Das öffentliche Leben wird wegen der steigenden Zahl von Corona-Neuinfektionen in zwei Stufen bis zum 05. April heruntergefahren. Brücken und Tunnel wurden bereits geschlossen, der Autobahnverkehr eingeschränkt. "Die Eindämmung des grossflächigen Ausbruchs in unserer Stadt ist sehr wichtig", verteidigte Wu Fan vom Corona-Expertenteam der Stadt die Entscheidung. "Denn sobald die infizierten Menschen unter Kontrolle gehalten werden, haben wir die Übertragung blockiert." Sie kündigte zudem Massentests an.
Allein für Sonntag wurden in Shanghai 3450 asymptomatische Corona-Fälle gemeldet. Das entspricht fast 70 Prozent aller Neuinfektionen in China. Die chinesische Regierung fährt eine strikte Null-Covid-Strategie. "Viele Grosshandelsmärkte sind jetzt geschlossen", sagte Bi Yingwu, ein 50-jähriger Standbesitzer. "Einige Verkäufer zögern, Gemüse einzukaufen."
Finanzmärkte reagieren nervös
Die internationalen Finanzmärkte reagieren nervös auf den Lockdown. Aus Furcht vor einer geringeren Nachfrage aus China ziehen sich Anleger aus dem Rohölmarkt zurück: Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligt sich am Montag um drei Prozent auf 117,19 Dollar je Barrel. Der US-Elektroautobauer Tesla unterbricht seine Produktion in Shanghai für vier Tage, wie zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten.
Vom Lockdown betroffen sein können auch die mehr als 2100 deutschen Unternehmen, die nach Angaben der Auslandshandelskammer dort aktiv sind. ThyssenKrupp etwa ist vor Ort unter anderem mit einem Werk vertreten, das Lenkungen und Dämpfer für die Automobilindustrie herstellt. Die Produktion werde aufrechterhalten, erklärte das Unternehmen. In dem Werk sind mehrere hundert Mitarbeiter beschäftigt.
Auch der Autobauer BMW verfolgt die Lage genau, betreibt er doch Software-Entwicklung in Shanghai. "Wir beobachten die Situation und sind in kontinuierlichem Austausch mit unseren Lieferanten", hiess es. "Wir fahren aktuell auf Sicht", erklärte auch Volkswagen.
«Stimmung merklich eingetrübt»
Die deutsche Wirtschaft befürchtet wegen des Corona-Lockdowns vor allem Probleme für die ohnehin schon angespannten Lieferketten. "Die Stimmung unter den deutschen Unternehmern ist vor dem Hintergrund des neuerlichen Lockdowns und von ohnehin gedämpften Wachstumserwartungen merklich eingetrübt", sagte der Aussenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. "China als wichtiger Motor der Weltwirtschaft scheint ins Stottern zu geraten."
Aufgrund von Lockdowns seien in wichtigen Wirtschaftsregionen wie Shenzhen oder Dongguan bereits Produktionen gedrosselt sowie Häfen geschlossen worden. "Hinzu kommt jetzt der flächendeckende Lockdown in Shanghai", sagte Treier.
Noch soll der der Hafen von Shanghai aber operationsfähig sein. "Dadurch könnten sich Schäden für globale Lieferketten in Grenzen halten", sagte Handelsexperte Vincent Stamer vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). "Probleme beim Transport der Waren zum Hafen könnten sich allerdings auch als längere Lieferzeiten von Gütern nach Deutschland äussern."
China ist seit 2016 der wichtigste Handelspartner Deutschlands: Zwischen beiden Ländern wurden im vergangenen Jahr Waren im Wert von 245,4 Milliarden Euro gehandelt, 15,1 Prozent mehr als im ersten Corona-Jahr 2020.
ÖV überraschend eingestellt
Die Stadtverwaltung hatte am Sonntagabend überraschend angekündigt, den Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel einzustellen. "Insbesondere die oft unvorhersehbaren und über Nacht implementierten Massnahmen machen den Unternehmen vor Ort zu schaffen", sagte der Delegierte der deutschen Wirtschaft in Shanghai, Maximilian Butek, zu Reuters.
Zudem schlage sich der Lockdown mittlerweile auch auf Unternehmen in den benachbarten Provinzen spürbar nieder. "Waren können nicht mehr über die Stadtgrenzen hinaus transportiert werden, Kundenbesuche sind unmöglich."
Mitarbeiter der meisten Unternehmen dürften nur noch im Homeoffice arbeiten. Ausgenommen seien öffentliche Dienste und die Lebensmittelversorgung. Die Bezirke östlich des Huangpu-Flusses sollen zwischen dem 28. März und dem 01. April abgeriegelt und getestet werden. Die westlichen Bezirke folgen vom 01. bis zum 05. April.
(Reuters)