit wird die von ex-CEO Tidjane Thiam eingeführte Dezentralisierung teils wieder rückgängig gemacht. Amtsinhaber versenkt Massnahmen des Vorgängers - auch das hat bei der Credit Suisse Tradition. 

Bedeutende Veränderungen in den Divisionen Asset Management und insbesondere im risikobehafteten Investmentbanking, das nun etwas geschwächt werden soll? Das sucht man in der Strategieüberprüfung vergebens. Von Massnahmen oder einem Umbau, der hier die Investoren überzeugen wird, kann keine Rede sein.

Das Massnahmenpaket des CS-Verwaltungsrates gleicht vorerst einer Operation "Durchwursteln", welche die Bank kaum voranbringen wird. Das wird auch der Präsident selber wissen. Er wird, um in der Welt der Charcuterie zu bleiben, die "Salami-Taktik" im Kopf haben. Dümpelt die CS an der Börse weiter vor sich her, wird mit CEO Thomas Gottstein schnell ein Opfer gefunden sein. Erfahrungsgemäss haben Entlassungen von Konzernchefs, die bereits angeschlagen sind, allerdings auch nur einen kurzfristigen Effekt.

Nein, Horta-Osório wird nicht darum herum kommen, unangenehme Entscheidungen bei der traditionellen Aufstellung des Divisionen-Modells der Grossbank zu treffen. Passt das Asset Management noch dazu oder soll es mit der Einheit eines Konkurrenten zusammengelegt werden? Klarere Lösungen müssen auch für das fehleranfällige und kapitalintensive Investmentbanking gefunden werden – sonst überlässt man das Geschäft lieber ganz der US-Konkurrenz. Die Credit Suisse steht erst am Anfang ihrer Strategieüberprüfungen. Sonst hat sie ihre Berechtigung als eigenständige Bank verloren.

Daniel Hügli
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