Die hohe Bewertung von Palantir Technologies hat die Wall Street lange Zeit verwirrt, doch die Anleger haben diese Warnungen weitgehend ignoriert. Stattdessen wurde der Titel vor der Veröffentlichung der Geschäftszahlen auf ein weiteres Rekordhoch getrieben, ehe es nachbörslich zu einer leichten Kurskorrektur von 4 Prozent kam.
Die Aktien wurden am Montag mit dem 85-Fachen des für die nächsten zwölf Monate erwarteten Umsatzes bewertet und waren damit mit Abstand die teuersten im S&P 500 Index. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis war Palantir nach Albemarle, Warner und Boeing das viertteuerste Unternehmen im Index. Die Aktie war zudem der fünftbeste Performer im S&P 500 in diesem Jahr mit einem Plus von 168 Prozent bis zum Handelsschluss am Montag.
Am Montag stieg die Aktie im Vorfeld der nach Börsenschluss erwarteten Ergebnisse um bis zu 3,5 Prozent und steuerte damit auf ein neues Allzeithoch zu. Die nachbörslich publizierten Zahlen vermochten dagegen nicht vollständig zu überzeugen. Es ging mit dem Titel um 4 Prozent zurück, die auf Gewinnmitnahmen zurückzuführen sein dürften.
Trend als Treiber - und Gefahr
«Die Bewertung ist unser grösstes Hindernis», sagte Morgan-Stanley-Analyst Sanjit Singh, der die Aktie mit «Halten» bewertet. «Die teuerste Aktie, die ich in meiner Karriere gesehen habe.» Bedenken hinsichtlich des hohen Preises des Datenanalyseunternehmens sind nicht neu. Die meisten Analysten scheuen sich weiterhin vor uneingeschränkten Empfehlungen; doppelt so viele raten zum «Verkaufen» oder «Halten» als zum «Kaufen».
Ausserhalb der Wall Street geniesst Palantir einen umstrittenen Ruf. Die Beteiligung an Regierungsprogrammen wie der Einwanderungskontrolle, eine Partnerschaft mit dem Hypothekenfinanzierer Fannie Mae im Bereich KI-Betrugserkennung und die Beziehungen zur israelischen Regierung haben Kritik hervorgerufen. Auch CEO Alex Karp hat sich zu verschiedenen politischen Themen deutlich geäussert.
«Palantir hat einen grossartigen CEO, ein seriöses Geschäftsmodell und ein grossartiges Produkt», sagte Vikram Rai, Portfoliomanager und Makro-Händler bei First New York. Der Aktienkurs werde jedoch eher von allgemeinen Trends und kurzfristigen Kursbewegungen als von fundamentalen Kennzahlen getrieben, so Rai.
«Wenn die Musik aufhört, wird diese Aktie härter getroffen werden als andere», sagte Matt Maley, Chefmarktstratege bei Miller Tabak. Er lobt CEO Karp und merkt an, dass Palantir eines der wenigen Unternehmen ist, das mit seinen KI-Investitionen Gewinne erzielt. Der Aktienkurs gibt ihm jedoch Anlass zur Sorge. «Es gibt andere KI-Aktien, die günstiger sind, wie beispielsweise Nvidia, die derzeit etwas sicherer sind», so Maley.
Kommerzielle Aktivitäten unterschätzt
Der jüngste Kursanstieg von Palantir erfolgte Ende letzten Monats, als die Marktkapitalisierung von Nvidia die 5-Billionen-Dollar-Marke überschritt, nachdem CEO Jensen Huang die Sorgen um eine KI-Blase zerstreut und neue Partner, darunter Palantir, bekannt gegeben hatte.
Gleichzeitig werden weiterhin neue Abkommen mit Ländern geschlossen, die ihre Militärausgaben erhöhen, wie beispielsweise das Abkommen, das Polen letzte Woche unterzeichnet hat. Das Unternehmen stärkt zudem sein bisher weniger beachtetes kommerzielles Geschäft, beispielsweise durch den Abschluss eines Vertrags zur Lieferung von KI-Software an das Telekommunikationsunternehmen Lumen Technologies.
Laut von Bloomberg zusammengestellten Daten entfielen im letzten Quartal 45 Prozent des Umsatzes von Palantir auf kommerzielle Kunden, die restlichen 55 Prozent auf den Regierungssektor. «Palantir wird seinem Bewertungsniveau gerecht werden», schrieb Tech-Experte Dan Ives letzte Woche in einer Analyse. Die Wall Street unterschätze die kommerziellen Aktivitäten des Unternehmens weiterhin, fügte er hinzu.
Gil Luria, Geschäftsführer und Leiter der Technologieforschung bei DA Davidson, erwartet im kommerziellen Bereich eine positive Entwicklung, da Palantir seinen Kunden schneller und effektiver als alle anderen zu einer KI-Lösung verhelfen könne. Aufgrund des hohen Aktienkurses behielt er seine neutrale Bewertung bei, sieht aber derzeit auch keinen Grund für eine Bewertungssenkung.
Rai von First New York erklärte, er habe vor der Veröffentlichung der Geschäftszahlen einige Palantir-Aktien mit Gewinn verkauft. Sollte der Kurs nach den Ergebnissen fallen, werde er wieder einsteigen. «Ich würde den nächsten Kursrückgang zum Kauf nutzen», sagte er.
(Bloomberg)
