Oswald Grübel, ehemaliger Chef der Credit Suisse und der UBS, ist gar nicht zufrieden mit den Geschehnissen rund um die Credit Suisse. Besonders in die Nase sticht ihm das Verhalten der Schweizerischen Nationalbank. "Werdet mal erwachsen", rät Grübel im Interview mit der "Aargauer Zeitung" den Währungshütern am Bürkliplatz in Zürich.

Der Eingriff der Schweizerischen Nationalbank bei der Credit Suisse wäre vermeidbar gewesen, wenn SNB und die Finma früher ein Statement abgegeben hätten. "So, wie das in den USA die Regulatoren nach der Pleite der Silicon Valley Bank getan haben", ereifert sich Grübel. "Finma und SNB hätten sagen können: Wenn sich die Lage in der Schweiz zuspitzt, unterstützen wir unser Bankensystem. Das hätte viel bewirkt."

Er schlägt der SNB vor, sich ein Beispiel an den Amerikanern zu nehmen. Sowieso könne die SNB 100 Milliarden "in den Sand setzen, und niemand sagt etwas", aber bei den 50 Milliarden Liquiditätshilfe für die CS gebe es einen Aufschrei. Dem Bundesrat schlägt Grübel vor, derzeit zu schweigen. Die Verunsicherung würde nur noch grösser.

Dass die Nationalbanken den Geschäftsbanken Liquidität zur Verfügung stellten, sei eine normale Sache. In anderen Ländern werde das stillschweigend gemacht, so Grübel. "Aber natürlich war die CS nach dem starken Rückgang des Aktienkurses in einer speziellen Situation."

Auch Grübel hat sich schon verschätzt bei der Credit Suisse

Auch mit den Chefs der Credit Suisse rechnet Grübel ab. "In den letzten zehn Jahren waren unfähige CEO am Werk, das aktuelle Management muss nun die Bücher bereinigen", so Grübel. Es helfe den Aktionären auch nicht, wenn das Management sage, auch 2023 würde ein Verlust resultieren.

"Es sind Fälle passiert, die nicht hätten passieren dürfen. Sie kosteten 10 Milliarden Franken", so Grübel weiter. Die CS sei also schon angeschlagen gewesen, während andere Banken letztes Jahr hohe Gewinne einfuhren. "Deshalb war die CS besonders verletzlich, als sich das Umfeld jetzt massiv verschlechterte."

Fast schon ein wenig sarkastisch wirkt Grübels Antwort auf die Frage, ob die UBS nun die Credit Suisse übernehmen sollte: "Ja", sagt Grübel, eine Übernahme sollte sicher diskutiert werden. "So billig bekommt die UBS die CS womöglich nie mehr." Ein solcher Zusammenschluss sei wirtschaftliche gesehen mit hoher Wahrscheinlichkeit das Richtige. Allerdings würde dies zu einem grossen Stellenabbau in der Schweiz führen.

Grübel äussert sich oft in Interviews zum jeweiligen Zustand der Credit Suisse und den Banken - und hat sich dabei auch schon verschätzt. Als der CS-Aktienkurs im Oktober 2022 bei vier Franken lag, sagte sich Grübel noch, dass es nicht schlimmer werden könnte. "Ich habe damals sogar selber Aktien gekauft", sagte Grübel im "Bilanz Business Talk" im letzten Dezember. "Die Bank ist sicher", sagte er damals und wies auf die Kapitalerhöhung und das ständige Durchwinken der Finanzmarktaufsicht hin. 

(cash)